„Kollektive Vernunft“

Schröder wirbt bei SPD-Mitgliedern für „GroKo“

Ausland
21.02.2018 18:28

Der ehemalige deutsche Kanzler und frühere SPD-Vorsitzende Gerhard Schröder hat die Mitglieder seiner Partei aufgefordert, für eine erneute Koalition mit der Union zu stimmen. Schröder äußerte die Hoffnung, "dass sich die kollektive Vernunft engagierter Mitglieder durchsetzt". Unter den gut 463.000 SPD-Mitgliedern läuft bis 2. März per Briefwahl eine Urabstimmung über den Koalitionsvertrag, auf den sich die Spitzen von Union und SPD verständigt hatten. Das Ergebnis will die SPD am 4. März bekannt geben. 

"Die Verhandler der SPD konnten ein Ergebnis erreichen, das sich wahrlich sehen lassen kann", sagte Schröder am Mittwoch gegenüber der "Süddeutschen Zeitung". SPD und Union müssten jetzt Verantwortung übernehmen, so der Ex-Kanzler weiter.

"Deutschlands Stabilität hängt auch von einer starken Sozialdemokratie ab"
Die Existenz und Stärke dieser "Parteien der Mitte" seien die Grundlage der politischen Stabilität in Deutschland. Das müsse so bleiben beziehungsweise wieder so werden. "Auch diejenigen, die nie SPD gewählt haben, müssen sehen, dass Deutschlands Stabilität auch von einer starken Sozialdemokratie abhängt", so Schröder.

Gerhard Schröder (Bild: AFP)
Gerhard Schröder

Oppermann: "Neuwahlen wären für die SPD lebensgefährlich"
Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD) warnte seine Partei unterdessen vor dem Risiko von Neuwahlen. "Neuwahlen sind im Augenblick eine lebensgefährliche Forderung für die SPD", sagte Oppermann am Mittwoch der "Huffington Post Deutschland". Sollten die SPD-Mitglieder bei der laufenden Mitgliederbefragung gegen eine Beteiligung der Sozialdemokraten an einer neuen großen Koalition mit der Union stimmen, gelten Neuwahlen als wahrscheinlicher Ausweg.

Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann mit der designierten SPD-Chefin Andrea Nahles (Bild: AFP or licensors)
Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann mit der designierten SPD-Chefin Andrea Nahles


Für den Fall einer Zustimmung zu einer neuen "GroKo", für die Oppermann eintritt, empfahl er seiner Partei, ihr Verhalten im Vergleich zur vergangenen Legislaturperiode zu ändern. "Wir müssen frecher, risikoreicher und konfliktbereiter sein", forderte der frühere SPD-Fraktionschef im Bundestag. Auch müsse die SPD stärker "eigene Erfolge anerkennen".

"Koalitionsvertrag gutes Ergebnis für die SPD"  
Für eine Regierungsbeteiligung warb auch Nordrhein-Westfalens Landeschef Michael Groschek. "Ich stehe zu hundert Prozent hinter dem Verhandlungsergebnis und rechne mit einem überzeugenden Ergebnis bei der Mitgliederbefragung", sagte er der Oldenburger "Nordwest-Zeitung". Viele SPD-Mitglieder auch in Nordrhein-Westfalen betrachteten den Koalitionsvertrag als "ein sehr gutes Ergebnis für die SPD".

(Bild: AFP)

Juso-Chef wirbt für "GroKo"-Nein
Die Nachwuchsorganisation der SPD warf der Parteispitze hingegen vor, beim Mitgliedervotum allein auf eine Zustimmung zur Neuauflage der großen Koalition zu setzen. Viele Mitglieder fragten sich, "ob die SPD nach einem Nein in der Lage ist, den Betrieb ordentlich zu gewährleisten", sagte Juso-Chef Kevin Kühnert am Mittwoch in Berlin vor dem Verein der Auslandspresse. Der 28-Jährige wirbt für ein Nein zum Koalitionsvertrag. Der Vorsitzende der SPD-Linken im Bundestag, Matthias Miersch, bezeichnete für den Fall einer Ablehnung den Rücktritt der gesamten SPD-Spitze als eine Variante.

Juso-Chef Kevin Kühnert kämpft gegen das Parteiestablishment. (Bild: AFP)
Juso-Chef Kevin Kühnert kämpft gegen das Parteiestablishment.

Nahles: "SPD ist in einer sehr ernsten Lage"
SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles, die auf einem Sonderparteitag am 22. April auch Parteichefin werden soll, kritisierte die eigene Nachwuchsorganisation für deren "No GroKo"-Kampagne. "Die Jusos argumentieren mit der Vergangenheit", sagte Nahles. "Ich will nach vorne schauen." Bei einem Nein zur großen Koalition gäbe man das Heft des Handelns aus der Hand.

SPD-Chefin Andrea Nahles (Bild: AFP )
SPD-Chefin Andrea Nahles

SPD in Umfrage bundesweit hinter der AfD
"Die SPD ist in einer sehr ernsten Lage", sagte Nahles gegenüber den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland vom Mittwoch. Sie forderte "ein Ende der selbstbezogenen und verzagten Debatten der letzten Wochen". Die SPD brauche "einen visionären Anspruch und eine kluge Alltagspolitik", sagte sie zudem dem Magazin "Stern". Dann sei es auch "gar nicht so verwegen", bei der nächsten Bundestagswahl wieder einen Stimmenanteil von 30 Prozent anzustreben. In einer aktuellen Umfragen liegt die SPD bundesweit nur noch bei 16 Prozent und damit erstmals hinter der AfD.

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