Mazda ist drauf und dran, den weltweit ersten Benzin-Selbstzündermotor in Serie zu bringen. Die Frage aller Fragen, die sich dem gemeinen Autofahrer da stellt, ist: Nagelt der dann wie ein Diesel? Klare Antwort nach ersten Testfahrten: Nein, ganz im Gegenteil! Das einzig Holprige an diesem Triebwerk ist die landläufige Bezeichnung "Diesotto" (von Diesel/Otto). Daher sprechen die Japaner lieber von "Skyactiv-X".
Wäre der Name das Schwierigste, gäbe es dieses Motorprinzip längst, denn es verspricht sauberes Abgas, günstigen Verbrauch, ein breites nutzbares Drehzahlband und ein Top-Drehmoment - aber nur demjenigen, der den Heiligen Gral findet, könnte man sagen, denn bisher sind alle gescheitert, die sich daran versucht haben. Jahrelang erging es Mazda nicht anders, bis sie angefangen haben, ganz neu zu denken: nicht entweder Selbstzündung ODER Funkenzündung, sondern beides gleichzeitig. Und dazu ein nahtloser Übergang zwischen reiner Fremd- und Selbstzündung. Der Rest ist, lapidar gesagt, Feinarbeit, und die soll 2019 im neuen Mazda3 münden.
Riesenvorteil des Skyactiv-X-Motors: Man kann ihn höher drehen, ohne dass der spezifische Verbrauch steigt. Im Realverbrauch soll im Vergleich zur aktuellen Benzinmotorengeneration unterm Strich ein Verbrauchsvorteil von 20 bis 30 Prozent herauskommen, was dann sogar noch effizienter als ein Dieselmotor wäre. Zudem verspricht Mazda 15 Prozent mehr Drehmoment. Ziel für den kompressoraufgeladenen Zweiliter-Serienmotor, der als Mildhybrid ausgelegt sein wird, sind 190 PS und 240 Nm.
Die Prototypen, die uns Mazda anvertraut hat, erreichen dieses Leistungsniveau noch nicht, zeigen aber bereits, dass Autofahrer sich die Vorteile nicht etwa durch rauen Motorlauf oder ähnliche Unannehmlichkeiten erkaufen müssen. Der Skyactiv X läuft ruhig und leise, sogar geschmeidiger als der 165-PS-Benziner im Mazda3, der als Referenz mitfuhr.
Das Geheimnis des Benzin-Selbstzünders
Mazdas neue Maschine arbeitet grundsätzlich mit einer Zündkerze pro Brennraum, wie ein normaler Ottomotor. Allerdings: Das Benzin-Luft-Gemisch, das mit Hochdruck eingespritzt wird, ist so "mager" (d.h. viel Luft, wenig Sprit), dass der Funke nicht ausreicht, um das Gemisch zu entzünden. Durch spezielle Verwirbelung gelingt es nun, im Bereich direkt an der Zündkerze ein "fetteres" Gemisch zu erzeugen, das nun doch vom Funken zur Explosion gebracht wird. Einfach gesagt handelt es sich aber nur um ein "Explosiönchen", der Rest des Gemisches im Brennraum wird nicht mitentzündet.
Aber: Diese "Explosiönchen" sorgt dafür, dass sich Druck und Temperatur im Brennraum schlagartig erhöhen und sich das magere Gemisch von selbst entzündet.
Warum dann nicht gleich alles per Funke abbrennen? Na ja, klar: Dazu müsste das Gemisch fetter sein, das heißt mehr Sprit enthalten. Und das bedeutet logischerweise einen höheren Verbrauch.
Fliegender Wechsel im Brennraum
Dieses Prinzip ist jedoch nicht für alle Lastzustände des Motors ideal. Dieser ist aber so flexibel konstruiert, dass er jede einzelne Verbrennung für sich anders gestalten und nahtlos zwischen den Verbrennungsprinzipien wechseln kann. Bei Volllast zum Beispiel arbeitet er wie ein klassischer Benziner: Einspritzung, Verdichtung, Zündung, Verbrennung, rumms! Genau diese Flexibilität ist das Geheimnis des Erfolges, aber auch die große Herausforderung. Denn wenn sich das Gemisch unkontrolliert selbst entzündet, bedeutet das den schnellen Motortod. Dieser Effekt ist als "Klopfen" bekannt und tritt bei älteren Benzinmotoren auf, die mit Sprit betrieben werden, dessen Qualität (also die Oktanzahl) zu schlecht für die Verdichtung ist (neuere Benziner verhindern das durch Klopfsensoren).
Die Verdichtung des Skyactiv-X-Motors ist nun mit 16:1 extrem hoch. Mögliche unkontrollierte Selbstzündungen verhindert Mazda vor allem damit, dass der Sprit in zwei Portionen eingespritzt wird. Zuerst ein wenig, dann den Rest. So kann sich das Ganze während der Kompression nicht erwärmen. Außerdem können, wenn nötig, die Einlassventile länger geöffnet bleiben, wodurch der Maximaldruck im Brennraum geringer wird.
Sensoren im Motor sorgen dafür, dass die Motorsteuerung jederzeit "weiß", was zu tun ist, um für eine ideale Verbrennung zu sorgen. Der Fahrer merkt davon nichts. Es sei denn, er sitzt in einem der Prototypen, die auf einem aufgepflanzten Tablet mithilfe dreier Kreise anzeigen, ob gerade fremdgezündet oder kompressionsgezündet wird oder ob man sogar im Idealzustand mit supereffizientem Verbrauch unterwegs ist. Ob das im künftigen Serien-Mazda3 auch irgendwie angezeigt wird, wird man sehen.
Die Prototypen, die aussehen wie per Hand zusammengedengelte Mazda3 der aktuellen Generation, hatten übrigens noch mehr zu bieten als den neuen Motor. Sie entsprechen unter der bekannten Haut bereits der nächsten Generation mit neuer Architektur, die auf Basis biologischer Prinzipien für ein grundsätzlich angenehmeres Fahrgefühl sorgen soll. Auch das gelingt sehr gut - vor allem da, wo es holprig ist.
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