Trotz schwerer Krisen

Kurz als „Freund“ bei Putin im Kreml

Ausland
28.02.2018 18:32

Als Freund aus Österreich, das traditionell gute Kontakte auch in den Osten hat, wurde Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Mittwoch von Russlands Präsident Wladimir Putin empfangen. Der Besuch war unter anderem ein Versuch, die Beziehungen zwischen der EU und Russland zu entkrampfen. Dennoch gab es auch offene Worte im Kreml: Kurz drängte Putin „auch im Namen unserer europäischen Partner“, in Syrien seine Verantwortung wahrzunehmen. Kurz: „Russland hat eine Mitverantwortung, dass das Blutvergießen beendet wird.“ Die Beziehungen zu Österreich lobte der Kreml-Chef dennoch als „Beziehungen des Respektes“.

Das Gleiche gilt auch für den anderen Krisenherd, den der Kanzler konkret ansprach: die Ukraine. Kurz versuchte bei Putin, das Projekt einer UNO-Blauhelmmission in der Ukraine voranzutreiben. An die Adresse der Heimat sagte er: „Wenn das Projekt verwirklicht wird, kann es sein, dass auf uns eine große Aufgabe zukommt.“ Der Kanzler führte Putin das humanitäre Elend vor Augen, das er, Kurz, als OSZE-Vorsitzender in der Ostukraine wahrgenommen hatte: „Massenabwanderung, und in den Häusern bleiben die Alten zurück, die dort einsam sterben.“

Putin: „Schaden der Sanktionen offensichtlich“ 
Als die „Krone“ die total verfahrene Situation in der Ukraine sowie die EU-Sanktionen gegen Russland und die Gegensanktionen des Kreml ansprach, sagte Putin: „Der Schaden der Sanktionen ist offensichtlich. Und das Ziel ihrer Urheber im Westen ist augenscheinlich nicht erreicht worden.“

(Bild: APA/AFP/POOL/GRIGORY DUKOR)

Man müsse den Ursachen auf den Grund gehen, so Putin. Und dabei sei die ukrainische Regierung gar nicht hilfreich - auch weil sie nicht bereit sei, mit den Verantwortlichen in der Ostukraine zu reden. „Ich kenne keine Konfliktlösung auf der Welt, wo eine Seite mit der anderen nicht reden will“, sagte der Kreml-Chef. Natürlich, so Putin, sei Russland zu einer Diplomatie der kleinen Schritte bereit, solange seine Interessen beachtet würden.

Der Bundeskanzler wird von Russlands Führung als Freund eingestuft, und Kurz hat sich daher das Privileg herausgenommen, in der österreichischen Botschaft auch mit Nichtregierungsorganisationen zusammenzukommen, die sich für Demokratie und Menschenrechte einsetzen, darunter das Levada-Center, Dozhd-Internet-TV, das Sacharow-Center und Memorial. Am Dienstag hatte sich die Ermordung des Oppositionellen Boris Nemzow zum dritten Mal gejährt.

(Bild: APA/AFP/POOL/GRIGORY DUKOR)

Verhältnis zur EU soll entkrampft werden
Grundsätzlich stand der Besuch des Bundeskanzlers bei Putin unter den Vorzeichen von Bemühungen, das Verhältnis zwischen EU und Russland zu entkrampfen. Kurz: „Wir bringen uns hier auch als Teil der EU ein. Unser Ziel muss sein, Russland als Partner wiederfinden zu können. Sanktionen sind kein Selbstzweck. Wir brauchen ein Miteinander, um zu Lösungen zu kommen. Österreich kann mehr tun als andere, denn wir haben gute Zugänge zu Russland. Für uns ist der Kontakt zum Osten ebenso wichtig wie jener zum Westen. Lieber ein ,Sowohl – als auch‘ als ein ,Entweder – oder’. Allerdings sollten dann die Entscheidungen auf europäischer Ebene in Brüssel getroffen werden.“

Kurt Seinitz, Kronen Zeitung, aus Moskau

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