Demütige Dankesrede
Obama: “Habe den Nobelpreis gar nicht verdient”
"Ich sehe den Preis nicht als Anerkennung meiner eigenen Leistungen, sondern eher als Bestärkung der amerikanischen Führung im Namen der Hoffnungen von Menschen aller Nationen", sagte Obama bei seiner Dankesrede. Zugleich betonte er, jedes Land müsse Verantwortung für den Frieden übernehmen. Keine Nation und kein Präsident könne diese Aufgabe alleine bewältigen. Ausdrücklich nannte Obama die atomare Abrüstung und den Konflikt zwischen Israelis und Palästina in Nahost. Einige Aufgaben würden sich aber nicht während seiner Amtszeit bewältigen lassen.
Und dann kam der Satz, der vielleicht die wahre Größe des 48-Jährigen zeigt und ihn trotz vieler Kritik an der Vergabe zu einem würdigen Preisträger macht: "Ich fühle nicht, dass ich es verdient habe, in einer Reihe mit so vielen Persönlichkeiten zu stehen, die so viel erreicht haben und mit diesem Preis geehrt wurden."
Lech Walesa: "Das geht viel zu schnell"
Das sehen viele Kritiker ähnlich. Weltweit prägten Überraschung, Verwirrung, zum Teil auch Skepsis die Reaktionen auf die Entscheidung des Nobelkomitees. Besonders ungeschminkt verlieh der Pole Lech Walesa, Träger des Friedensnobelpreises 1983, der Verblüffung Ausdruck. "Wer, Obama, so schnell?", fragte Walesa verdutzt, als Reporter in Warschau ihm die Nachricht aus Oslo überbrachten. "Das geht zu schnell", befand Walesa. "Er hatte bisher doch gar nicht die Zeit, irgendwas zu tun."
Komitee: "Investition in die Zukunft"
Das norwegische Nobelkomitee war sich bewusst, dass seine Entscheidung zugunsten Obamas hochgradig erklärungsbedürftig ist. "Wir wussten, dass dies viele Menschen überraschen und manche auch verblüffen würde", sagte Geir Lundestad, Direktor des Nobelinstituts, dem US-Sender ABC. Sofort nach Bekanntgabe stand die große Frage im Raum: Ist es für diesen Preis nicht noch zu früh? Keinesfalls, sagt Thorbjoern Jagland, Chef des Vergabekomitees: "Wenn Sie sich die Geschichte der Nobelpreise ansehen, haben wir sie oftmals vergeben, um Bemühungen der Preisträger zu stärken." In anderen Worten: Der Preis für Obama soll eine Investition in die Zukunft sein.
In seiner Begründung für die Preisvergabe formuliert das Komitee ein Lob und einen Wunsch. Es lobt, dass Obama in den ersten 37 Wochen seiner Amtszeit "ein neues Klima in der Weltpolitik geschaffen" habe. Es äußert den Wunsch, dass sich daraus greifbare Resultate der Friedenspolitik ergeben mögen. "Nur sehr selten hat ein einzelner Mensch die Aufmerksamkeit der Welt auf sich gezogen und den Menschen Hoffnung auf eine bessere Zukunft gegeben wie Obama", hieß es in der Begründung aus Oslo. Obama zeige "außerordentlichen Bemühungen zur Stärkung der internationalen Diplomatie und zur Zusammenarbeit zwischen den Völkern".
Ist Obama ein Kriegspräsident?
Ausdrücklich erwähnt werden Obamas Hinwendung zur multilateralen Diplomatie, seine Initiativen zur Abrüstung und zum Klimaschutz, seine Vision einer Welt ohne Atomwaffen. Unerwähnt ließ das Osloer Komitee Obamas Rolle als Kriegspräsident in dem eskalierenden Militäreinsatz in Afghanistan, die wachsenden Zweifel an Obamas Durchsetzungsfähigkeit angesichts des Gezerres um seine Gesundheitsreform, sein absehbares Scheitern bei der angekündigten Schließung des Gefangenenlagers Guantanamo binnen eines Jahres.
Kritiker sehen groteske Übersteigerung des Obama-Kults
Viele der Kritiker des Präsidenten, deren Zahl in den USA rasch steigt, sehen die Preisverleihung als groteske Übersteigerung eines Obama-Kults, bei dem naive Heilserwartungen den Blick auf die harte Realität verstellen. Der Kommentator Iain Martin vom Obama-kritischen "Wall Street Journal" wertet die Preisvergabe kurzum als "absolut bizarr". Nun könne ein Staatsmann also "den Nobelpreis dafür gewinnen, dass er zusagt, irgendwann einmal in der Zukunft Frieden bringen zu wollen", spottet der Publizist. Ein verärgerter Leser kommentierte im Internet-Forum der Zeitung: "Dies ist ein weiterer Versuch der europäischen Eliten, die öffentliche Meinung in Amerika zu beeinflussen."
Obama will Preisgeld spenden
Das Preisgeld, das Obama mit dem Friedensnobelpreis zukommt, will der US-Präsident laut eigenen Angaben komplett spenden. Welchen Wohltätigkeitseinrichtungen die Spenden zufließen sollen, hat der Präsident aber noch nicht entschieden.
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