„No Billag“ scheitert
72 Prozent: Schweizer klar für Rundfunkgebühren
Sollen die Rundfunkgebühren abgeschafft werden? Diese Frage beantworteten die Schweizer am Sonntag im Rahmen einer Volksabstimmung. Schon kurz nach der Schließung der letzten Wahllokale zeichnete sich ein klarer Nein-Trend ab, schließlich sprachen sich rund 72 Prozent gegen eine Abschaffung aus. Die Radio- und Fernsehgebühren werden damit in unserem Nachbarland nicht abgeschafft.
Bereits nachdem das unabhängige Umfrageinstitut gfs.bern die ersten - aber eindeutigen - Ergebnisse der Volksabstimmung veröffentlicht hatte, war sich Lukas Golder von gfs.bern sicher: „Da kann nichts mehr passieren, es wird ein Nein sein.“ So kam es dann auch: Bei einer relativ hohen Stimmbeteiligung von 54,1 Prozent entschieden sich 71,6 Prozent gegen eine Abschaffung.
Sparprogramm und Reformen angekündigt
Das Votum fiel damit überraschend eindeutig aus. Bei Umfragen vor der Wahl lag die Ablehnung bei gut 60 Prozent. Der überwiegend durch Gebühren finanzierte Rundfunksender SRG zeigte sich erleichtert. Generaldirektor Gilles Marchand kündigte gleichzeitig ein Sparprogramm und Programmreformen an.
Die Abstimmung war der Höhepunkt zum Teil heftig geführter monatelanger Diskussionen und hat in der Schweiz wie kaum ein anderes Thema in den vergangenen Jahren polarisiert. Der Anstoß zum Volksentscheid über die Rundfunkgebühr kam von der Initiative „No Billag“. Billag ist die Schweizer Gebühreneinzugszentrale, das Pendant zum österreichischen GIS (Gebühren Info Service).
Die „No Billag“-Unterstützer argumentierten, der gebührenfinanzierte Rundfunk sei zu teuer oder sogar ganz verzichtbar. Außerdem seien mündige Bürger selbst in der Lage zu entscheiden, welche Medien sie nutzen und für welche sie bezahlen wollen.
Ähnliche Debatte über GIS-Gebühren
Auch in Österreich schwelt derzeit eine Debatte über die ORF-Gebühren. Die FPÖ propagiert ein Aus für die „Zwangsgebühren“. Bei einer großen Medien-Enquete wollen die Regierungsparteien auch die Finanzierung des ORF auf den Prüfstand stellen. Eine Haushaltsabgabe hat die ÖVP bisher strikt ausgeschlossen. Die ORF-Gebühr beträgt 17,21 Euro monatlich, doch werden mit ihr weitere Bundes- und Landesabgaben eingehoben, sodass die GIS-Rechnung zwischen 20,93 und 26,73 Euro erreicht. Die Gebühren sind mit Abstand größter Einnahmeposten des ORF: Für 2018 sind etwa 635 Millionen Euro aus diesem Titel budgetiert, verglichen mit 225,6 Millionen Euro an Werbeeinnahmen.
Nein zu mehr Werbung im Rundfunk
Der Vorschlag der „No Billag“-Unterstützer für die Finanzierung des Schweizer Rundfunks SRG lautete: mehr Werbung und mehr Bezahlkonzepte wie bei privaten Sendern und Streamingdiensten. Die Mehrzahl der Schweizer hatte allerdings dem Votum zufolge kein Vertrauen in diese Ideen.
Gerade in den vergangenen Wochen hatten sich auch die Befürworter des gebührenfinanzierten Rundfunks lauter zu Wort gemeldet. Sie betonten insbesondere, ein unabhängiger Rundfunk sei essenziell für eine funktionierende Demokratie. Bereits beschlossen ist, die Höhe der Rundfunkgebühr von derzeit 451,10 Franken (rund 390 Euro) ab 2019 deutlich zu senken.
Stimmberechtigt waren am Sonntag rund 5,3 Millionen Schweizer. Üblicherweise gibt die große Mehrzahl ihre Stimme per Brief ab.
“Genau das fehlt bei uns“
Österreichs Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) kommentierte das Ergebnis der Volksabstimmung in der Schweiz am Sonntag folgendermaßen: "Unabhängig vom Ergebnis der Abstimmung in der Schweiz, hoffe ich auf einen Anstoß für einen echten, sachlichen medienpolitischen Diskurs in Österreich. Denn genau das fehlt bei uns." ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz gratulierte SRG Generaldirektor Marchand. "Das herausragende Ergebnis hat weit über die Schweiz hinaus Bedeutung für die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks", erklärte er in einer Aussendung.
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