Heißer Wahltag
Nackter Femen-Protest gegen flüchtenden Berlusconi
Das lange Warten ist zu Ende: Italien wählt am Sonntag ein neues Parlament. Erwartet wird ein Sieg der Mitte-rechts-Koalition um Ex-Premier Silvio Berlusconi, doch die populistische Fünf-Sterne-Bewegung, die ohne Allianzen antritt, dürfte laut letzten Umfragen als stärkste Einzelpartei aus dem Rennen hervorgehen. Ein empfindlicher Rückschlag droht den regierenden Sozialdemokraten. Der Wahlkampf war geprägt von heißen Emotionen, die sich am Wahltag etwa in einem barbusigen Femen-Protest gegen Berlusconi entluden.
Bei der Stimmabgabe in Mailand war Berlusconi mit einer Aktivistin der international agierenden Frauenrechtsgruppe konfrontiert. Sie postierte sich vor ihn und skandierte Slogans gegen den Medienzaren. Auf ihrem nackten Oberkörper stand „Berlusconi, deine Zeit ist abgelaufen“.
Die Dame, eine aus Paris eingeflogene Aktivistin iranischer Abstammung, wurde von der Polizei aus dem Wahllokal gebracht und wegen Widerstands gegen einen öffentlichen Beamten angezeigt.
Video: Die Szenen in voller Länge
Schlampereien bei Wahlzetteln
In einigen Wahlkreisen kam es außerdem zu Problemen mit den Wahlzetteln. Festgestellt wurden Fehler bei den Namen der Kandidaten und bei den Symbolen. Im sizilianischen Palermo, wo am Sonntagvormittag Präsident Sergio Mattarella seine Stimme abgab, mussten in der Nacht auf Sonntag 200.000 Wahlzettel neu gedruckt werden, weil diese Fehler beinhalteten. Daher konnten die Wahllokale erst mit großer Verspätung geöffnet werden. Vor ihnen bildeten sich Schlangen. In Trentino-Südtirol wurden eine Million Wahlzettel für die Senatswahlen neu gedruckt, weil im Namen eines Kandidaten ein Buchstabe fehlte.
Der Chef der Sozialdemokraten, Matteo Renzi, wählte in seiner Heimatstadt Florenz. Laut Umfragen könnte seine Demokratische Partei (PD) eine historische Wahlpleite erleiden. Renzi betonte vor den Wahlen, dass er nicht zurücktreten will, sollte der PD auf ein Rekordtief sinken.
Fünf Sterne: „Phase der Opposition ist zu Ende“
Rückenwind ortet die Fünf-Sterne-Bewegung um den Starkomiker Beppe Grillo. Sie hofft, mit Premierkandidat Luigi Di Maio auf mehr als 40 Prozent der Stimmen zu kommen, um die Regierungsverantwortung alleine übernehmen zu können. „Die Phase der Opposition ist zu Ende, ab Montag können wir das Land regieren“, sagte Di Maio bei seinem letzten Wahlkampfauftritt am Freitagabend.
Lange Schlangen vor Abstimmungslokalen
Eine höhere Wahlbeteiligung als im Jahr 2013 zeichnet sich ab. In mehreren italienischen Städten, darunter Rom, Mailand und Neapel, bildeten sich lange Schlangen vor den Abstimmungslokalen. Die Gemeinderäte von Rom und Mailand rieten den Wählern, angesichts der langen Wartezeiten so rasch wie möglich zu den Wahllokalen zu gehen. Die Wahllokale haben bis 23 Uhr geöffnet.
Die Schlangen bildeten sich wegen der neuen Wahlzettel, die Betrug erschweren sollen. Erstmals wurde mit Wahlzettel gewählt, auf denen sich ein Abschnitt mit einem Code aus Buchstaben und Ziffern befindet.
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