Trotz Rücktritt
Slowakischem Premier gelingt Machterhalt-Schachzug
Der slowakische Präsident Andrej Kiska akzeptiert jene Bedingungen, an die der schwer unter Druck geratene Premier Robert Fico seinen Rücktritt geknüpft hat. Kiska hat am Donnerstag zugestimmt, dass Ficos Partei, die sozialdemokratische Smer, den Nachfolger des Premiers vorschlagen darf und damit die bestehende Dreierkoalition an der Macht bleibt. Als neuer Regierungschef wurde nach der offiziellen Einreichung der Demission der bisherige Vizepremier, Peter Pellegrini, nominiert. Ob dieser Schritt die politische Krise in der Slowakei löst, bleibt mehr als fraglich.
Pellegrini sieht seine Nominierung als „eine gewaltige Ehre und auch Verantwortung“. Der künftige Premier hatte dem Staatschef die Unterschriften von 79 Parlamentariern, überwiegend Abgeordneten der aktuellen Regierungskoalition, vorgelegt, die sich bereit erklärt hatten, eine neu gebildete Regierung zu unterstützen.
Präsident Kiska hatte Anfang des Monats eine grundsätzliche Regierungsumbildung oder Neuwahlen als Ausweg aus der schweren politischen Krise nach dem Mord an dem Enthüllungsjournalisten Jan Kuciak gefordert. Fico bot Kiska am Mittwoch nach großen Anti-Regierungs-Protesten seinen Rückzug an, allerdings unter der Bedingung, dass es keine Neuwahlen gibt. Stattdessen solle seine Smer das Vorschlagsrecht für den künftigen Premier haben. Als Ministerpräsidenten waren zwei Personen im Gespräch: Finanzminister Peter Kazimir und Vizepremier Pellegrini.
Weitere Rochaden sollen folgen
Laut Medienberichten in der Slowakei sollte das bisherige Kräfteverhältnis zwischen den drei Koalitionspartnern auch in die neue Regierung übertragen werden. Einige der bisherigen Minister sollten allerdings ausgewechselt werden. Unter ihnen ist Lucia Zitnanska, Justizministerin der Most, die für Neuwahlen plädiert hatte. Einen Wechsel wird es bei den Posten des Innen- und des Kulturministers geben, die bisherigen Amtsinhaber Robert Kalinak und Marek Madaric waren kürzlich zurückgetreten.
Die Organisatoren der Anti-Regierungs-Proteste zeigten sich mit dem Schritt Ficos unzufrieden. „Wir brauchen eine neue Chance für eine anständige und gerechte Slowakei und deswegen verlangen wir Neuwahlen. Derzeit ist das die einzige Möglichkeit, das Vertrauen der Bevölkerung in den Staat wiederherzustellen“, erklärten die Organisatoren der größten Demonstrationen in der 25-jährigen Geschichte des Landes.
„Ein schlechter Witz“, „Fast alles bleibt beim Alten“
Ficos Ankündigung „ist ein schlechter Witz“, kommentierte die deutsche Tageszeitung „Welt“. Sein Rücktrittsangebot beinhalte „zwei wahnwitzige Bedingungen. Erstens: Die Regierungspartei Smer bestimmt Ficos Nachfolger. Und zweitens: Es gibt keine Neuwahlen. Im Klartext würde das bedeuten: In der Slowakei bleibt (fast) alles beim Alten, ungeachtet aller Korruptionsskandale, in die die Regierung involviert ist.“
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