Landwirtschaftsministerin Klöckner unterstützt Seehofer
Als eine der wenigen Unterstützer Seehofers zeigte sich die Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU). „Ich bin der Meinung, wir sollten differenzieren. Es gibt nicht den Islam, und das hat Herr Seehofer so auch gesagt“, verteidigte Klöckner ihren Kabinettskollegen. Die stellvertretende CDU-Vorsitzende warnte vor Pauschalisierung: „Zu uns in Deutschland gehört keine Radikalisierung, gehören keine Fundamentalisten. Unsere Wurzel ist die christlich-jüdische. Aber natürlich gehören auch Menschen muslimischen Glaubens zu uns.“
Und Merkel ist sauer
Seehofer: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“
Bereits zwei Tage nach seinem Amtsantritt hat der neue deutsche Innenminister Horst Seehofer mit einem Sager über den Islam eine heftige Debatte innerhalb der großen Koalition ausgelöst. „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“, sagte der CSU-Chef am Freitag, dessen Ministerium auch für die Themen Migration und Heimat zuständig ist. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stellte dagegen klar, dass für sie die hierzulande lebenden Muslime und der Islam sehr wohl zu Deutschland gehören würden. Auch die SPD sowie die Oppositionsparteien kritisierten Seehofer scharf.
Seehofer fügte in einem Interview mit der „Bild“-Zeitung hinzu: „Die bei uns lebenden Muslime gehören aber selbstverständlich zu Deutschland. Das bedeutet natürlich nicht, dass wir deswegen aus falscher Rücksichtnahme unsere landestypischen Traditionen und Gebräuche aufgeben.“ Deutschland sei ihm zufolge durch das Christentum geprägt. „Dazu gehören der freie Sonntag, kirchliche Feiertage und Rituale wie Ostern, Pfingsten und Weihnachten“, so Seehofer.
„Muslime müssen mit uns leben, nicht neben oder gegen uns“
Seehofer kündigte weiters an, erneut Islamkonferenzen einzuberufen, um über Integrationsprobleme von Muslimen zu diskutieren. „Wir müssen uns mit den muslimischen Verbänden an einen Tisch setzen und den Dialog suchen und da wo nötig noch ausbauen“, sagte er. Bei den bisherigen Konferenzen beriet der jeweilige Innenminister mit Islamverbänden und Muslimvertretern über Migrationsthemen. Seehofer sagte: „Meine Botschaft lautet: Muslime müssen mit uns leben, nicht neben oder gegen uns. Um das zu erreichen, brauchen wir gegenseitiges Verständnis und Rücksichtnahme. Das erreicht man nur, wenn man miteinander spricht.“
Zentrale Aufnahmestellen für Asylwerber
Mit Hochdruck will er zudem die Einrichtung zentraler Aufnahmestellen („Anker-Zentren“) vorantreiben, in denen Asylwerber nach ihrer Ankunft untergebracht werden sollen, bis über ihren Antrag entschieden ist. „Dieses Gesetzesvorhaben wollen wir noch bis zur Sommerpause angehen. Ein erstes solches Zentrum soll bis zum Herbst entstehen.“ Union und SPD haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass der Asylwerber in den „Anker-Zentren“ in der Regel nicht länger als eineinhalb Jahre bleiben sollen, Familien ein halbes Jahr. Angestrebt werde, nur jene mit einer positiven Bleibeprognose auf die Kommunen zu verteilen. Dies ist auch eine Forderung der Kommunalverbände.
Merkel widerspricht Seehofer: „Islam gehört zu Deutschland“
Seehofer erntete für seinen Islam-Sager durch die Bank scharfe Kritik. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stellte bei einem Treffen mit dem schwedischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven in Berlin klar, dass für sie die hierzulande lebenden Muslime und der Islam durchaus zu Deutschland gehörten. Deutschland sei „sehr stark durch das Christentum“ und das Judentum geprägt, „aber inzwischen leben vier Millionen Muslime in Deutschland“. „Und diese Muslime gehören auch zu Deutschland. Und genauso gehört ihre Religion damit zu Deutschland, also auch der Islam“, sagte Merkel.
Am Donnerstag stellte sich Merkel noch hinter das Ziel Seehofers, in Deutschland Migranten ohne Bleiberecht schneller abzuschieben. „Es geht darum, dass wir Recht und Gesetz in Deutschland durchsetzen“, sagte Merkel nach ihrer vierten Vereidigung als Kanzlerin in der ARD-Sendung „Farbe bekennen“. Die Bürger erwarteten zu Recht, dass jene Menschen, die keinen Rechtsanspruch auf einen Aufenthalt in Deutschland hätten, „dann auch wieder zurück in ihre Heimat müssen“.
Die neue Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), distanzierte sich ebenfalls von Seehofers Äußerung: „Solche Sätze bringen uns nicht weiter“, sagte Widmann-Mauz der „Rheinischen Post“: „Sie liefern keinen Beitrag zur Lösung der Herausforderungen, vor denen wir stehen.“
Nahles: „Debatte bringt niemanden weiter“
SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles vermutete politisches Kalkül mit Blick auf die Bayern-Wahl. „Seehofer glaubt wohl, damit im Bayern-Wahlkampf punkten zu können“, sagte Nahles der „Rhein-Neckar-Zeitung“ mit Blick auf die bayerische Landtagswahl im Oktober. „Das ist eine acht Jahre alte Debatte, die innerhalb der Union immer noch geführt wird, aber niemanden weiterbringt.“ FDP-Chef Christian Lindner zeigte ebenfalls wenig Verständnis für Seehofer. „Weder verlangt irgendwer die Übernahme islamischer Sitten, noch ist das Christentum Staatsreligion“, sagte Lindner der „Rheinischen Post“. „Diese Debatte lenkt ab und ist überflüssig.“
„Zugeständnis an die AfD“
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt erklärte, es sei „entlarvend, wenn der selbst ernannte Heimatminister als Erstes sagt, wer nicht dazu gehört“. Mit dieser Aussage mache Seehofer deutlich, dass ihm die Anliegen der AfD wichtiger als die Anliegen der deutschen Muslime seien. Auch die religionspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Christine Buchholz, sah in Seehofers Äußerung „ein Zugeständnis an die AfD“.
Gauland: „Seehofer kopiert Positionen der AfD“
Der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland warf Seehofer vor, mit den Äußerungen zum Islam Positionen seiner Partei zu kopieren. „Dass der Islam nicht zu Deutschland gehört, sagen wir seit Langem“, erklärte Gauland am Freitag. „Diese Feststellung ist ureigene AfD-Linie und wird wie andere Aspekte der inneren Sicherheit von der CSU abgekupfert.“
Auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) stellte sich demonstrativ hinter Seehofer. Dessen Äußerung sei „seit Jahren die klare Position der CSU“, sagte Scheuer der „Passauer Neuen Presse“. Das Wertfundament in Deutschland beruhe auf der christlich-abendländischen Kultur. „Das ist unsere Leitkultur. Daran halten wir fest.“
Ex-Verkehrsminister: „Mehrheit der Bevölkerung hat diese Einschätzung“
Der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag und frühere Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt sagte dem Südwestrundfunk am Freitag, für eine deutliche Mehrheit seiner Partei sei klar, „der Islam gehört nicht zu Deutschland“. Die Menschen muslimischen Glaubens, „die hier leben und integriert sind“, dagegen schon. Angesichts der neuen Debatte sei zu spüren, dass „eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung auch genau diese Einschätzung hat“, fügte Dobrindt hinzu. „Deswegen ist es vollkommen in Ordnung, dass man auch dieses Thema in dieser pointierten Weise als Bundesinnenminister zu Beginn seiner Amtszeit formuliert.“
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