Kaffehaus-Tour

Prag: Mit dem Railjet in Tschechiens Hauptstadt

Reisen & Urlaub
25.03.2018 09:00

Die tschechische Hauptstadt ist immer eine Reise wert. Abseits der weltberühmten Sehenswürdigkeiten lohnt sich ein Besuch der Villa Winternitz, aber auch ein kleiner Rundgang auf den Spuren der traditionellen Kaffeehäuser.

7.10 Uhr: Abfahrt mit dem Railjet RJ 70 vom Wiener Hauptbahnhof. Wir beginnen unsere Reise mit einem gemütlichen Frühstück. 

11.07 Uhr: Ankunft in Prag. Die Zeit ist wie im Flug vergangen. Mit Straßenbahn (Nr. 9) und Bus (137) fahren wir zur Villa Winternitz, die Adolf Loos zusammen mit dem tschechischen Architekten Karel Lhota geplant hat. 1932 wurde das Haus für den Anwalt Josef Winternitz erbaut, der es bis 1941 bewohnte, bevor er mit seiner Familie nach Theresienstadt deportiert wurde. Seine Tochter Suzana überlebte das KZ und bekam die Villa 1997 restituiert. Die Loos-Villa mit der charakteristischen Art der Raumteilung – der sogenannte Raumplan – war über ein halbes Jahrhundert ein Kindergarten, der Zustand des denkmalgeschützten Bauwerks schlecht. Die Erben haben eine Hypothek aufgenommen und das Haus in mühevoller Arbeit restauriert. Nun ist es der Öffentlichkeit zugänglich, kann aber auch für Veranstaltungen gemietet werden, erfahren wir von Kristina Cysařová, die mit dem Enkel des Erbauers verheiratet ist. Voll Enthusiasmus versuchen sie und ihr Mann, das schwere Erbe gut zu verwalten und zu erhalten. Ein Besuch ist unbedingt empfehlenswert, auch die Aussicht vom Garten über die Stadt bei milden Frühlingstemperaturen hat sich gelohnt. 

13.12 Uhr: Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln – jetzt kennen wir uns schon gut aus – fahren wir zurück in die Stadt und gehen im historischen Café Slavia, das vis-à-vis vom Nationaltheater ist, Mittagessen. Das Kaffeehaus hat eine lange Geschichte, ist eine Ikone der tschechischen Kulturwelt. Schauspieler und Künstler – inklusive Präsident Václav Havel – trafen sich hier. 1934 war der letzte große Umbau, heute noch erstrahlt das Café im Art-déco-Stil und besitzt eine unvergleichliche Atmosphäre. Wir sitzen direkt an einem der großen Fenster, den Hradschin mit der Prager Burg, dem Veitsdom und die wunderbare Karlsbrücke im Blickfeld. Ich habe mich für Svíčková, ein traditionelles tschechisches Gericht, entschieden. Lendenbraten in Rahmsauce mit Semmelknödel und Preiselbeeren. Sehr gut und so viel, dass auch beim besten Willen die verlockenden Torten aus der Vitrine keinen Platz mehr finden. 

14.30 Uhr: Wir treffen Dr. Vladimir Handlíř, einen deutschsprachigen Führer. Mit ihm haben wir einen zweistündigen Rundgang zum Thema Prager Kaffeehäuser vereinbart, aber auf dem Weg zum Café Louvre weist er uns immer wieder auch auf andere interessante Details, wie auf die Gedenktafel an den 17. 11. 1989, als die Studenten demonstrierten. Zeitgeschichte. Umbruch. Sehenswert sind auch die Jugendstilfassaden oder etwa die elf Meter hohe Skulptur vom Künstler David Černý, die das Gesicht von Franz Kafka zeigt. Dr. Handlíř ist eine wahre Wissensquelle, der berühmte Schriftsteller auch ein sehr lohnendes Thema, dem auch ein eigenes Museum gewidmet ist. Aber das müssen wir uns aufheben, denn jetzt besuchen wir einmal das Café Louvre, eines der traditionellsten tschechischen Kaffeehäuser. Viele berühmte Gäste wie eben Franz Kafka, Franz Werfel oder Albert Einstein haben sich hier getroffen, Zeitung gelesen – etwa 250 standen zur Auswahl, das Kaffeehaus war nicht nur ein Begegnungsort, sondern auch eine wichtige Informationsquelle, schließlich gab es ja keine sozialen Medien wie heute –, Billard gespielt, der tschechoslowakische PEN-Club wurde 1925 in diesem historischen Ambiente gegründet. Die Kellner tragen übrigens Schürzen mit dem Schriftzug Meinl, was Aufschluss auf den Kaffee, der hier serviert wird, gibt. 

Wir streifen den Wenzelsplatz, als wir zum Grand Café Orient gehen. Das Haus der Schwarzen Mutter Gottes des Architekten Gočár (errichtet 1911–1912) ist eine Ikone des tschechischen Kubismus, ein wahres Kleinod für alle Fans von Design und Architektur. Die Spezialität des Hauses ist ein „kubistischer“ Creme-Kringel. Ein Besuch des kubistischen Museums, das im selben Gebäude untergebracht ist, ist empfehlenswert.

Der spätgotische Pulverturm grenzt an das Gemeindehaus, in dessen Untergeschoß ein einzigartig schöner Jugendstilraum ein bekanntes Kaffeehaus (Kavárna Obecní dům) beherbergt. Die Ausstattung ist original oder originalgetreu, das Tortenangebot sehr umfangreich. Unbedingt sehenswert ist auch das Café Imperial, ein Luxus-Café-Restaurant des bekannten tschechischen Fernsehkochs Zdeněk Pohlreich. Außen im späten Jugendstil, das Interieur auffällig in Majolika-Keramik mit orientalischen Motiven. Eine Reservierung ist notwendig. 

16.30 Uhr: Die Zeit ist wie im Flug vergangen, Dr. Handíř könnte uns noch viel erzählen. Er begleitet uns noch zum Bahnhof, der als Franz-Josephs-Bahnhof im Jugendstil erbaut wurde. Eine wunderschöne Halle lohnt mehr als einen Blick, und im ehemaligen Fanta Café (heute Café Coffee Day) geht sich noch ein Abschiedskaffee aus. 

16.51 Uhr: Abfahrt nach Wien. Während der Heimreise lasse ich den Tag noch einmal Revue passieren. Es hat sich gelohnt, Prag einmal anders kennenzulernen, abseits der weltbekannten Sehenswürdigkeiten einen Blick zu riskieren, die Villa Winternitz zu besuchen und einen Kaffeehaus-Vergleich zu wagen.

20.49 Uhr: Pünktliche Ankunft in Wien, ein Ausflug – der sich auch als Reise eignet – geht zu Ende.

Andrea Thomas, Kronen Zeitung

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