Obwohl seit bald zwei Jahren entsprechende Systeme am Markt sind, steckt Virtuelle Realität immer noch in den Kinderschuhen. Sinkende Preise bei VR-Systemen wie der HTC Vive und der Oculus Rift sowie die neuen Mixed-Reality-Brillen für Windows 10 sind am Weg in Richtung Massenmarkt zwar hilfreich, viele VR-Interessenten zögern aber aufgrund technischer Limitierungen und hoffen auf Systeme mit höherer Auflösung. Mit der HTC Vive Pro, die am 5. April für 880 Euro auf den Markt kommt, steht nun ein höher auflösendes System vor der Tür. Zeit für eine VR-Bestandsaufnahme.
Der Wind bläst uns durchs Haar. Die Hand über dem Kopf wird heiß von den Flammen des Gasbrenners, der unseren Ballon emporhebt. Ein Blick aus dem Korb in die Tiefe offenbart eine Schlucht voll roter Felsen. Vögel umkreisen uns während der Ballonfahrt und zwitschern uns zu. Es ist eine fast perfekte Illusion, in die uns die US-Spezialisten von Janimation auf der Mobilfunkmesse Mobile World Congress entführt haben. Aber nichts davon – mit Ausnahme der Ballonkabine - war echt: Was wir sahen, sahen wir durch die Vive Pro. Und was wir fühlten, haben Ventilatoren und ein Heizmodul erzeugt.
Vive Pro verbessert das Mittendringefühl
Im Direktvergleich mit der ersten Vive erzeugt die Vive Pro ein deutlich besseres Mittendringefühl – und zwar nur teilweise wegen der physischen Reize, mit denen Janimation sein VR-Erlebnis aufpeppt. Der Hauptgrund ist das Display, das nun fast 80 Prozent schärfer als bei der ersten Vive ist, und mit 2880 mal 1600 Pixeln auflöst. Zum Vergleich: Die erste Vive löste mit 2160 mal 1200 Pixeln auf, Mixed-Reality-Brillen für Windows schaffen 2880 mal 1440 Pixel. Wenn man sich darauf konzentriert, sind zwar auch bei der Vive Pro noch Einzelpixel in der virtuellen Welt sichtbar. Die neue Schärfe lässt VR aber einen ordentlichen Schritt nach vorn hin zur perfekten Immersion machen.
Hilfreich ist in diesem Zusammenhang freilich auch das Zubehör, das HTC seit der Markteinführung der Vive nachgereicht hat. Ein Wireless-Empfänger befreit die Brille von der Nabelschnur, die sie mit dem Zuspiel-PC verbindet. Und Tracking-Hardware erlaubt es, reale Dinge wie unsere Ballonkabine so korrekt in die virtuelle Welt zu übertragen, dass echte Schalter und Hebel in der VR genau dort sind, wo auch ihre realen Gegenstücke zu finden sind. Kurzum: Auch, wenn der Sprung auf den Massenmarkt noch ausgeblieben ist, so tut sich doch einiges im Bereich Virtueller Realität.
VR kann weit mehr als nur Gaming
Während der Massenmarkt derweil noch zögert, steigen immer mehr Unternehmen und Organisationen in die virtuelle Realität ein. Die Technologie kann nämlich weit mehr als nur Games, sie stellt auch in „ernsteren“ Lebensbereichen eine interessante Neuheit dar. VR wurde bereits in Gerichten eingesetzt, um Richtern und Geschworenen Tatorte zu zeigen. Sie hilft Einsatzkräften wie Rettung und Feuerwehr beim Training. Und sie wird sogar eingesetzt, um angehende Chirurgen zu schulen.
Eine solche Chirurgie-Simulation haben wir am Mobile World Congress ausprobiert: Die französische Firma SimforHealth hat dort ein VR-Trainingsprogramm für angehende Chirurgen präsentiert und uns gleich mal bei einer einfacheren Herzoperation assistieren lassen. Brav übergaben wir dem Fachmann in der virtuellen Realität Schwamm, Skalpell und Tupfer – und durften schließlich sogar selbst einen Stent in die verstopfte Arterie des künstlichen Patienten einführen. Gar nicht so einfach: Der Simulator achtet genau auf den Einführwinkel, falsche Bewegungen werden sofort bestraft. Und dabei haben wir die einfache Schwierigkeitsstufe probiert. Nicht jene, mit der echte Mediziner ihre Operationen üben.
Für den Heimgebrauch sind solche Simulatoren natürlich nur bedingt interessant. Doch auch hier wächst das Angebot an interessanten VR-Inhalten. Mit dem Preisverfall und den neuen VR-Brillen, die den Markt in den letzten Monaten geprägt haben, haben auch einige zugkräftige Gaming-Neuheiten Einzug in die Welt der VR gehalten. Gab es in den Anfangsmonaten im Grunde nur VR-Werke kleiner unabhängiger Entwicklerstudios, wagten zuletzt auch größere Publisher den Sprung in die Virtuelle Realität.
Star-Trek-Brücke, Himmelsrand und Postapokalypse
Da wäre etwa Ubisoft, wo man in „Star Trek: Bridge Crew“ am Kapitänssessel eines Sternenflotten-Raumschiffs Platz nimmt und sich mit seiner Mannschaft aufmacht, fremde Welten und unbekannte Zivilisationen zu entdecken. Oder aber die Virtual-Reality-Adaptionen der Bethesda-Hits „Doom“, „Fallout 4“ und „Skyrim“, die zu den ersten VR-Umsetzungen größerer PC-Blockbuster zählen. Nicht zu vergessen die diversen VR-Titel, die Sony für seine PlayStationVR-Brille bereits veröffentlicht hat.
Angesichts einer noch überschaubaren Verbreitung entsprechender Headsets dürften diese Titel zwar allesamt keine großen finanziellen Erfolge gewesen sein, sie zeigen aber: VR wird ernstgenommen in der Gaming-Branche. Und mit wachsender Verbreitung schärferer Headsets dürfte da noch einiges auf uns zukommen.
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