Schuldspruch in Wien

Neun Jahre Haft für Terror-Teenie Lorenz K.

Österreich
13.04.2018 19:33

Mit einem Schuldspruch und neun Jahren Haft hat der Strafprozess gegen den 19-jährigen Lorenz K. in Wien geendet. K. wurde in den zentralen Anklagepunkten - Beteiligung an versuchtem Mord in zwei Fällen, jeweils in Form einer terroristischen Straftat - mehrheitlich schuldig gesprochen. „Ist mir doch scheißegal“, reagierte der Terror-Teenie auf die Urteilsverkündung. „Keine Ahnung, wie Sie erwarten, dass sich da Leute ändern. Da wundern Sie sich, dass solche Sachen passieren“, meinte er noch zum Gericht, ehe er sich mit Verteidiger Wolfgang Blaschitz zurückzog. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. 

Schuldsprüche setzte es mit geringen Modifikationen auch in den weiteren Anklagepunkten Beteiligung an einer versuchten vorsätzlichen Gefährdung durch Sprengmittel in Form einer terroristischen Straftat, Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung sowie in einer kriminellen Organisation, Gutheißen terroristischer Straftaten und Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat. Erschwerend wurde bei der Strafbemessung das Handeln aus einem „besonders verwerflichen Motiv“ gewertet.

Mit den Schlussplädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung und einem abschließenden Statement des Angeklagten war am Freitag der Prozess gegen einen 19-jährigen Wiener zu Ende gegangen, der laut Anklage im Namen der radikalislamistischen Terror-Miliz „Islamischer Staat“ (IS) Anschläge durchführen bzw. dazu anstiften wollte. Während des Prozesses gab sich K. ein wenig reumütig: „Ich habe einen Riesenmist gebaut. Dafür gibt es keine Entschuldigung. Es war ein Blödsinn. Es war naiv gewesen zu denken, dass man Gewalt mit Gewalt beantworten kann.“ Der einst glühende IS-Anhänger räumte ein, er sei „nicht komplett geheilt“. Zugleich betonte er: „Aber von dieser Ideologie distanziere ich mich.“ Doch davon ließen sich die Geschworenen nicht beeindrucken.

„Die Eckpfeiler des Plans haben bestanden“
Zuvor hatte der Staatsanwalt die Geschworenen aufgefordert, den jungen Mann im vollen Umfang der Anklage schuldig zu erkennen. Das Beweisverfahren hätte bestätigt, dass dieser einen damals zwölfjährigen Buben zu einem Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz) anstiften und gemeinsam mit einem ihm nach islamischem Recht angetrauten Mädchen ein Attentat auf den deutschen US-Militärstützpunkt Ramstein verüben wollte. „Er hat sie ganz klar bestimmt. Sie hat ihm zugestimmt. Sie war ihm verfallen, sie war verliebt“, führte der Ankläger ins Treffen. Den vom Angeklagten behaupteten Rückzieher hätte es nicht gegeben: „Die Eckpfeiler des Plans haben bestanden.“ Der Anschlag hätte bis Ende Dezember 2015 über die Bühne gehen sollen.

(Bild: APA/dpa/Marius Becker, EPA/Uwe Anspach)

Hinsichtlich des Zwölfjährigen betonte der Staatsanwalt, der 19-Jährige hätte einen psychischen Tatbeitrag zu dessen Terror-Plänen geleistet. Dieser sei zwar längst radikalisiert gewesen („Ein Chorknabe war das nicht. Der geht nach der Schule nicht Ponyreiten“), sein Wiener Bekannter hätte ihn aber bestärkt und zu einem Anschlag „motiviert“. Er hätte ihn auch vom ursprünglichen Anschlagziel - eine Kirche - ab- und auf einen Weihnachtsmarkt gebracht. Letztlich sei der Strafunmündige, der aufgrund seines kindlichen Alters nicht zur Verantwortung gezogen werden kann, Ende November 2016 mit einem funktionstüchtigen, selbst gebauten Sprengsatz auf einen Weihnachtsmarkt im Zentrum von Ludwigshafen gegangen. Nur mit viel Glück hätte es nicht gekracht, betonte der Staatsanwalt: „Dass nichts passiert ist, ist in Wirklichkeit der Unfähigkeit des Zwölfjährigen zu verdanken.“ Dieser hätte es „technisch nicht geschafft, die Bombe zu zünden“.

„Er hat damit überhaupt nichts zu tun“
Dem widersprach Verteidiger Wolfgang Blaschitz: „Der Angeklagte hat ihn nicht bestimmt. Er hat damit überhaupt nichts zu tun.“ Der Zwölfjährige sei von sich aus zu einem Attentat „wild entschlossen“ gewesen. Auch das mittlerweile 17 Jahre alte Mädchen hätte sein Mandant nicht zu einem Anschlag verführt: „Sie hat dazu selbst gesagt, dass er diesen Anschlag allein durchführen wird.“ Am Ende hätte Lorenz K. generell einen „geordneten Rückzug“ angetreten und „ab Dezember 2016 keine weiteren Ausführungsvorstellungen“ mehr gehabt, sagte Blaschitz.

(Bild: APA/HANS PUNZ, "Krone", thinkstockphotos.de, krone.at-Grafik)

Die Ideologie ist noch in ihm drinnen
 Festgenommen wurde der Bursch am 20. Jänner 2017. Seither befindet er sich in U-Haft. Blaschitz bezeichnete den 19-Jährigen als „verirrten Jugendlichen, der wieder in die Gesellschaft resozialisiert werden muss“. „Er ist verirrt, aber kein verlorener Sohn. Helfen Sie mit Ihrem Urteil mit, den verirrten Sohn wieder an die Gesellschaft heranzuführen und anzugliedern“, forderte der Verteidiger von den Geschworenen.

Zur angeblichen Deradikalisierung des Burschen meinte der Staatsanwalt: „Da ist ein Prozess im Gange, der noch lange nicht abgeschlossen ist. Die Ideologie ist noch in ihm drinnen.“ Das Abstandnehmen von radikalislamistischem Gedankengut sei „ein Marathon. Er ist auf den ersten Kilometern. Das wird ein langer, harter, steiniger Prozess.“

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