Militärexperte Posch:

„Auch nach dem Krieg bleiben die Türken in Syrien“

Ausland
18.04.2018 13:49

Nach dem mutmaßlichen Giftgasangriff in Duma und dem anschließenden gemeinsamen Luftschlag der USA, Großbritanniens und Frankreichs scheint die ohnehin schon chaotische Lage in Syrien noch weiter aus dem Ruder zu laufen. Im krone.tv-Interview mit Moderator Gerhard Koller erläuterte Militär- und Syrienexperte Dr. Walter Posch von der Landesverteidigungsakademie am Mittwoch die aktuelle Lage in Syrien und warf einen Blick in die Zukunft des vom blutigen Bürgerkrieg erschütterten Landes. „Es wird ein verkleinertes Syrien kommen und die Türken werden auch nach dem Krieg im Land bleiben“, lautet der eher ernüchternde Ausblick Poschs.

Seit 2011 wütet in Syrien der Bürgerkrieg, Hunderttausende Tote sind mittlerweile zu beklagen, Millionen Menschen mussten wegen der gnadenlosen Kämpfe zwischen der Armee von Staatschef Bashar al-Assad und deren Verbündeten - allen voran Russland - mit verschiedensten Gruppen von Rebellen die Flucht ergreifen. Tagtäglich werden schockierende Bilder von Tod und Zerstörung in Syrien veröffentlicht.

krone.tv-Moderator Gerhard Koller (links) und Syrien-Experte Dr. Walter Posch (Bild: AP/Klemens Groh, krone.tv, krone.at-Grafik)
krone.tv-Moderator Gerhard Koller (links) und Syrien-Experte Dr. Walter Posch

Keine baldige friedliche Lösung in Sicht
Und trotz der blutigen Militärinterventionen ausländischer Armeen scheint keine baldige friedliche Lösung in Sicht. Im Gegenteil: Seit dem Luftangriff der USA, Großbritanniens und Frankreichs auf Ziele, in denen angeblich Giftgas hergestellt wurde, weht sogar wieder ein Hauch von Kaltem Krieg durch die Weltpolitik.

Die Ziele, die von den USA, Frankreich und Großbritannien bei ihrem gemeinsamen Militärschlag angegriffen wurden (Bild: AP)
Die Ziele, die von den USA, Frankreich und Großbritannien bei ihrem gemeinsamen Militärschlag angegriffen wurden
Weite Teile Syriens liegen in Schutt und Asche. (Bild: AP)
Weite Teile Syriens liegen in Schutt und Asche.

„Ein Teil des Konflikts wird eingefroren“
Die Gefahr eines direkten Aufeinandertreffens zwischen den USA und Russland besteht laut Posch aber nicht. Vielmehr werden sich diverse „Stellvertreter“ der Großmächte unmittelbar bekämpfen. Als mögliche Zukunftslösung sieht Posch folgendes Szenario: „Ein Teil des Konflikts wird eingefroren. Das gilt für Bereiche, die bereits unter der Kontrolle von Assads Armee sind.“ Nach dem Ende der Militäraktionen werden schließlich Verhandlungen zwischen allen Kriegsparteien geführt.

(Bild: Krone-Grafik)

Norden Syriens wird unter türkischem Einfluss bleiben
Als Resultat dieser Verhandlungen wird ein „verkleinertes Syrien“ übrig bleiben, das aber „mehr Fläche umfasst als nur Zentralsyrien rund um Damaskus“. Posch sprach in diesem Zusammenhang von einem Gebiet, das in etwa der Hälfte Österreichs entspricht. Der Staat werde zwar auch nach dem Krieg noch den Namen Syrien tragen, vor allem aber im von Kurden dominierten Norden des heutigen Syrien wird sich die türkische Armee festsetzen. Posch: „Diese Gebiete werden sicher nicht an den türkischen Staat angeschlossen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan baut dort aber schon jetzt eine eigene Verwaltung auf.“ Die Türken werden bleiben, die Sprachgrenze zwischen dem Türkischen und dem Kurdischen wird sich nach Süden verschieben. Diese Region solle idealerweise von der UNO überwacht werden.

Türkisches Artilleriefeuer nahe der Grenze (Bild: AFP)
Türkisches Artilleriefeuer nahe der Grenze
Bashar al-Assad, im Hintergrund trauernde Kurden (Bild: AFP)
Bashar al-Assad, im Hintergrund trauernde Kurden

„Mutige Initiative“ Österreichs
Die Initiative Österreichs, das sich als Vermittler im Syrien-Konflikt angeboten hat, nennt Posch „mutig und nicht das Unklügste. Dass ein Erfolg erreicht wird, sei aber nicht sehr wahrscheinlich. Momentan sei jedenfalls „die Zeit für Verhandlungen noch nicht reif“. Wann diese beginnen könnten, sei nicht vorhersehbar, es sei aber zusätzlich ein Aussöhnungsprozess zwischen den Kriegsparteien nötig. Wie schwierig und langwierig dieser werden kann, sehe man Posch zufolge am Beispiel von Bosnien-Herzegowina ...

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