Auch zehn Jahre, nachdem einer der schockierendensten Fälle der österreichischen Kriminalgeschichte aufgedeckt wurde, bleibt der Täter Josef F. bei seiner Aussage: Er habe seine „Tochter vor der Welt beschützen“ wollen. Die „Krone“ hat einen Blick hinter die Kulissen des Hochsicherheitstraktes in Stein geworfen. Dort träumt er von Freiheit, doch die Demenz rafft ihn zusehends dahin.
Diese stechend türkisen, von wuchernden grau-schwarzen Augenbrauen eingebetteten Augen. Sie haben im Laufe der Zeit an bestialischem „Glanz“ verloren. Josef F. ist 83 Jahre alt und seit zehn Jahren weggesperrt - in einer 11,5 Quadratmeter-Zelle im Hochsicherheitstrakt für „geistig abnorme Rechtsbrecher“ in der berühmt-berüchtigten Justizanstalt Krems-Stein. Wie man sich fühlt, wenn hinter einem die schwere Tür ins Schloss fällt, eine Drehung mit dem Schlüssel jeglichen Weg in die Freiheit versperrt … Die Inzest-Bestie von Amstetten spricht nicht darüber. Warum auch. Was hat er schon Böses getan? Aus seiner Sicht nichts: Denn was der alte Mann gemacht hat, tat er „aus Liebe“ und zum „Schutz seiner Tochter“, faselt er. Vor der bösen Welt da draußen, vor Drogen und Alkohol. Der Herr Ingenieur erschuf eine aus seiner Sicht neue, heile Welt für die damals 17-Jährige.
Er konstruierte ein eigenes Refugium tief unter der Amstettner Erde - durch eine Stahltür von der Außenwelt abgeschottet. Immer wenn diese Tür von außen geöffnet wurde, dieser Mann mit den stechend türkisen Augen die erdrückend engen Räume ohne Tageslicht betrat, wusste die junge Frau, was passieren wird. Der eigene Vater fällt über sie her, zeugt sieben Kinder mit ihr, die sie alleine zur Welt bringen muss. Ein Martyrium, das 24 Jahre lang andauern sollte. Zu dem Josef F. bis heute nur eines einfällt: „Ich bin mir keiner Schuld bewusst!“
Die Welten zwischen Realität und Fiktion in Josef F.s Kopf verschwimmen, die zunehmende Demenz rafft den Tyrannen mit der Häftlingsnummer HNR 90632 dahin. Seiner täglichen Arbeit - triste Gefängnisgänge schrubben - geht der Häfn-Hausmeister aber nach, nachdem um 5.30 Uhr die Zellentür geöffnet wird und er seine eigens zubereitete Diabetikerkost zu sich genommen hat. Mit gesenktem Blick schlurft der 83-Jährige unter Bewachung durch den Trakt. Er will nicht erkannt werden, hat extra seinen berüchtigten Nachnamen am Magistrat Krems zum Preis von 545,60 Euro ändern lassen. So hofft er auf mehr „Privatsphäre“ und Schutz vor kräftigen Neuankömmlingen, die nicht viel von Vergewaltigern halten …
Kurz nach seiner Verurteilung zu lebenslanger Haft war ihm das noch egal. Wie erinnern uns an einen Satz in der deutschen „Bild“, den Josef F. zu Aufdeckerjournalisten sagte: „Josef F., grüß Gott! Aber ich muss mich ja nicht vorstellen. Ich bin ja weltberühmt!“
Lebenslang! Bis ans Ende seiner Tage …
Und bis zu seinem Lebensende weggesperrt. Niemand will den Inzest-Vater besuchen, seine Tochter ließ ihm ausrichten, sie wolle ihm nie mehr in die Augen sehen. Dass die heute 52-Jährige mit ihren Kindern neues Familienglück gefunden hat, geht spurlos an Josef F. vorbei. Er bekommt keine Briefe: „Die werden von der Anstalt abgefangen“, sagt er. Das Böse ist überall, selbst seinen Ehering traut sich der Häftling nicht tragen. Er könnte gestohlen werden. So vegetiert das Inzest-Monster vor sich hin, träumt von „draußen“ und fantasiert davon, irgendwann seine Frau pflegen zu können.
Bis zu diesem (unrealistischen) Zeitpunkt zappt er sich durch 38 Programme am Wandfernseher. Wenn US-Star Charly Sheen in „Two an a half Men“ auf dem Bildschirm erscheint, geht es ihm gut, da kann er lachen. „Es zerstört doch die Seele, wenn man immer todtraurig ist!“
Sandra Ramsauer und Christoph Matzl, Kronen Zeitung/krone.at
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