Pädagogisch wertvoll

Nintendo Labo im Test: Da lacht das Bastlerherz!

Digital
27.04.2018 12:31

Zugegeben, als Nintendo Anfang des Jahres sein Spielkonzept Labo angekündigt hat, waren wir skeptisch. Auch, wenn die Firma 1889 als Spielkartenhersteller gegründet wurde, hätten wir kaum erwartet, dass man sich 2018 auf seine Wurzeln besinnt und mit Karton-Bausätzen ins Kinderzimmer drängt. Nach einem ausführlichen Test müssen wir aber zugeben: Der Karton bringt’s! Nintendo hat mit Labo eine pädagogisch wertvolle und spaßige Melange aus Basteln und Videospiel erdacht, die von Einfallsreichtum zeugt und etwas für die ganze Familie ist.

Was ist Labo? Diese Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten, verheiratet Nintendos neueste Spielidee doch das „analoge“ mit dem „digitalen“ Spielen. Die Karton-Bausätze - zum Start gibt es zwei verschiedene zu kaufen - mit klar definierter digitaler Bauanleitung werden mit der Nintendo Switch kombiniert, die als digitales Herzstück des teils mit erstaunlichen Kurbeln, Schaltern und Hebeln ausgestatteten Endproduktes dient.

Am Display werden dem Bastelprojekt interaktive Elemente hinzugefügt. Die Controller mit ihren Lage-, Bewegungs- und Infrarotsensoren übertragen die Bewegungen des Kartons in die virtuelle Welt - oder tun es umgekehrt.

Hier geht‘s zum Produkt. 

Die Labo-Projekte kommen als Kartonbögen, aus denen die Einzelteile herausgedrückt werden. Anschließend wird gefaltet und gebastelt. (Bild: Nintendo)
Die Labo-Projekte kommen als Kartonbögen, aus denen die Einzelteile herausgedrückt werden. Anschließend wird gefaltet und gebastelt.
Sind die Labo-Bastelprojekte zusammengebaut, kann man sie noch nach Belieben bemalen und nach dem eigenen Geschmack gestalten. (Bild: NIntendo)
Sind die Labo-Bastelprojekte zusammengebaut, kann man sie noch nach Belieben bemalen und nach dem eigenen Geschmack gestalten.
Das Labo-Klavier ist eines der schwierigeren Projekte. Bis aus den Kartonbögen ein Klavier geworden ist, dauert es je nach Basteltalent durchaus zwei Stunden. (Bild: Nintendo)
Das Labo-Klavier ist eines der schwierigeren Projekte. Bis aus den Kartonbögen ein Klavier geworden ist, dauert es je nach Basteltalent durchaus zwei Stunden.

Roboteranzug und Multi-Spielzeug-Set
 Zum Start gibt es zweierlei Labo-Bastelprojekte: Einen Roboteranzug, der die Bewegungen des Spielers auf einen Megabot auf der Switch (bzw. am TV-Bildschirm) überträgt, der ganze Städte zerstört; und ein Bastelset mit Motorrad-, Angelsimulator-, Klavier-, RC-Auto- und Hausbausatz. Wer mag, kann sich zusätzlich noch Designpakete kaufen, um den Kartonprojekten mit Stickern einen individuellen Anstrich zu verleihen, alternativ aber auch ganz einfach zu Filzstiften und anderen Bastelutensilien greifen.

Generell gilt bei Nintendo Labo: Es ist verblüffend, welch ausgefuchste Konstruktionen sich die Japaner bei ihrem neuen Kartonspielzeug einfallen haben lassen. Wow-Erlebnisse während der Bauphase sind da garantiert. Da werden Schalter, Kurbeln und Hebel aus Karton, Schnüren und Gummizügen konstruiert. Zusätzlich werden Sticker eingebaut, die von der Infrarotkamera des Switch-Controllers überwacht werden, Bewegungen der Pickerl werden dann wiederum in Spielbefehle übersetzt.

Bastelphase kann bis zu drei Stunden dauern
 
Die Bastelphase dauert je nach Bausatz zwischen einer Viertelstunde und bis zu drei Stunden, erfordert also etwas Konzentration und Geduld. Tugenden, die im Smartphone-Zeitalter im Kinderzimmer mehr als erwünscht sind. Aber auch ältere Freunde von Puzzles und Lego-Bausätzen kommen hier voll auf ihre Kosten und erleben einen befriedigenden Bauprozess. 

Ist ein Labo-Bausatz fertig zusammengebaut, wird die Kartonkonstruktion mit der Switch verbunden und gewissermaßen „zum Leben erweckt“. Ins Labo-Haus zieht mit der Switch ein niedliches Wesen ein, der Angelsimulator entführt uns in die Tiefen der Meere. Das Labo-Klavier eignet sich toll, um darauf zu musizieren. Der Motorrad-Bausatz lädt zur Spritztour ein, das käferartige RC-Auto ebenso.

Wie ein Labo-Projekt zusammengebaut wird, erklärt Nintendo recht detailliert in der Begleit-Software auf der Switch. (Bild: Nintendo)
Wie ein Labo-Projekt zusammengebaut wird, erklärt Nintendo recht detailliert in der Begleit-Software auf der Switch.
Es ist durchaus verblüffend, welch ausgefuchste Konstruktionen man aus Pappe, Gummiband, Reflektorpickerl und Switch-Controller zusammenbauen kann. (Bild: Nintendo)
Es ist durchaus verblüffend, welch ausgefuchste Konstruktionen man aus Pappe, Gummiband, Reflektorpickerl und Switch-Controller zusammenbauen kann.
Das bislang größte Labo-Projekt: Eine Art Roboteranzug, der die Bewegungen des Spielers in einen Megabot-Simulator auf der Switch überträgt. Sorgt für Godzilla-Feeling! (Bild: Nintendo)
Das bislang größte Labo-Projekt: Eine Art Roboteranzug, der die Bewegungen des Spielers in einen Megabot-Simulator auf der Switch überträgt. Sorgt für Godzilla-Feeling!
Das Labo-Haus gehört zu den komplexeren Bausätzen. Ist es fertig, wird die Switch damit kombiniert und auf ihrem Bildschirm taucht eine Art Tamagotchi auf. (Bild: Nintendo)
Das Labo-Haus gehört zu den komplexeren Bausätzen. Ist es fertig, wird die Switch damit kombiniert und auf ihrem Bildschirm taucht eine Art Tamagotchi auf.

Basteln nach Anleitung, Spielen als Experiment
 
Während das Zusammenbauen nach einer fixen Anleitung erfolgt, lädt das fertige Labo-Spielzeug zum Experimentieren ein. Erst, wenn man sich eine Weile mit den Projekten beschäftigt, entdeckt man, wie viel Mühe sich Nintendo nicht nur mit dem Bausatz, sondern auch mit der zugehörigen Software gegeben hat. Der Motorrad-Simulator ist ein einfaches, aber gut gemachtes Rennspiel. Das Labo-Klavier enthält sogar ein Mehrkanal-Tonstudio, mit dem man Lieder komponieren kann. 

Auch, wenn es sich letztlich um Minispiele handelt: Die Games zu den Labo-Projekten sind allesamt gut gelungen und laden zum Entdecken und Experimentieren ein - wie einst „Wii Sports“ sogar Personen, die keine ausgewiesenen Videospielefans sind.

Nicht nur spaßig, sondern pädagogisch wertvoll
 
Besonders cool an Labo: Die Bastelei macht nicht nur Spaß, sondern ist unserer Einschätzung nach auch pädagogisch wertvoll. Immerhin werden hier spielerisch Grundlagen der Mechanik vermittelt, der Feinmotorik schadet die Bastelei sicherlich auch nicht. Der Zusammenbau eines Labo-Projekts lehrt zudem auch Geduld. 

Eine coole Sache an Labo ist zudem die Labo-Werkstatt. Dieser Teil der zugehörigen Software lässt Labo-Bastler ihre Spielzeuge auf einfache Weise umprogrammieren und kombinieren. So lassen sich aus den Labo-Projekten nachträglich noch ganz andere Spielmöglichkeiten erschaffen - aber nur lokal. Ein Upload oder gar eine Online-Datenbank, wie wir sie beim „Super Mario Maker“ sehr cool fanden, gibt es bei Labo bislang nicht.

Der Spielspaß hat vermutlich ein Ablaufdatum
 
Über die Langzeitmotivation kann man derweil streiten. Bis ein Labo-Projekt zusammengebaut, hübsch bemalt und die Videospielkomponente ausprobiert wurde, vergehen zwar bei jedem Projekt ein paar Stunden. Ob man das fertige Projekt danach immer wieder einmal hervorkramt, ist jedoch eine andere Frage. Zumal man bei Labo nicht die Option hat, die Bausätze neu zusammenzusetzen.

Sogar ein Motorrad lässt sich bei Nintendo aus Karton bauen. (Bild: Nintendo)
Sogar ein Motorrad lässt sich bei Nintendo aus Karton bauen.
Labo-Haus: Steckt man Kurbeln und Schalter seitlich hinein, ergeben sich lustige Interaktionsmöglichkeiten mit dem Tierchen am Bildschirm. (Bild: Nintendo)
Labo-Haus: Steckt man Kurbeln und Schalter seitlich hinein, ergeben sich lustige Interaktionsmöglichkeiten mit dem Tierchen am Bildschirm.
Der Labo-Angelsimulator enthält realistisches Meeresgetier von der Makrele bis zum Mondfisch. (Bild: Nintendo)
Der Labo-Angelsimulator enthält realistisches Meeresgetier von der Makrele bis zum Mondfisch.

Sauber gemacht, aber wohl nicht langlebig
 
Insgesamt sind Nintendos Papp-Bausätze recht durchdacht und gelungen. Die Begleitanwendung, die dem Multi-Bausatz dankenswerterweise in Form einer Switch-Speicherkarte beiliegt, enthält nebst einer charmant und witzig vorgetragenen Schritt-für-Schritt-Anleitung inklusive dreh- und zoombarer Skizzen auch die Videospielkomponenten, die der ganzen Konstruktion Leben einhauchen. 

Die Kartonkomponente ist sauber verarbeitet: Die Einzelteile lassen sich leicht aus den Bögen drücken und präzise weiterverarbeiten, Müll fällt so vergleichsweise wenig an. Diskussionen wird wohl die Langlebigkeit auslösen: Karton ist kein Plastik und kann gerade in Kombination mit kleineren Nutzern oder weniger versierten Bastlern schnell kaputtgehen. Ein Problem, das auch Nintendo bewusst ist. Auf einer eigens eingerichteten Website bietet Nintendo Japan Labo-Bögen zum Download an, mit dem man selbst Ersatzteile basteln kann.

Das Nintendo-Labo-Klavier. (Bild: Nintendo)
Das Nintendo-Labo-Klavier.
Bei diesem Labo-Projekt versetzt der Vibrationsmotor in den Controllern den ferngesteuerten Käfer in Bewegung. (Bild: Nintendo)
Bei diesem Labo-Projekt versetzt der Vibrationsmotor in den Controllern den ferngesteuerten Käfer in Bewegung.
(Bild: Nintendo)

Fazit: Toller Spaß für die ganze Familie 
 
Nintendos neuester Streich ist nicht mit konventionellen Videospielen vergleichbar, weshalb wir an dieser Stelle auch von einer Wertung absehen. Angesichts des Einfallsreichtums und des pädagogischen Werts, der in Labo steckt, wären wir aber glatt versucht, eine Höchstwertung zu vergeben. Der Mix aus Basteln, Gestalten und Videospielen ist etwas für die ganze Familie, lehrt Mechanik, Konzentration sowie Geduld und verzaubert kleinere Spieler ebenso wie ihre Eltern. 

Switch-Besitzer mit einem Hang zur Handarbeit sollten sich Labo definitiv anschauen. Zum Einstieg empfehlen wir übrigens das Multi-Set: Hier werden für 65 Euro Dutzende Stunden Spielspaß geboten. Preis-Leistung erscheint uns völlig angemessen und wir sind gespannt, welche Bausätze Nintendo noch in der Hinterhand hat.

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