Riesiger Agrarmarkt

Mercosur: Vier Staaten, 260 Millionen Menschen

Ausland
07.05.2018 05:54

Das mögliche Handelsabkommen mit dem südamerikanischen Staatenbündnis Mercosur verschafft der EU Zugang zu einem riesigen Agrarmarkt mit 260 Millionen Verbrauchern. Was die vier Länder ausmacht? Hier ein Überblick.

Ein Steak ist ein Steak. Zumindest auf den ersten Bissen. Was Konsumenten nicht schmecken: Woher das Fleisch kommt oder ob es fair und ohne Hormone produziert wurde. Das sind Merkmale, für die Österreichs Bauern bürgen. Allerdings: Was auf unseren rot-weiß-roten Tellern landet, könnte bald gar nicht mehr so heimisch sein. Aktuell verhandelt die EU mit dem südamerikanischen Staatenbündnis Mercosur. Sobald diese zwei Global Player verschmelzen, fallen nicht nur die Zölle, sondern auch die Einfuhrbestimmungen für Agrarprodukte. Bis zu 100.000 Tonnen Rindfleisch sollen dann nach Europa wandern.

18 Prozent der Exporte gehen in die EU
Für die EU hat der Pakt seine Reize, immerhin leben im Mercado Comun del Sur (Gemeinsamer Markt des Südens) 260 Millionen Menschen - knapp ein Drittel der Europäer. Und auch für die lateinamerikanische Familie ist die Union ein wichtiger Absatzmarkt: Rund 18 Prozent aller Exporte gehen in die EU. Während der Mercosur hauptsächlich Agrarprodukte und Rohstoffe  exportiert, liefert die EU im Gegenzug vor allem Maschinen und Chemikalien.

Brasiliens Fläche entspricht dem 100-Fachen Österreichs. Platz für die Rinderzucht gibt es also in rauen Mengen: Mittlerweile gilt der brasilianische Konzern JBS als größter Fleischproduzent weltweit. Nach dem Gammelfleischskandal geriet die Firma jedoch ins Kreuzfeuer der Kritik. 2014 ließ JBS im Wahlkampf satte 100 Millionen Euro illegal in die Taschen von Politikern fließen. Ein Drittel des aktuellen Kongresses wurde somit geschmiert. Die Rinderhaltung, aber auch der exzessive Anbau von Bioethanol geht auf Kosten der Natur: Für Weide- und Anbauflächen wurden große Teile des Regenwalds geopfert.

Gerodeter Regenwald in Brasilien (Bild: APA/AFP/CARL DE SOUZA)
Gerodeter Regenwald in Brasilien

Herr der Rinder und der Sojafelder
Argentiniens Markenzeichen ist das berühmte Rindfleisch. Rund 60 Kilogramm verdrückt jeder Einwohner pro Jahr - weltweiter Rekord! Die Hälfte der Tiere lebt laut Schätzungen in sogenannten Feedlots - kargen Maststätten, auf denen Tausende Rinder gehalten werden. Neben dem Fleischhandel gehört Argentinien zu den größten Soja-Exporteuren überhaupt. Auf Umweltschutz legt man jedoch wenig Wert - was die hohe Konzentration von Pestiziden erklärt. Auch der VW-Konzern ist hier angesiedelt. Kurzzeit-Kanzler Viktor Klima stellte einst den Leiter vor Ort - heute verbringt er dort seinen Ruhestand auf einer argentinischen Ranch.

Neu angekommene Rinder in einer Fleischverarbeitungsfabrik in Argentinien (Bild: AFP)
Neu angekommene Rinder in einer Fleischverarbeitungsfabrik in Argentinien

Der arme Schlucker
Paraguay produziert jährlich mehr Sojabohnen, als es Einwohner gibt - nämlich acht Millionen Tonnen! Mit einem Durchschnittseinkommen von knapp 3600 Euro ist Paraguay das ärmste Land der Mercosur-Familie. Kein Wunder: Zwei Prozent der reichsten Bevölkerung besitzen stolze 70 Prozent aller Agrarflächen!

Eine Sojabohnenplantage in Paraguay (Bild: AFP)
Eine Sojabohnenplantage in Paraguay

Klein, aber wohlhabend
 Uruguay ist der Zwerg unter den Mercosur-Mitgliedern. 2013 legalisierte es als erstes Land weltweit den Handel mit Marihuana. Derzeit gehört der Staat zu den stabilsten, demokratischsten und wohlhabendsten in Lateinamerika.

Dieser Uruguayer frönt seinem Hobby während des alljährlichen Globalen Marihuana Marsches in Montevideo. (Bild: APA/AFP/MIGUEL ROJO)
Dieser Uruguayer frönt seinem Hobby während des alljährlichen Globalen Marihuana Marsches in Montevideo.

Was hinter Mercosur steckt
Die Mercosur ist ein Staatenbündnis mit vier Mitgliedsstaaten in Südamerika: Argentinien, Brasilien, Uruguay und Paraguay. 1999 nahm das Bündnis erstmals Verhandlungen mit der EU auf. Bei dem Abkommen bietet Brüssel den Mercosur-Ländern attraktive Zollquoten für Produkte wie Rindfleisch, Ethanol oder Zucker und beliefert Südamerika im Gegenzug mit Industriegütern. Kritiker wittern hier Gefahren für die Verbraucher. Grund: Die EU kontrolliert zwar weiter Importe, verzichtet aber darauf, Südamerikas Betriebe vorab zu inspizieren und verlässt sich stattdessen auf vereinbarte Garantien. Nach einem Skandal in Brasilien, bei dem Gammelfleisch unter frische Ware gemischt wurde, wirkt dieser Vertrauensvorschuss fragwürdig.

Morgen lesen Sie: Gewinner und Verlierer des Freihandelspakts. Wer profitiert und wem schadet er?

Kronen Zeitung/krone.at

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