Fakten und Analysen

Mercosur-Pakt: Wem nützt der Deal, wem schadet er?

Mercosur
07.05.2018 15:06

Der Mercosur-Vertrag verspricht mehr Exporte für die Industrie, ruft aber auch Kritiker auf den Plan. Über die Gewinner und die Verlierer des Freihandelsabkommens.

Diese Vorteile verspricht sich die Europäische Union von dem geplanten Pakt mit Mercosur.

  • Zugang zu einem attraktiven Markt: Der Mercosur ist der siebentgrößte Wirtschaftsraum der Welt. Für Österreich stellt er einen wichtigen Exportpartner mit 260 Millionen Verbrauchern dar.
  • Wettbewerbsvorteil: Die EU ist der einzige Partner, mit dem der Mercosur ein Abkommen verhandelt. Heimische Firmen bekommen im Vergleich zu ihren Wettbewerbern einen privilegierten Marktzugang.
  • Einsparungen: 85 Prozent der EU-Ausfuhren in den Mercosur unterliegen dem Zoll - dabei handelt es sich gerade um jene Exporte, die für die EU und Österreich bedeutend sind - darunter Autos, Maschinen, Bier und Schnaps. Mit dem Abkommen sparen sich Unternehmen vier Milliarden Euro an Zollgebühren. Darüber hinaus könnte der Pakt neue Sektoren erschließen - etwa für Milchprodukte, Wein, Spirituosen, verarbeitete Lebensmittel, Schokolade, alle Arten von Schweinefleischprodukten und Obstkonserven.
  • Günstige Rohstoffe: 60 Prozent der landwirtschaftlichen EU-Einfuhren aus dem Mercosur sind Rohstoffe für die Lebensmittelindustrie und die Viehwirtschaft. Weitere 80 Prozent von pflanzlichen Proteinen für Futtermittel stammen aus dem Gebiet. Diese Rohstoffe könnte Österreich zu günstigeren Preisen beziehen.
Französische Farmer während einer Demonstration gegen den Mercosur-Pakt (Bild: AFP)
Französische Farmer während einer Demonstration gegen den Mercosur-Pakt

Diese Gefahren birgt das Freihandelsabkommen:

  • Abholzung: Der Ethanolboom und die exzessive Rinderzucht führen dazu, dass immer mehr kostbare Flächen Regenwald geopfert werden. Die Abholzung wirkt sich unmittelbar auf das Klima aus - die Folge: mehr Trockenperioden und damit auch Ernteverluste für die Agrarproduzenten. Die Katze beißt sich hier also in den Schwanz.
  • Umweltbedrohung: Die ursprüngliche Landschaft Südamerikas weicht endlosen Soja-Monokulturen. Einheimische, die bisher in den Wäldern gelebt haben, werden vertrieben. Um die Ernte zu sichern, verwenden Produzenten Tonnen von schädlichen Pestiziden.
  • Ausbeutung: In den Mercosur-Staaten besitzen wenige Oligarchen den Großteil der Agrarflächen. Die Menschen am Land sind keine selbstständigen Bauern, sondern Landarbeiter, die für Hungerlöhne schuften.
  • Abhängigkeit: Der immer stärkere Fokus auf die Agrarproduktion macht die Länder vom weltweiten Rohstoffpreis abhängig. „Entwicklung ist mit Industrialisierung verbunden. Indem man Industriegüter aus der EU in den Mercosur liefert, schwächt man dort die heimische Industrie“, erläutert der Professor für Volkswirtschaft, Johannes Jäger.
  • Schein-Hilfe: Ein Teil des Abkommens sieht vor, dass die EU Autos in den Mercosur liefert. Durch den enormen Konkurrenzdruck wird aber der Automobilsektor in Brasilien und Argentinien bedroht - die Gewerkschaft befürchtet den Verlust Tausender Arbeitsplätze.
  • Dumping-Preise: Durch das Abkommen könnte der Preis für Rindfleisch um bis zu 20 Prozent sinken. Dadurch würde der Erlös für die heimischen Rindermäster um etwa 78 Millionen Euro zurückgehen. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Herde in Österreich umfasst 26 Tiere. In Brasilien oder Argentinien sind es mehrere Tausend Rinder. Mit dieser Menge und den Dumpingpreisen können heimische Bauern nicht mithalten.
  • Gammel- und Hormonfleisch: 2017 erschütterte ein Gammelfleischskandal Brasilien. Verdorbene Ware wurde mit Chemikalien getarnt und unter frisches Fleisch gemischt, Kontrolleure wurden bestochen. Nicht das einzige Manko: Laut Greenpeace stehen genmanipuliertes Futter sowie Wachstumshormone bei der Rinderzucht in den Mercosur-Staaten an der Tagesordnung.
(Bild: AFP, stock.adobe.com, krone.at-Grafik)

Kronen Zeitung

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