Neues Studioalbum

Arctic Monkeys: Lounge statt Tanzfläche

Musik
13.05.2018 14:00

Lange war es ruhig um die britischen Kultmusiker Arctic Monkeys, doch jetzt kehren Alex Turner mit einem Paukenschlag auf die Bildfläche zurück. Auf ihrer neuen Platte „Tranquility Base Hotel & Casino“ zeigen sich die Indierocker experimentierfreudig und hungrig. Die Kunst ist ihnen noch immer das Wichtigste.

(Bild: kmm)

„I just wanted to be one of The Strokes“, singt Alex Turner auf der neuen Arctic-Monkeys-Platte „Tranquility Base Hotel & Casino“. Dabei haben die englischen Indierocker geleistet, was die US-Band Strokes nicht geschafft hat: Sich in über zehn Bandjahren immer wieder neu zu erfinden. „Tranquility Base Hotel & Casino“ ist das sechste Studioalbum der Arctic Monkeys. Wieder ist es eine gute Platte geworden - und wieder hat die Band ihren Stil verändert. Statt Indierock gibt es nun barocke Arrangements, die an avantgardistischen Pop aus den 60er-Jahren erinnern. Verschachtelte Soundeffekte, Orgeln und Hall.

Rekorddebüt
Die Arctic Monkeys waren die Spätzünder jener Bands, die in den Nullerjahren dem Indierock zu neuer Relevanz verhalfen. Ihre Alben verkauften sich millionenfach, das Debüt stellte 2006 einen Rekord auf: In der ersten Woche verkaufte es sich in den britischen Charts öfter als jedes Debütalbum zuvor, wie der Sender BBC damals informierte. Mit aufgekratzten Songs wie „I Bet You Look Good On The Dancefloor“ wurden sie berühmt. Inzwischen hängen die Musiker aber wohl lieber in der Lounge als auf der Tanzfläche ab.

Auf „Tranquility Base Hotel & Casino“ gibt es keine Refrains, die sofort ins Gehör drängen, aber schlaue Kompositionen, die mehrmaliges Hören belohnen. Turner hat immer noch eine sehr gute Intuition für Melodien. Manche Songs klingen wie alte Arctic-Monkeys-Hits aus einem surrealen Paralleluniversum, in dem alles in halber Geschwindigkeit abgespielt wird („She Looks Like Fun“). Wieder einmal wird deutlich, was für ein begabter Schlagzeuger Matt Helders ist. Frei von üblichen Rock-Schemata tuscht er synkopisch durch die Lieder und verleiht ihnen so Dynamik.

Akzentuierter Sound
Helders musizierte zwischenzeitlich mit Iggy Pop und Josh Homme (Queens Of The Stone Age). Letzterer hatte vielleicht seinen Anteil daran, dass der einst zappelig-poppige Sound der Arctic Monkeys in den vergangen Jahren dreckiger wurde. Denn der Stoner-Rocker Homme war an mehreren Alben der Monkeys als Produzent und Musiker beteiligt. Doch das ist nun alles Vergangenheit: Keine brachialen Drums mehr von Helders, stattdessen ein langsames, akzentuiertes Spiel. Keine donnernden Riffs mehr von Turner und Leadgitarrist Jamie Cook, sondern Gitarrenlinien, die sich zwischen Synthie-Arrangements im Hintergrund entfalten.

Und vor allem: viel Klavierspiel. Tupfend, umherirrend oder beschwingt. Es sei ihm schwergefallen, einen Nachfolger zum letzten Album von 2013 zu schreiben, sagte Bandleader Turner der britischen Musikzeitschrift „Mojo“. Letztlich habe ihm ein Steinway Klavier geholfen, einen neuen Zugang zum Songwriting zu bekommen. Unverkennbar bleiben seine Stimme und seine ironischen Texte voller zeitgemäßer Anspielungen. In „Golden Trunks“ etwa singt er über einen größenwahnsinnigen Präsidenten: „The leader of the free world reminds you of a wrestler wearing tight golden trunks.“

Klangexperimente
Dazu kommen ungewohnte Instrumente - zum Beispiel ein sehr stimmungsvolles Vibraphon („Star Treatment“), Streicher („One Point Perspective“) und Sounds, die an Melodicas oder Cembalos erinnern („Tranquility Base Hotel & Casino“, „Batphone“). Nach all den Erfolgen und verschiedenen Projekten machen die Arctic Monkeys somit eindrucksvoll deutlich, dass sie mit ihrer Kunst noch keineswegs am Ende sind.

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