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So saugen uns soziale Medien in die Suchtspirale

Digital
12.05.2018 13:32

Facebook, Instagram, Twitter und die vielen anderen sozialen Medien haben eine verblüffende Anziehungskraft. Sie bringen uns irgendwie dazu, immer wieder auf ihre Websites und in ihre Apps zu schauen. Am Anfang steht das Interesse, nichts zu verpassen. Dann wird es zur Gewohnheit. Und was einmal zur Gewohnheit wurde, kann sich schnell zur Sucht weiterentwickeln. Doch genau das ist ihr Ziel.

Für den Verhaltensforscher Daniel Kruger von der Uni Michigan ist die Sache im Gespräch mit dem britischen „Guardian“ klar: „Da gibt es Abteilungen, die versuchen, ihre Systeme so suchterzeugend wie nur möglich zu gestalten. Die wollen, dass wir permanent online sind und bringen uns dazu, immer wieder auf ihre Website zurück zu kommen, indem sie uns mit Nachrichten und Stimuli bombardieren.“

(Bild: stock.adobe.com)

„Gott weiß, was es mit Hirnen unserer Kinder macht“
 
Eine Einschätzung, die kürzlich sogar Facebook-Mitgründer Sean Parker bestätigt hat. Er sagte bei einem Vortrag: „Facebook nutzt eine Schwäche in der menschlichen Psyche aus. Es stört auf komische Weise eure Produktivität. Gott allein weiß, was es mit den Gehirnen unserer Kinder macht.“ Sogar Forscher, die für Facebook selbst arbeiten, kamen jüngst zur Erkenntnis, dass Facebook einen Einfluss auf die Psyche haben kann.

Zeit ist Geld: Mehr Daten, mehr Umsatz
 
Aus einer ökonomischen Perspektive ist diese Strategie nicht verwunderlich: Soziale Medien verdienen ihr Geld nicht mit Hard- oder Software. Bei ihnen lassen Nutzerdaten und zielgerichtete Reklame die Kassen klingeln. Reklame und Datensammelei gehen dabei Hand in Hand. Wer mehr Zeit auf einer Plattform verbringt, gibt durch „Likes“ und andere Aktivitäten mehr über sein Innerstes preis. Und er kann sich auch mehr Werbung ansehen als jemand, der nur kurz vorbeikommt.

(Bild: flickr.com/aisforamy91)

Methoden aus der Glücksspielindustrie
 
Weil die vom Nutzer investierte Zeit bares Geld für Facebook und seine Mitbewerber ist, setzen sie alles daran, den Nutzer zu einer möglichst langen Verweildauer zu animieren. Dabei schrecke die Branche auch nicht vor Methoden zurück, die man so eher aus der Glücksspielbranche kenne, warnt Natasha Schüll. Sie hat das Buch „Addicted by Design“ über Glücksspielsucht geschrieben und vergleicht die Mechanismen, mit denen soziale Medien Nutzer anlocken, mit der Funktionsweise eines Einarmigen Banditen.

Ewiger Kreislauf: Unsicherheit, Erwartung, Reaktion
 
Schüll erklärt: Im Grunde funktioniere Social Media so, dass der Nutzer in einen Kreislauf aus Unsicherheit, Erwartung und Reaktion gesogen wird. Mit der Unsicherheit meint sie die Befürchtung, etwas verpasst zu haben, wenn wir nicht regelmäßig ins soziale Netzwerk unseres Vertrauens schauen. Die Erwartung haben wir, wenn wir dann durch unsere Nachrichtenfeeds und Timelines scrollen. Wir hoffen auf interessante Neuigkeiten, neue Fotos und alles Mögliche. Bei dem, was Psychologen als Reaktion bezeichnen, handelt es sich schließlich um eine Art Belohnung für unsere Psyche - etwa ein „Gefällt mir“ für einen Beitrag oder ein paar nette Worte eines Online-Kontakts.

(Bild: stock.adobe.com)

Aus Gewohnheit entsteht womöglich Sucht
 
„Die Belohnungen sind das, was Psychologen als variable Verstärkungsfaktoren bezeichnen und der Schlüssel, wieso wir immer wieder auf den Bildschirm schauen“, erklärt Mark Griffiths von der Universität Nottingham Trent. Aus dieser Schleife aus Unsicherheit, Erwartung und Reaktion entsteht also Gewohnheit. Und bei vielen Menschen entsteht aus Gewohnheit mit der Zeit so etwas wie Sucht. Ein erstes Anzeichen für so eine Sucht ist laut Psychologen, wenn allein der Gedanke an soziale Medien zu psychologischen oder gar physischen Reaktionen führt - etwa, dass wir ein vibrierendes Smartphone in der Tasche spüren, obwohl da gar nichts vibriert hat.

Des einen Sucht ist des anderen Gewinn
 
Was bei den Nutzern zu Phantomvibrationen in der Hosentasche führt, lässt derweil bei Facebook und anderen sozialen Medien die Kassen klingen. Laut jüngster Geschäftszahlen aus dem ersten Jahresviertel nutzen mittlerweile 2,2 Milliarden Menschen auf der Welt zumindest einmal im Monat Facebook. Die Zeit, in der sie dort Werbung begutachten und Daten hinterlassen, hat im Vierteljahr zwölf Milliarden US-Dollar Umsatz generiert. Und zwar trotz des größten Skandals, der das soziale Netzwerk in seinem vierzehnjährigen Bestehen je erschüttert hat.

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