Der Gauleiter floh, der Grazer Oberbürgermeister wurde erschossen - im Mai 1945 fand das Nazi-Regime auch in Graz ihr Ende. Die Absicht, Graz um jeden Preis gegen die Alliierten zu verteidigen, wurde zum Glück nicht in die Tat umgesetzt. Die Rote Armee marschierte ohne Widerstand ein.
Als die deutsche Wehrmacht im März 1938 kam, wehte auf dem Grazer Rathaus schon seit Wochen die Hakenkreuzfahne. Die Sehnsucht nach den Nazis war groß - Adolf Hitler dankte es Graz noch 1938 mit der Verleihung des zweifelhaften Titels „Stadt der Volkserhebung“.
Bis 1945 sollte der Nazi-Spuk dauern.
Minen im Stadtpark
„In der Nacht vom 8. auf den 9. Mai 1945 rückte die Rote Armee über die Ries kampflos in Graz ein“, so der Grazer Stadthistoriker Karl A. Kubinzky. Obwohl zuvor Minen gelegt (auch im Stadtpark), Panzersperren um den Schloßberg errichtet und Durchhalteparolen ausgegeben worden waren, gab es keine Schlacht um Graz. Noch in den ersten Maitagen wollte Gauleiter Siegfried Uiberreither die Stadt freilich noch um jeden Preis verteidigen.
Am 2. Mai heulten in Graz zum letzten Mal die Luftschutzsirenen, am 6. Mai wurde der Zusammenbruch der deutschen Wehrmacht bei einem großen Treffen in Graz von General Julius Ringel eingeräumt. Am 7.Mai floh der Gauleiter aus Graz - er lebte, so Kubinzky, bis er 1984 verstarb, offenbar unbehelligt als Friedrich Schönharting in Bayern. Offiziell hieß es, er sei in Argentinien. Kubinzky: „Die für Graz entscheidende Kapitulation erfolgte am 8. Mai um 23.01 Uhr, mit Wirkung 9. Mai um 0.15 Uhr.“
Ganz friedlich ging der Übergang aber nicht über die Bühne. Angehörige der SS beschossen das Rathaus, in dem sich Antifaschisten befanden. Der Grazer Oberbürgermeister, SS-Obersturmführer Julius Kaspar, wurde von Unbekannten auf der Flucht erschossen. Auf dem Hauptplatz drohte ein Aufstand griechischer Zwangsarbeiter. Kubinzky: „In den Tagen vor der Kapitulation nahm die Zahl der Verhaftungen und Hinrichtungen zu.“
Erst Russen, dann Briten
Noch am 8. Mai übergab die NS-Stadtverwaltung die Stadt an Bürgermeister Engelbert Rückl und seinen Stellvertreter Eduard Speck. Rückl war schwer krank - nach bloß einer Woche im Amt übergab er es an Speck.
Die Rote Armee blieb nur bis 23. Juli. Kubinzky: „Der Jubel der Grazer auf dem Jakominiplatz sorgte für eine gefährliche Stimmung.“ Am Morgen des 24. rückten die Briten an.
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