Nichts Geringeres als die Erschaffung der Welt und die Entstehung der Völker basierend auf den Texten des Alten Testaments zeigen Regisseur Volker Hesse und sein Team im leergeräumten Schauspielhaus. Das Publikum ist mitten im Geschehen, bleibt aber bei diesem Bibelspektakel im 80er-Jahre-Outfit oft außen vor.
Es beginnt interessant: Man muss all seine Taschen und Jacken an der Garderobe abgeben und wird über den Hintereingang auf die Bühne geführt. Dort erwarten einen kleine Podien, auf denen mehrere zufällig gewählte Zuschauer gleichzeitig Passagen aus dem Buch Genesis vorlesen dürfen. Ein artistisch gelöster Brudermord in luftigen Höhen beeindruckt, bevor eine optisch etwas schwachbrüstige Sintflut auf der Drehbühne auf Noah überleitet, und schließlich der Raum zum Turmbau von Babel geöffnet wird. Dann darf jeder auf unbequemen Pappkarton-Hockern Platz nehmen und sich die Geschichten des Alten Testaments von Abraham und Isaak über Esau, Jakob und Josef bis hin zu Moses, David, Hiob und schließlich noch das Hohelied Salomons vorspielen lassen. Die Hocker sind gleichzeitig auch Podeste für die Schauspieler, von denen sie ihre Texte deklamieren (Ausstattung: Staphan Mannteuffel). Das alles erinnert ein wenig an die Ursprünge des christlichen Theaters, wo die Bibel dem leseunkundigem Volk szenisch aufbereitet wurde.
Zurück in die 1980er-Jahre
Hesses Regieeinfälle scheinen aus den 1980er-Jahren zu stammen: Damals, als man die Guckkastenbühne hinter sich ließ, Video-Projektionen als theatrales Mittel entdeckte und das Publikum zum Mitspieler machte. Die Projektionen (Videos: rocafilm) erzeugen mitunter schöne Bilder, wie etwa die Szene zwischen Moses und dem Pharao oder der Getreide-Goldregen, oft sind sie aber auch sehr plakativ und versuchen mit Gewalt einen Bezug zur gegenwärtigen Situation im Pulverfass Naher Osten herzustellen.
Ungeheure Energie und rasantes Tempo
Das Ensemble - Gerhard Balluch, Oliver Chomik, Mercy Dorcas Otieno, Daniel Doujenis, Pascal Goffin, Julia Gräfner, Benedikt Greiner, Maximiliane Haß, Lena Kalisch, Florian Köhler, Werner Strenger und Anna Szandtner - spielt sich gemeinsam mit fünf Musikern mit ungeheurer Energie und großem Einsatz durch den Abend, schafft es dennoch nur bedingt - auch durch das rasante Tempo, mit dem hier die Ursprünge unserer Kultur erzählt werden - die Zuschauer zum Mitmachen zu animieren.
Wer also einen unterhaltsamen, wenn auch nicht immer kurzweiligen, etwa dreieinhalb Stunden dauernden Crashkurs durch das Alte Testament erleben möchte, und die Rückenschmerzen in Kauf nimmt, der ist hier goldrichtig.
Infos und Karten gibt es hier
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