Georg Kapsch, Präsident der Industriellenvereinigung (IV) Österreich, sprach mit der „Krone“ über Facharbeitermangel, Migrationsphobie, 12-Stunden-Arbeitstag, Bundesregierung und warum sich die Tiroler Gebietskrankenkasse nicht mit jener in Wien vergleichen lässt.
Seit 2012 ist Georg Kapsch, Magister der Betriebswirtschaft, Präsident der österreichischen Industriellenvereinigung. Der 59-Jährige, der in seinem „Brotberuf“ Vorstand der Kapsch AG mit mehr als 7200 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 1,1 Milliarden Euro ist, ist bekannt dafür, dass er sich kein Blatt vor den Mund nimmt und die Dinge beim Namen nennt. Anlässlich der Vollversammlung der Tiroler IV traf die „Krone“ Kapsch zum großen Interview.
„Bundesregierung muss Ankündigungen auch umsetzen“
Mit der aktuellen Situation der Industrie ist er zufrieden. „Für heuer wird ein Wachstum von 2,8 bis 3,2 Prozent prognostiziert. 70 Prozent davon ist auf die Industrie zurückzuführen. Wir können daher mit Stolz behaupten, dass die Industrie der Wachstumstreiber im Land ist “, betont Kapsch. Zufrieden ist er auch mit der neuen Bundesregierung: „Die Ankündigungen - Stichwort Steuern und Abgaben senken, Reformen - klingen gut. Jetzt müssen diese umgesetzt werden. Ich bin aber zuversichtlich.“
„Uns fehlen 10.000 Facharbeiter“
Bauchweh bereitet ihm der Facharbeitermangel. „Das wird nach wie vor unterschätzt. Alleine heuer fehlen uns 10.000 Fachkräfte“, sagt Kapsch. Sein Vorschlag: Asylwerber sollen eine Lehre machen und - nach deutschem Vorbild - nach der dreijährigen Lehre zumindest noch zwei weitere Jahre im Land arbeiten dürfen! „Zu wenige Mitarbeiter sind ein Wachstumshemmnis. Wir brauchen daher eine strategische Zuwanderungspolitik. Die Migrationsphobie, die es im Land gibt und die durch nichts begründet ist, muss endlich abgebaut werden“, sagt der IV-Chef.
„Lohnnebenkosten auf 22 Prozent senken“
Stichwort Steuern- und Abgaben-Entlastung: „Wir müssen bei den Lohnnebenkosten auf das Niveau von Deutschland kommen - auf 22 Prozent. Wir liegen da um vier Prozent darüber.“ Einsparungspotenzial sieht er unter anderem beim AUVA-Beitrag. „Wir sind nicht für die Abschaffung der AUVA, doch es muss hier Einsparungen geben und eine Entlastung bei den Beiträgen“, erklärt Kapsch. Die AUVA wird zu 100 Prozent aus Arbeitgeber-Beiträgen finanziert. 90 Prozent der Unfälle sind aber Freizeitunfälle - hier müsse man sich auch noch etwas überlegen.
„Eine Krankenkasse für Österreich reicht“
Sparmöglichkeiten ortet er auch bei den Krankenkassen. „Eine Krankenkasse für ganz Österreich reicht völlig aus. Ich habe null Verständnis, dass die Länder an ihren Kassen festhalten. Das ist eine Bundesangelegenheit!“ Das Argument, dass die Kassen im Westen besser wirtschaften als jene im Osten, lässt Kapsch nicht gelten: „Die Vergleiche sind nicht zulässig, denn es gibt große Strukturunterschiede zwischen den Ländern. Die Kasse in Vorarlberg tut sich leichter als jene in Wien. Eine Harmonisierung der Leistungen muss es aber auf jeden Fall geben!“
12-Stunden-Tag notwendig
Im Bereich der flexiblen Arbeitszeiten hat der IV-Präsident auch seine konkreten Vorstellungen. „Ja, wir sind für einen 12-Stunden-Tag. Aber wir rütteln deswegen nicht am generellen 8-Stunden-Tag. Wenn es Arbeit gibt, soll diese gemacht werden dürfen. Das ist auch im Sinne der Mitarbeiter. Und natürlich wird jede Überstunde abgegolten“, betont Kapsch. Er versteht daher die ÖGB-Kampagne nicht. „Die zielt völlig ins Leere! Die Jahresarbeitszeiten bleiben gleich. Es muss aber möglich sein, zwölf Stunden am Tag arbeiten zu dürfen. Um die Spitzen abdecken zu können.“
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