Der neue US-Botschafter in Österreich, Trevor Traina (50), spricht mit Conny Bischofberger über Kindheitserinnerungen an Wien, Blüten-Mosaike von Klimt, sein Naheverhältnis zur „First Family“ und den amerikanischen Traum.
Die Residenz des amerikanischen Botschafters in Wien-Hietzing. Security-Check, bitte Pässe abgeben! Eine Treppe führt an Blumengärten vorbei zur Bauhaus-Villa mit Park und Pool. Trevor Traina und seine Frau stehen zwischen US- und EU-Flagge vor einer Treppe, ein altes Foto in einem silbernen Rahmen zeigt Trevors Großeltern an genau derselben Stelle. „Es ist ein bisschen wie eine Heimkehr“, sagt Traina, der schon als Kind in diesem Haus gespielt hat - sein mittlerweile verstorbener Großvater war Botschafter von 1975 bis 1977 unter Präsident Gerald Ford. Nun schließt sich der Kreis.
„Krone“: Herr Botschafter, so lange hat es noch nie gedauert, bis die USA einen Vertreter nach Österreich entsandt haben. Stand es vielleicht auf der Prioritätsliste Ihres Präsidenten nicht ganz oben?
Trevor Traina: Ob Sie es glauben oder nicht, aber in meinem Fall ist es sogar sehr schnell gegangen. Auch weil die Entscheidung einstimmig war - jeder Demokrat, jeder Republikaner hat für mich gestimmt. Viele andere Länder warten noch immer auf einen Botschafter. Es ist einfach ein langes Prozedere, beginnend mit der Vorauswahl, gefolgt von der Anhörung vor dem Senat und der Abstimmung. Der Präsident weiß sehr wohl, dass Österreich eine Schlüsselstelle zu einem großen Teil von Europa ist, ein Standort multilateraler Diplomatie. Ich denke, Österreich ist sogar der Geburtsort der Diplomatie.
Sehen Sie sich als Überraschungskandidat? Eigentlich hätte doch der bekennende „Sound of Music“-Fan Patrick Park Botschafter werden sollen …
Ich war der einzige nominierte Kandidat und ich könnte gar nicht glücklicher sein. Es ist fantastisch, in Österreich arbeiten zu dürfen.
Also hat Park sich selbst ins Spiel gebracht?
Ich kann nur wiederholen, dass ich der einzige Kandidat war.
Wir sitzen im Raum, in dem einst John F. Kennedy mit Kreml-Chef Nikita Chruschtschow Friedensgespräche geführt hat und Liz Taylor eine ihrer Verlobungen bekannt gegeben hat. Das Ehepaar Traina hat die Wände mit Blüten-Mosaiken von Gustav Klimt bemalen lassen und Jugendstil-Möbel zugekauft. Das Ambiente soll durch und durch österreichisch werden.
Wenn man Ihren Lebenslauf liest, passen Sie - philanthrop, kunstbeflissen, gebildet, elegant - eigentlich gar nicht zum Image des US-Präsidenten. Wie kam es dazu, dass er Sie ausgewählt hat?
Ich bin wie er Unternehmer und Sie haben recht, ich habe viele Interessen. Aber mein primärer Fokus liegt auf Wirtschaft und Technologie. Ich habe bereits sehr viele Verbindungen zu Österreich und natürlich war auch bekannt, dass bereits mein Großvater amerikanischer Botschafter in Österreich war.
Glauben Sie, dass dem Präsidenten ein so kleines Land wie Österreich überhaupt wichtig ist?
Sogar sehr. Ich hoffe, dass meine Berufung als Ausdruck der Wertschätzung und des Engagements des Weißen Hauses gesehen wird.
Wie ist Ihr Verhältnis zu Donald Trump? Sind sie „best friends“?
Ich bin seit meiner Kindheit mit Ivanka Trump befreundet, der Tochter des Präsidenten. Durch sie kenne ich die „First Family“ und habe großen Respekt vor dem Präsidenten und seinem Fokus auf Wirtschaft. Er ist eine Führungspersönlichkeit, die mich als Unternehmer sehr anspricht.
In „Fire and Fury“, der unautorisierten und nicht gerade schmeichelhaften Biografie über ihn, wird über seinen Führungsstil gelästert. Arbeiten Sie gerne für Trump?
Ich habe „Fire and Fury“ nicht gelesen. Trump ist ein „Dealmaker“. Das schätze ich und davon können beide Seiten profitieren. Österreich hat eine unglaubliche Wirtschaft, Amerika hat eine unglaubliche Wirtschaft und beide wachsen schneller als andere Wirtschaften. Wenn ich mir unsere Partnerschaft anschaue, denke ich, dass wir noch viel mehr gemeinsam schaffen können. Das ist mein Zugang: Wie können die USA und Österreich noch enger zusammenarbeiten? Amerika kauft nach Deutschland schon jetzt die meisten österreichischen Produkte ein, Tendenz steigend.
Werden Sie „Fire and Fury“ noch lesen?
Ich glaube nicht, dass ich außer meinen E-Mails noch Zeit haben werde, etwas anderes zu lesen. Wenn ich am Ende des Tages noch zehn Minuten übrig habe, dann sind diese für meine Frau reserviert.
Der Botschafter lächelt seiner Frau zu, er trägt „casual“ - Levis-Jeans und ein dunkelblaues Hemd. Mrs. Traina hat sich zum Interview dazugesetzt und hört aufmerksam zu.
Sie haben Donald Trumps Wahlkampagne auch finanziell unterstützt. Sind Sie vielleicht dafür mit dem Posten des Botschafters belohnt worden?
Ich denke eher, dass andere Dinge ausschlaggebend waren: meine Beziehung zu Ivanka, mein wirtschaftlicher Background und meine Verbindungen zu Österreich.
Also nicht das Geld?
Ich denke, es waren die Qualifikationen.
Die Beziehungen zwischen den USA und der EU - Stichwort Iran-Atomwaffenabkommen und Strafzölle - haben sich sehr verschlechtert, seit Trump Präsident ist. Macht Ihnen das Sorgen?
In jeder Beziehung gibt es Reibungspunkte. Aber diese Punkte zeigen nicht einmal annähernd das ganze Bild. In meinen Augen funktioniert die Beziehung zwischen den USA und der EU sehr gut. Auch unsere beiden Länder arbeiten eng zusammen, nicht nur auf staatlicher Ebene, wo sich die Administration den transatlantischen Beziehungen sehr verpflichtet fühlt, sondern auch im kulturellen Bereich. Wir hatten zum Beispiel in San Francisco gerade eine Klimt-Ausstellung in unserem Museum, die von Max Hollein organisiert wurde. Dieser Österreicher wird in Zukunft bekanntlich das berühmteste Museum der Welt, das Metropolitan Museum of Art in New York, leiten.
Eine Stunde vor unserem Interview hat Donald Trump das Treffen mit dem nordkoreanischen Machthaber abgesagt, am Tag darauf ist er wieder zurückgerudert. Traina soll Kim Jong Un schon einmal getroffen haben, als er mit seinem Audi R8 an einer Rallye von San Francisco nach Peking teilnahm und in Pjöngjang Zwischenstation machte.
Sie haben - Stichwort Nordkorea - Donald Trump etwas voraus …
Nein, leider nicht. Es wäre interessant gewesen, Kim Jong Un zu treffen. Ich war zwar in Nordkorea, aber wir wurden von keinen Regierungsmitgliedern begrüßt. Einer der Teilnehmer der Rallye war übrigens David Hasselhoff.
Denken Sie, dass das Treffen zwischen Kim Jong Un und Donald Trump doch noch zustande kommt?
Das kann ich nicht sagen. Wir haben aber alle das gleiche Ziel: die Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel.
Könnte so ein Treffen die Welt verändern?
Wenn Nuklearwaffen aus einer instabilen Region der Welt abgezogen werden, bedeutet das immer einen Fortschritt für die ganze Welt.
Auf dem Tisch liegt das Fotoalbum seiner privaten Welt. Bilder mit seinen Großeltern und dem jüngeren Bruder. Bilder aus einer Zeit, in der der IT-Millionär ein kleiner Bub war. Das erste Land, das Trevor bereiste, war Österreich.
Sie haben als Gründer von IT-Unternehmen Millionen verdient. Wird Österreich von Ihren Kontakten im Hightech-Bereich profitieren?
Ich hoffe, dass meine Anwesenheit interessante Leute nach Österreich bringt, dass mein Hintergrund als Technologieunternehmer dem Land neue Chancen eröffnen wird. Der Technologieboom ist die aufregendste Dynamik der gesamten Wirtschaft. Kalifornien und das Silicon Valley sind das Epizentrum der technologischen Revolution. iPad, Tesla, Google, Uber, Airbnb: Die Innovationen aus Kalifornien sind um die Welt gegangen.
Glauben Sie an den „American Dream“?
Mit jeder Faser meines Herzens. Ich denke, ich bin selbst ein Ergebnis des amerikanischen Traums.
Was bedeutet Geld für jemanden, der so wohlhabend ist wie Sie?
Ich spreche lieber von Erfolg. Und wenn Sie fragen, was mir viel bedeutet, dann ist das Kunst. Sie wissen, dass ich Kunstsammler bin und ich werde auch einen Teil meiner Sammlung nach Wien bringen. Das ist meine große Leidenschaft. Weiters sind meine Frau und ich auch in der Weinindustrie aktiv, wir haben Weingüter im Napa Valley und damit verbinden wir das Geschäft mit dem Vergnügen. Man könnte also sagen, dass ich unternehmerischen Erfolg mit künstlerischem Erfolg verbinde.
Wäre Ihr Großvater heute stolz auf Sie?
Ja, ich denke schon. Er hat mir Österreich in den 70er-Jahren gezeigt. Ich habe Wien als fast magisch in Erinnerung und bin bei meiner Rückkehr nicht enttäuscht worden. Ich sehe heute noch die Spanische Hofreitschule vor mir, die Museen, das Essen, unsere Ausflüge nach Salzburg. Ich fühlte mich wie ein Kind im „Candy Store“. Und ich habe von meinem Großvater Diplomatie gelernt.
Und von Ihrer Großmutter?
Wir haben dieses Jahr ihren 100. Geburtstag gefeiert, es geht ihr blendend. Ich habe von ihr einige lustige deutsche Ausdrücke gelernt, die ich sicher falsch aussprechen werde. „Raus mit dem ganzen Klumpert!“ Und „Ach, du lieber Gott!“ Das ruft sie heute noch, wenn ihr etwas runterfällt. Der Garten, den wir von hier aus sehen, ist noch immer so schön wie damals. Meine Großmutter hat sich um die Blumen gekümmert. Ich habe hier Ball gespielt und die Wachen gefragt: „Sprechen Sie Deutsch?“ Sie antworteten mit strenger Miene: „No!“ Ich hatte ein bisschen Angst vor ihnen, weil sie bewaffnet waren.
Trevor Traina zeigt uns ein Bild von Ruth Buchanan auf seinem iPhone. Dann gibt er noch ein paar Brocken Deutsch zum Besten, rollt die Augen zum Akzent. Die Mitarbeiter der Botschaft klatschen. Trevor Traina ist ohne Zweifel auch ein Entertainer.
Worauf freuen Sie sich am meisten in Ihren nächsten Jahren in Österreich?
Ich habe mir vorgenommen, jedes Bundesland zu besuchen, denn natürlich ist Österreich viel mehr als nur Wien. Wir lieben es, Menschen kennenzulernen. Im Juni kommen unsere Kinder nach und unsere Hunde, „Tony“, „Honey“ und „Snoopy“. Meinem Sohn gehört „Honey“, meiner Tochter „Snoopy“. Wir freuen uns auch, die guten österreichischen Weißweine zu kosten. Ich sage immer: Gott wollte, dass unsere zwei Länder befreundet sind, denn er gab Österreich die besten Weißweine und Amerika die besten Rotweine.
Mister Traina, Ihre Firma ifonly.com verkauft Treffen mit Prominenten, ein Teil des Honorars muss für wohltätige Zwecke gespendet werden. Wer von Österreichs Prominenten käme dafür infrage?
Es war meine Firma, aber mittlerweile haben wir einen neuen CEO. Für mich kommen die Berühmtheiten vor allem aus der Kunstwelt. Also etwa der Direktor der Albertina oder des Kunsthistorischen Museums. Und dann natürlich eure Chefköche. Wir freuen uns schon sehr, die Restaurantszene in Wien zu erforschen.
Was ist denn Ihre österreichische Lieblingsspeise?
Würstel! Und Mehlspeisen. Das wird, so fürchte ich, schon sehr bald Auswirkungen auf meine Taille haben.
IT-Millionär und Kunstmäzen
Geboren am 16.5.1968 in San Francisco. Der Vater John Traina war Reeder, die Mutter Diane „Dede“ Wilsey Philantropin. Ein jüngerer Bruder (Filmproduzent). Nach dem Studium in Princeton, Oxford und Berkeley gründet Traina mehrere Tech-Unternehmen. Der Kunstsammler saß in Gremien renommierter Museen. Verheiratet mit Alexis, das Paar hat zwei Kinder (John ist elf, Delphina neun). Trainas Großvater Wiley T. Buchanan war Protokoll-Chef von US-Präsident Dwight D. Eisenhower und von 1975 bis 1977 US-Botschafter in Österreich.
Conny Bischofberger, Kronen Zeitung
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