Nach Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat sich am Sonntag auch Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) besorgt über steigende Flüchtlingszahlen geäußert. Die Fluchtroute am Westbalkan verschiebe sich von Mazedonien und Serbien in Richtung Albanien, Montenegro und Bosnien-Herzegowina. „Derzeit versammeln sich etwa 30.000 bis 40.000 Flüchtlinge am Balkan“, so Kneissl. Die Regierung werde sicherstellen, dass es keine unkontrollierten Grenzübertritte von Flüchtlingen geben werde. Niemand habe ein Interesse daran, dass sich die Situation von 2015/16 wiederhole.
In der ORF-„Pressestunde“ verwies Kneissl darauf, dass das Problem nur in Kooperation mit den betroffenen Ländern zu lösen sei. Innenminister Kickl stehe deshalb mit seinen Kollegen in Kontakt, es gehe vor allem um eine exekutive Zusammenarbeit. Bei ihren eigenen Kontakten als Außenministerin mit ihren Kollegen gehe es vor allem um die Rückübernahme von nicht anerkannten Flüchtlingen, erläuterte Kneissl.
In ihrer Funktion als Integrationsministerin wies Kneissl Vorwürfe zurück, dass die Regierung in diesem Bereich nicht genügend tue. Sie versicherte auch, dass das Budget für die Werte- und Orientierungskurse sowie für die Sprachkurse auf A1-Niveau für Flüchtlinge gesichert sei.
„Kopftuchverbot zum Schutz der Mädchen“
Das geplante Kopftuchverbot für Mädchen im Kindergarten und in der Volksschule verteidigte Kneissl. Dabei gehe es vor allem um den Schutz der Mädchen. Die Hauptlast der Kontrolle dürfe aber nicht bei den Lehrerinnen oder den Kindergärtnerinnen liegen.
Kritisch äußerte sich die parteifreie, von der FPÖ nominierte Ministerin über die rechtsextreme Zeitschrift „Aula“. Dass Österreichs Song-Contest-Teilnehmer Cesar Sampson dort als „Quotenmohr“ bezeichnet wurde, bezeichnete sie als „fatal und schlimm“. Sie unterstützte Infrastrukturminister Norbert Hofer, der allen FPÖ-Politikern mit dem Ende der Parteikarriere drohte, wenn sie weiter in der „Aula“ schreiben.
„Mehr als bedenklich“ und „schade“ findet Kneissl antisemitische Äußerungen in Burschenschaften. FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache nahm sie dabei ausdrücklich in Schutz. In keinem einzigen Gespräch mit ihr habe Strache auch nur einen Hauch von Antisemitismus erkennen lassen, betonte Kneissl, die auch daran erinnerte, dass der Parteichef auf dem Akademikerball eine klaren Trennstrich zu solchem Gedankengut gezogen habe.
Mit dem Binnen-I hat Kneissl so wie die FPÖ auch keine Freude. Sie findet, dass dies die Lesbarkeit erschwere. Gleichzeitig betonte die Außenministerin aber, dass es in ihrem Ressort eine geschlechterneutrale Sprache gebe.
Iran-Atomabkommen soll gerettet werden
Das Atomabkommen mit dem Iran soll laut Kneissl ungeachtet des Ausstiegs der USA gerettet werden. Sie verwies darauf, dass sich nach dem Alleingang von US-Präsident Donald Trump alle anderen Vertragspartner des Atomdeals wie auch alle EU-Staaten klar für die Beibehaltung des Abkommens ausgesprochen haben. Und sie ergänzte völkerrechtliche Bedenken: Ein Ausstieg aus dem Deal „hat gewaltige Auswirkungen auf unsere Glaubwürdigkeit, dann ist ein Vertrauensverlust in Verträge grundsätzlich gegeben“.
Trump „immer erratischer“
Den Auslöser dieser und anderer Krisen, Donald Trump, sieht Kneissl als „Kind seiner Zeit“, der „vieles rein privatwirtschaftlich denkt“. Allerdings könne man Weltpolitik „nicht wie der Chef eines Familienkonzerns“ gestalten. Man habe gehofft, dass sich Trump „durch einen guten Beraterstab“, den es zu Beginn auch gegeben habe, „an die Verhältnisse anpassen würde“. Mittlerweile werde der US-Präsident, „vielleicht nicht nur aus sich heraus“, sondern aufgrund der von ihm durch immer mehr Hardliner veränderten Beraterriege „immer erratischer“.
Italienische Regierung „an Taten messen, nicht an Worten“
Angesichts der mit großen Anlaufschwierigkeiten kämpfenden neuen italienischen Regierung aus der fremdenfeindlichen Lega und der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung teilt die Außenministerin zwar die Sorgen anderer EU-Staaten, will sie aber unter Zitierung ihrer Regierungskollegin, Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP), „an ihren Taten messen, nicht an ihren Worten“. Die Mitglieder der neuen Regierung in Rom, über die dort derzeit noch gestritten wird, seien letztlich „alles erwachsene Menschen“, mit denen man „auf einer erwachsenen Ebene“ arbeiten werde, um „ein Miteinander in den internationalen Beziehungen zu erreichen“.
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