Das Geschäft mit der Weiterbildung von Arbeitslosen ist ein äußerst lukratives, wie der Blick hinter die Kulissen der Kursanbieter deutlich macht. Nach fragwürdigen Auftragsvergaben, schwer zu erreichenden Quotenregelungen bei den erfolgreichen Jobvermittlungen und Arbeitslosen als „Trendopfern“ berichtet ein früherer Kursleiter im dritten und letzten Teil unserer AMS-Serie von vollgestopften Kursen und was es mit den vielen „Kurstouristen“ auf sich hat.
Im dritten Teil unserer AMS-Serie erklärt der Insider, der bis vor Kurzem Kurse für Arbeitslose bei mehreren Weiterbildungsinstituten leitete, die Quotenvereinbarungen zwischen AMS und den Kursanbietern. Seine Kritik: „Leute werden genommen, weil es eben Geld bringt.“ Was die Praxis bei den Instituten betrifft, weiß der Ex-Trainer: „Da gibt es Infotage (wovon ich auch viele geleitet habe), wo dann mehr Menschen vom AMS ‚zugebucht‘ werden als überhaupt aufgenommen werden können. Wenn man dann nach Einzelgesprächen versucht, überzählige Teilnehmer nach Sinnhaftigkeit wieder zum AMS zurückzuschicken, dann ist es praktisch immer so, dass viele unter ihnen sind, die wir nehmen mussten, da diese mit dem Vermerk ‚Übertrittsgefährdet‘ betitelt wurden.“
„Übertrittsgefährdet“ bedeutet, dass die Betroffenen kurz vor dem Status „Langzeitarbeitslos“ sind und zwecks Statistikbereinigung aufgenommen werden müssen, erklärt der erfahrene Trainer. „Die meisten sind dann sogenannte Kurstouristen, wie wir sie nannten. Das bedeutet, dass diese oft schon ein oder zwei Kurse hatten und oftmals demotiviert, unwillig waren, das oft auch kundtaten, aber eben über die Wochen in den Kursen mitgezogen werden müssen.“
Hälfte der Teilnehmer sind „Kurstouristen“
Ernüchterndes Fazit: „Von durchschnittlich zehn bis 15 Teilnehmern pro Kursgruppe kann ich bestätigen, dass etwa gute 40 bis 50 Prozent solche Menschen sind, die eigentlich demotiviert und für diese Kurse absolut ungeeignet sind.“ Damit nicht genug, würden die Institute oft auch noch von AMS-Beratern weitere Teilnehmer ‚zugebucht‘ bekommen, „die wir aus welchen Gründen auch immer aufnehmen mussten, auch wenn diese selbst das nicht wollten. Eben weil der Berater meinte, dass dieser Teilnehmer oder diese Teilnehmerin jetzt endlich einmal einen Kurs machen muss.“
Auch mit „Beinahe-Kursabbrechern“ verdienen die Bildungsinstitute übrigens ihr Geld. Als Kursabbrecher gilt offiziell, wer drei Viertel der Schulungszeit, etwa aus Krankheitsgründen, nicht anwesend war. In solchen Fällen stehe den Instituten nur der aliquote Anteil des Geldes für den Teilnehmer zu - weshalb oftmals um jeden Preis versucht werde, die Menschen in den Kursen zu halten.
So könne ein Teilnehmer, der sich „ruhig verhält“ und nur an vier Tagen eines fünf Wochen langen Kurses anwesend war, dennoch erfolgreich abschließen. Als „Abbrecher“ würden letztlich nur jene rausfliegen, die sich auffällig verhalten und bei - wenn auch seltener - Anwesenheit die anderen Teilnehmer stören würden. Und alles nur, um für das Bildungsinstitut auch aus unwilligen, um nicht zu sagen bildungsresistenten, Teilnehmern möglichst viel Geld herauszuquetschen …
Lesen Sie auch Teil eins und zwei unserer Serie über das AMS: Das lohnende Geschäft mit den AMS-Kursen und „Trendopfer“: Arbeitslose als Geschäftsmodell
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