Bei Visite in Israel
Bundeskanzler Kurz an der Klagemauer in Jerusalem
Jeder Tourist, der Israel besucht, kommt hierher: Die Klagemauer in Jerusalems Altstadt, die vor 2000 Jahren als Teil der Befestigung des Areals rund um den zweiten jüdischen Tempel diente, ist Israels meistbesuchter Ort. Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat im Zuge seines dreitägigen Staatsbesuchs in Israel am Sonntag die Klagemauer besucht. Sie zählt zu den heiligsten Stätten des Judentums - und gilt als heikler Ort der internationalen Politik. Weil ein offizieller Besuch als eine Anerkennung der israelischen Souveränität über die Altstadt Jerusalems gewertet werden würde, hatte US-Präsident Donald Trump im Vorjahr die Klagemauer als erster amtierender Mann im Weißen Haus offiziell nur „privat“ besucht.
Zur Frage nach einer möglichen Botschaftsverlegung von Tel Aviv nach Jerusalem sagte Kurz am Sonntag: „Wir wünschen uns, dass es eine Lösung am Verhandlungstisch gibt. Wenn es die gibt, dann steht auch einer Botschaftsverlegung nichts im Wege. Derzeit ist das aber kein Thema.“
Die Tatsache, dass Kurz bei seiner dreitätigen Israel-Reise die palästinensischen Gebiete nicht besucht, will der Bundeskanzler als „kein Signal, was unsere Politik betrifft“ verstanden wissen. Die Reise im Gedenkjahr und vor der Übernahme des EU-Ratsvorsitzes am 1. Juli habe aber „einen anderen Fokus“. Man wolle selbstverständlich die „guten Kontakte“ zu den Palästinensern aufrechterhalten. Kurz sagte zu, Ramallah wieder besuchen zu wollen. Zuletzt war er dort vor rund zwei Jahren - damals als Außenminister.
Kritik an FPÖ: Kurz versteht „Emotionen“
Einen „ausgesprochen guten Kontakt“ habe er auch zu Netanyahu, erklärte Kurz angesprochen auf den israelischen Boykott von FPÖ-Ministern. Dies sei eine „Entscheidung Israels, die wir respektieren“. Zur Kritik in Bezug auf antisemitistische Vorfälle bei der FPÖ, die Deborah Hartmann während einer Führung in Yad Vashem geäußert hatte, sagte Kurz: Er verstehe, dass es „Emotionen“ gibt, die Linie von Yad Vashem sei aber eine andere. Niemand werde in Yad Vashem ausgeschlossen.
Kurz erzählte, dass er bei seinem ersten Besuch in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem mit einem sehr emotionalen Auftritt eines Mannes konfrontiert war, der alle Österreicher als Mörder bezeichnet habe. Als Bundeskanzler sei er überrascht, wie freundlich er - trotz der historischen Verantwortung Österreichs - in Israel empfangen worden sei. Schon im Flugzeug nach Tel Aviv: Er habe noch nie erlebt, dass ihn so viele Menschen freundlich begrüßten.
Bei einem Treffen mit Holocaust-Überlebenden sprach der Bundeskanzler ihnen eine Einladung nach Österreich aus. Kurz wies außerdem auf die positiven Erfahrungen von Jugendaustäuschen hin. Diese seien der Garant dafür, „dass Freundschaft wächst“.
„Wir sind Freund und Partner Israels“
In der EU will Kurz ein Umdenken in Bezug auf Israel anstoßen. Es werde oftmals in Europa die Sicherheitssituation Israels „nicht ausreichend verstanden“. Er wolle das Thema auch während des österreichischen EU-Ratsvorsitzes „auf die Agenda nehmen“, erklärte Kurz. „Wir sind Freund und Partner Israels und das bedeutet auch, das Sicherbedürfnis Israels ernst zu nehmen.“ Die Situation des Landes sei ganz anders als in Europa, wo es friedlich sei. „Ich glaube, dass nicht nur der Kampf gegen Antisemitismus in Europa wichtig ist, sondern dass auch ein ordentliches Bewusstsein für die Situation und die Notwendigkeiten Israels wichtig sind.“
„Es ist legitim, dass die Europäische Union einen besonderen Fokus auf die engere Nachbarschaft hat, aber gerade wenn auf Bomben im Iran ‘Tod Israels‘ geschrieben wird oder Antisemitismus-Wortmeldungen gegen Israel noch immer in der Region auf der Tagesordnung stehen, dann ist das nichts, wo wir als Europäische Union wegsehen dürfen“, betonte der Kanzler. Die Einladung von Israels Premier Benjamin Netanyahu zu einem EU-Gipfel, sei „eine Überlegung“.
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