Im Grazer Straflandesgericht sind am Dienstag zwei Paare zu Strafen knapp unter dem Höchstmaß verurteilt worden. Ihnen wurden die Verbrechen terroristische Organisation und kriminelle Vereinigung sowie Quälen und Vernachlässigen von Minderjährigen vorgeworfen. Sie sind mit ihren Kindern nach Syrien gegangen um sich der Terrororganisation islamischer Staat anzuschließen. Alle waren geständig.
Die beiden Paare - gebürtige Bosnier, aber österreichische Staatsbürger - waren Anhänger eines radikal-islamistischen Glaubensvereines in Graz. Sie lebten mit ihren insgesamt neun Kindern in der Steiermark, beschlossen aber im Dezember 2014, nach Syrien zu ziehen und sich dem IS anzuschließen.
Kleine Kinder mussten grausame Foltervideos schauen
Über die Türkei kamen sie dorthin und bezogen Wohnungen, die ihnen vom IS zugewiesen wurden. „Der IS hat auch Familien gebraucht, um soziale Strukturen aufzubauen“, erklärte der Ankläger. Die Eltern sollen zusammen mit ihren kleinen Kindern grausame Propagandavideos „wie Fußballspiele“ angeschaut haben, das sei „so eine Art Familienunterhaltung“ gewesen, prangerte der Staatsanwalt an.
Die Männer besuchten einen Scharia-Kurs und erhielten eine Kampfausbildung. Als sich in Syrien herausstellte, dass doch nicht alles so rosig war, wie erhofft, flüchteten die beiden Paare im April 2016 in die Türkei, von wo sie nach Österreich abgeschoben und dort sofort verhaftet wurden.
Wiederholt beschrieb der Ankläger auch, dass die Kinder nicht nur Bombenangriffen ausgesetzt waren, sondern sogar die kleinen Mädchen, die damals acht oder neun Jahre waren, bereits einen Niqab, darüber einen Schleier und Handschuhe tragen mussten - bei über 40 Grad Hitze. Dieses Argument ließ einer der Verteidiger nicht gelten. „Viele Wüstenvölker tragen dunkle Kleidung, weil das am besten gegen Sonne schützt“, meinte er.
Alle vier Angeklagten geständig
Alle vier waren zu den Vorwürfen geständig. Ein erstes Urteil erfolgte vor einem Jahr, damals wurden die beiden Männer und die 40-jährige Frau zur Höchststrafe von zehn Jahren verurteilt, die vierte Angeklagte kam mit neun Jahren davon. Der Prozess musste wiederholt werden, weil der Oberste Gerichtshof in der Fragestellung an die Geschworenen eine Ungenauigkeit feststellte. Ein Teil des Urteils wurde sofort rechtskräftig, und zwar die Verurteilung des 39-Jährigen wegen der Ausbildung der Scharfschützen sowie sein Freispruch vom Vorwurf des Mordes.
Im zweiten Prozess wurden nun die Haftstrafen der ersten drei Angeklagten von jeweils zehn Jahren auf neun Jahre und neun Monate (39-Jähriger), neun Jahre und drei Monate (40-Jährige und 50-Jähriger) sowie acht Jahre und drei Monate herabgesetzt. Alle vier kündigten sofort Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab.
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