Walter Meischberger hat es offenbar langsam satt: Der bisher sehr redselige Zweitangeklagte im Buwog-Strafprozess erklärte nach der tagelangen Befragung durch Richterin Marion Hohenecker zu Beginn des 40. Verhandlungstages, dass er die nun anstehenden Fragen der Staatsanwälte nicht beantworten werde. Diesen sei es nie darum gegangen, die Wahrheit zu ergründen, sondern den hauptangeklagten Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, der ab Dienstag befragt werden wird, zu verfolgen, so der ehemalige FPÖ-Generalsekretär und Grassers Trauzeuge. Die Staatsanwälte würden im Auftrag handeln und seien ein „willfähriges politisches Werkzeug“. Sein Schweigegelübde hielt Meischberger dann aber doch nicht ganz ein.
Meischberger las gleich zu Beginn eine Erklärung vor, in der er die beiden Staatsanwälte der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, Alexander Marchart und Gerald Denk, scharf angriff. Er sei von diesen im Verfahren nie persönlich befragt worden, sie hätten nie versucht, sich von ihm ein Bild zu machen und hätten ihm nie eine Frage gestellt. Sie hätten ihm in einer über 800-seitigen Anklage vier Verbrechen unterstellt, die er nicht begangen habe.
Stattdessen sei er von einem anderen Staatsanwalt befragt worden. In den letzten achteinhalb Jahren sei er insgesamt mehr als 300 Stunden lang zu diesem Fall befragt worden. „Ich glaube nicht, dass jemals ein Angeklagter länger in einem Stück vom Gericht befragt wurde.“ Daher werde er die Fragen der Staatsanwälte nicht beantworten, so Meischberger. Sie hätten ihm, Meischberger, in einer über 800-seitigen Anklage vier Verbrechen unterstellt, die er nicht begangen habe. Außerdem sei er schon vor zwei Jahren in einem Verfahren angeklagt und freigesprochen worden.
In den Tagen zuvor waren die abgehörten Telefonate Meischbergers mit Grasser und dem ebenfalls mitangeklagten, aber derzeit verhandlungsunfähigen Immobilienmakler Ernst Karl Plech, Einvernahmen und Meischbergers berühmtes Tagebuch abgearbeitet worden. Dabei musste er Widersprüche erklären und auf die Frage eingehen, wo seine Leistungen waren.
Schweigegelübde gebrochen - und Ermahnung kassiert
Als Staatsanwalt Denk nun am Donnerstag die Notizen in Meischbergers Tagebuch bezüglich der angeblichen „Freimaurer-Connection“ seiner und Grassers Gegner ansprach, fiel Meischberger dann seine zuvor verkündete Zurückhaltung doch schwer: „Sie fragen mich zu meinem Tagebuch, das ich für mich geschrieben habe, nicht für Sie.“ Und ob es Beweise für seine Eintragungen gebe, sei auch völlig irrelevant. „Wenn es Ihnen immer noch nicht zu blöd ist, mich nach Beweisen für meine Tagebuchaufzeichnungen zu fragen ...“ Richterin Hohenecker verpasste Meischberger daraufhin eine Ermahnung und forderte ihn auf, die Würde des Gerichts zu wahren. Meischberger entschuldigte sich für seinen „emotionalen Ausbruch“.
Weiters ging es darum, wie viel Einfluss Meischberger auf die Karriere von Grasser hatte. In einem Mail, das die Anklagebehörde im Großen Schwurgerichtssaal auf die Wand projizierte, lobt Meischberger in höchsten Tönen eine geplante Rede von Grasser. Kritisch merkte er lediglich an, dass sie sich ein wenig anhöre, wie wenn er Bundeskanzler wäre - und fügte dann hinzu, dass das aber nicht störe, „wenn Wolferl nicht eifert“. Bundeskanzler war damals Wolfgang Schüssel (ÖVP).
Zudem hielten die Staatsanwälte Meischberger einen Zeitungsartikel vor, in dem die Bildung eines Österreich-Konsortiums, um bei der Privatisierung der Bundeswohnbaugesellschaften mitzubieten, bereits im Juni 2001 erwähnt wurde. Weiters wurde ein Zeitungsartikel vom Juni 2002 präsentiert, wonach Grasser als Käufer der BUWOG Österreicher bevorzugen würde. Die Ankläger wollten fragen, was denn jetzt Meischbergers Rolle gewesen sei, weil der sich in der Verhandlung als politischer Stratege und Ratgeber Grassers präsentiert habe. Meischberger antwortete mit Stehsätzen.
Ankläger: Meischberger wollte Handy verstecken
Für einen humorigen Moment sorgte Staatsanwalt Denk, als er aus einem Protokoll einer Hausdurchsuchung bei Meischberger vorlas. Als die Ermittler vor dem Haus auftauchten dauerte es demnach ein wenig, bis Meischberger öffnete. Im Haus wurde er dann befragt, ob er mehr Handys als eines habe. Meischberger meinte, er habe nur eines. Daraufhin riefen die Ermittler eine andere Nummer an - und prompt läutete es in der Küche des Angeklagten.
Allerdings gelang es den Behörden nicht gleich, das Mobiltelefon zu finden. Erst im vierten Anlauf wurde es lokalisiert - eingewickelt in Plastik in einer Nische. Meischberger sei dann auf einen Stuhl gestiegen und habe das Gerät heruntergeholt, geht aus dem Durchsuchungsprotokoll hervor. Warum er das zweite Handy verschwieg und es in der Küche verbarg, beantwortete Meischberger dann nicht. Das hätte ihn die Staatsanwaltschaft schon lange vorher fragen können, so seine Begründung.
Ab Dienstag wird Hauptangeklagter Grasser befragt
Wie Richterin Hohenecker am Schluss des Verhandlungstags bekannt gab, wird am nächsten Prozesstag, am Dienstag nächster Woche, erstmals der Hauptangeklagte Grasser selber befragt werden. Grasser wird zunächst eine zusammenhängende Darstellung der Geschehnisse aus seiner Sicht abgeben, dann wird er von der Richterin einvernommen.
Er sei zwar vorbereitet, aber diese Darstellung werde auf jeden Fall länger als eine Stunde dauern, sagte der Hauptangeklagte, als die Befragung Meischbergers rund eine Stunde vor dem für 14 Uhr angesetzten Verhandlungsende abgeschlossen wurde. Daher würde er damit gerne erst nächste Woche anfangen, sagte Grasser. „Das ist hier kein Wunschkonzert“, meinte die Richterin lächelnd - gab aber dem Wunsch statt.
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