Machtkampf
Seehofer droht Merkel mit Alleingang im Asylstreit
Im Streit um die deutsche Asylpolitik hat Innenminister Horst Seehofer (CSU) Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit einem „Alleingang“ gedroht. In der Sitzung der CSU-Bundestagsabgeordneten sagte Seehofer am Donnerstag, er könne die Zurückweisungen von Flüchtlingen an der Grenze per Ministerentscheid durchsetzen. Merkel lehnt diesen Schritt jedoch ab.
In einer zeitgleich stattfindenden Sondersitzung der CDU-Fraktion im Bundestag stellte sich nach Teilnehmerkreisen die Mehrheit der über 40 bisherigen Redner hinter den Kurs Merkels in der Flüchtlingspolitik. In der Debatte betonten demnach viele, dass es um mehr als Flüchtlinge, nämlich um Grundsätze der Europapolitik gehe. Zu den Merkel-Unterstützern habe auch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble gehört, sagten Teilnehmer. Es habe aber auch abweichende Stimmen gegeben, die forderten, die CSU-Position zu übernehmen.
Für die Beratungen der Unionsabgeordneten war eigens die Plenarsitzung des Bundestags unterbrochen worden. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte zuvor den „geordneten Multilateralismus“ für beendet erklärt und einen deutschen Alleingang gefordert. Die CSU-Abgeordneten stehen hinter Innenminister Seehofer: Sie sprachen ihre eindeutige Unterstützung aus, besonders was die Zurückweisung von Flüchtlingen an der Grenze betrifft.
Söder: „Endlich die Fehler von 2015 beheben“
Söder sagte während der Sondersitzung zu seinen Parteikollegen: „Wir sind im Endspiel um die Glaubwürdigkeit.“ Er sieht die Union laut deutschen Medien an einer „historischen Weggabelung“. Sie müsse „endlich die Fehler von 2015 beheben“. In jenem Jahr hatte Merkel die Grenzen für Flüchtlinge geöffnet, die in Ungarn und anderswo festsaßen. Einem Medienbericht zufolge erwägt die CSU sogar die Aufkündigung der Fraktionsgemeinschaft mit der CDU. „Zum Bruch fehlt nicht mehr viel“, sagte ein namentlich nicht genannter CSU-Politiker demnach zur „Augsburger Allgemeinen“.
Opposition fordert Regierungserklärung bzw. Neuwahlen
Angesichts der „chaotischen Situation in der CDU/CSU-Fraktion und einer offensichtlichen Regierungskrise“ forderte die Linke von Merkel noch in dieser Sitzungswoche eine Regierungserklärung. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki brachte sogar Neuwahlen ins Spiel. Wenn Merkel die Unterstützung ihrer Partei für ihre Haltung im Asylstreit verliere, „gibt es keinen anderen Weg als Neuwahlen“, sagte Kubicki zu „Focus Online“.
Seehofer will Flüchtlinge an deutscher Grenze zurückweisen
In dem Streit geht es um Seehofers Forderung, Flüchtlinge an den deutschen Grenzen zurückzuweisen, wenn diese bereits in anderen europäischen Ländern registriert wurden. Merkel lehnt nationale Alleingänge in dieser Frage ab und setzt auf Lösungen auf europäischer Ebene. Ein Kompromissvorschlag Merkels lautete, nur Personen, deren Asylantrag in Deutschland bereits abgelehnt worden sei, sollten bei einem erneuten Versuch der Einreise sofort zurückgewiesen werden.
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