Schuldspruch für Ali Ü. - jenen 22-Jährigen, der seinen Bundesheer-Kollegen erschossen hat! Rekrut Ismail M. (20) hatte nicht die geringste Überlebenschance. Der Kopfschuss zerschmetterte das Gehirn in Bruchteilen von Sekunden. Ali Ü. spricht bis zuletzt von einem Unfall. Die Waffe sei von selbst losgegangen. Etwas, das der Ballistik-Gutachter nicht nachvollziehen konnte. Und auch die Laienrichter nicht: Der 22-jährige Ü. wurde am Donnerstag in Wiener Straflandesgericht wegen Mordes zu 15 Jahren Haft verurteilt. Nicht rechtskräftig.
Es war der 9. Oktober 2017. Rekrut Ismail M. hat Pause im Wachcontainer in der Wiener Albrechtskaserne. Er schläft, auf dem Bauch liegend. Sein Bundesheer-Kollege Ali Ü. will, so sagt er, „eine rauchen mit ihm gehen“. Betritt die Bettkammer und hat, entgegen aller Vorschrift, die Waffe - das Sturmgewehr StG 77 - nicht abgelegt. Er will gestolpert sein, dabei habe sich der Todesschuss gelöst. Und dies auch nur deshalb, weil ihm das Gewehr vorher „aus der Hand gefallen“ sei, wodurch sich eine Patrone in den Lauf „geschoben“ hätte.
Sachverständiger glaubt nicht an Unfall
Eineinhalb Stunden lang erklärt Manuel Fleiß, Sachverständiger für Ballistik und Kriminaltechnik, den Geschworenen, warum dies so nicht möglich gewesen sein könnte. Er zerlegt die Waffe, zeigt Details, drückt ab mit Leermunition. Und führt alle seine Versuche per Video vor - das Fallenlassen des StG 77 aus Höhen von 25 Zentimetern bis 1,5 Metern.
Tatsächlich schieben sich Patronen selbstständig in den Lauf, aber erst ab 1,5 Metern. Aber nur, wenn die Waffe exakt senkrecht auf den Boden knallte, mit dem Gewehrlauf in den Himmel zeigend. Und dann wies jede Patrone Längsrillen auf, die sie bei „normaler“ Schussabgabe nicht hat. Die tödliche Kugel hatte keine ... Was den Staatsanwalt in seiner Mordanklage bestärkte. Dem Verteidiger fehlte im Prozess am Donnerstag nach wie vor ein Motiv für die Tat, für ihn war es ein tragischer Unfall.
Fünf der acht Laienrichter schlossen sich der Darstellung des Staatsanwalt an: Ali Ü. wurde für wegen Mordes schuldig bekannt: 15 Jahre Haft!
Bei der Strafbemessung fiel die bisherige Unbescholtenheit des Schützen mildernd ins Gewicht. Erschwerend war demgegenüber, dass der getötete 20-Jährige keine Möglichkeit hatte, den Angriff abzuwehren. Verteidiger Manfred Arbacher-Stöger (Kanzlei Rifaat) meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.
Gabriela Gödel, Kronen Zeitung, krone.at
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