Grillen steht im Sommer hoch im Kurs, und vielen Menschen ist der Griller wichtiger als das Fleisch, das aufgelegt wird. Doch gute Tierhaltung macht sich im Geschmack bezahlt.
Wenn man den Hof der Familie Harbich in Aderklaa besucht, dann kommt Cowboy-Romantik auf. Alle drei bis vier Tage werden die Rinder auf die nächste saftige Weide getrieben. Bauer Vinzenz braucht nur leise zu pfeifen, und schon setzt sich die Herde in Bewegung. Die galoppierenden Hufe lassen den Boden erbeben und wirbeln eine dichte Staubwolke auf. „Wenn du deine Tiere einmal draußen hast, willst du sie nie wieder einsperren“, erzählt Vinzenz, während er streichelnd durch seine Herde spaziert.
Die Kühe leben mit ihren Kälbern in den March-Thaya Auen des WWF. Ein besseres Dasein ist für Rinder kaum vorstellbar. Untertags, wenn die Sonne vom Himmel brennt, ziehen sich die Tiere zurück in den Schatten der Auen. Zwischen den mächtigen Bäumen finden sie saftig-grüne Wiesen und die Jungtiere ausreichend Platz, um herumzutollen. Mitten unter ihnen steht Stier „Zorro“. Das muskelbepackte, imposante Tier strömt eine unglaubliche Zufriedenheit aus. Nachhaltiger ist Landwirtschaft kaum möglich! Die Rinder sorgen durch die Beweidung dafür, dass die Au nicht verwächst, und die Au bietet den Tieren Freiheit und ein artgerechtes Leben.
Eigener Schlachtraum gegen den Stress
Täglich schaut Vinzenz nach seinen Tieren. Und sie kennen und vertrauen ihm. Bis zuletzt. Denn für den Bio-Bauern ist es selbstverständlich, dass nur er seine Tiere schlachtet. Aufgewachsen als Kind eines Gemüsebauern, hätte er sich niemals träumen lassen, dass er dazu fähig ist. Aber ihm und seiner Frau Julia ist es wichtig, dass die Rinder und Schweine keinen Stress haben. Aus Tierschutzgründen, aber auch, weil das Fleisch einfach besser schmeckt. Deshalb haben die Harbichs auch bereits vor Jahren einen eigenen Schlachtraum gebaut. Vinzenz würde sich wünschen, dass mehr Menschen sich bewusst werden, dass für jedes Stück Fleisch auch ein Tier sein Leben lassen muss.
„Kunden sollen Tiere aufwachsen sehen“
Drei bis vier Wochen reifen die Rinderhälften im Kühlhaus heran, bevor sie zerlegt und im hauseigenen Geschäft verkauft werden. Selbst Schweinefleisch wird für vier Tage „abgehängt“, um den Geschmack zusätzlich zu verbessern. Zu kaufen gibt es die Produkte jeden Freitag direkt am Hof. (www.weidebeef.at) „Wir wollen, dass unsere Kunden uns kennen und auch sehen, wie unsere Tiere aufwachsen“ , erzählt Julia, die gemeinsam mit ihrem Mann ausschließlich auf Direktvermarktung setzt. Die Rinder kommen während der kalten Monate von den Weiden zurück auf den Hof. Dort wurden großzügige, moderne Unterstände errichtet, die lediglich auf zwei Seiten geschlossen werden. Dass die Herden auf einer dicken, wärmenden Strohmatte liegen, versteht sich bei den Harbichs von selbst.
Die Schweine leben 365 Tage im Freien - Wienblick inklusive. Es handelt sich um eine Kreuzung, die etwas mehr Borsten hat. Damit sind Sonnenbrände im Sommer nahezu ausgeschlossen. Außerdem können die Rüsseltiere jederzeit ein Schlammbad nehmen und sich abkühlen. Oder sie wühlen nach Herzenslust im Boden, stets auf der Suche nach Käfern oder Würmern. Für die kalte Jahreszeit stehen den Tieren isolierte Unterstände, samt wärmender Strohschicht zur Verfügung. Ob Rind oder Schwein – jedes Tier lebt bei den Harbichs unter sensationellen Bedingungen. Und auch länger als viele ihrer Artgenossen. „Unsere Tiere reifen langsamer heran, und das macht sich in der Qualität bezahlt“, erzählt Vinzenz. Bezahlt werden muss dieser unglaubliche Mehraufwand an Tierwohl natürlich auch. Dabei geht es nicht nur um Tierschutz sondern auch um Qualität. Denn ein gegrilltes Steak aus guter Haltung ist ein Hochgenuss, der eben auch mehr kosten darf.
Maggie Entenfellner, Kronen Zeitung
Unser Fleisch
Fast neun von zehn Österreichern essen täglich Fleisch. Wurst ist übrigens auch Fleisch, was gerne mal vergessen wird. Fleisch ist also längst zur alltäglichen Selbstverständlichkeit geworden. Billig soll es sein, ständig verfügbar und von einwandfreier Qualität hinsichtlich Hygiene und Geschmack. Und die heimische Land- und Fleischwirtschaft erfüllt diese Ansprüche auch. Uns Konsumenten erscheint dies ganz selbstverständlich. Wer denkt beim Schnitzel um weniger als 4 Euro im Einrichtungshaus schon darüber nach, wie das alles zusammengeht? Der Bezug zu den Produktionsbedingungen fehlt meist völlig: Die dahinter steckende bäuerliche Arbeit, wie die Tiere gehalten werden und dass sie am Ende ihr Leben lassen für uns - das alles scheint nur recht wenige zu interessieren. Aber diese wenigen werden mehr. Einige verzichten gänzlich auf Fleisch. Andere beginnen sich mehr und mehr für das Lebensmittel Fleisch zu interessieren. Welche „Geschichte“ erzählt mein Fleisch? Wo kommt es her, wie sah sein „Vorleben“ aus, was hat es gefressen, welchen ökologischen Fußabdruck hinterlässt es, und wie wurde es schließlich vom Lebewesen Tier zum Lebensmittel beim Schlachten? Wer sich solche Fragen stellt, der wird beim Fleisch- und Wursteinkauf genauer hinsehen und nicht mehr nur das Billigste kaufen. Das Schlachten in mobilen Schlachtanlagen auf der Weide ist seit Kurzem in Oberösterreich wieder erlaubt, im Rest Österreichs leider noch nicht. Für mich unverständlich, denn für die paar Bauern mit Hofschlachtung wäre es eine wertvolle Alternativen, um den Tieren den Transportstress zu ersparen.
Hannes Royer, www.landschafftleben.at
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