Bei österreichweiten Kontrollen des Bereichs Alten- und Pflegeheime wurden die Prüfer auch in Tirol fündig: In einem Heim mussten die Insassen bis zu 16 verschiedene Medikamente schlucken.
In fast zwei Dritteln der Heime sei die Medikation problematisch, erläuterten gestern Kommissionsleiterin Verena Murschetz und Volksanwalt Günther Kräuter. „Menschen in Alten- und Pflegeheimen bekommen sehr viele Medikamente, die unerwünschte Wechselwirkungen haben können. Diese sind zum Beispiel Stürze, Depressionen, Parkinson oder Bewegungsstörungen. Unter der Diagnose ,altersbedingte Symptome’ werden dann weitere Medikamente verschrieben. In einem Tiroler Heim wurden an fast alle Insassen zwischen 13 und 16 Medikamente im Schnitt verabreicht“, zeigte Kräuter auf.
Hinzu kommt noch die „Bedarfsmedikation“ - also die Vergabe bei Unruhe, bei Angst, bei Übelkeit, beim Duschen, nicht selten mit schweren Psychopharmaka, obwohl gar keine psychiatrischen Diagnosen vorlägen. Forderung: Der Bedarf müsste vom Gesetzgeber enger festgeschrieben werden.
Weitere Probleme: Fehlendes diplomiertes Pflegepersonal in den Nachtstunden, fehlende Rufbereitschaften, in drei Viertel der Heime fehle eine Supervision. „Wobei zwischen privaten und öffentlichen Heimen kein Unterschied besteht. Es spielen sich unzählige Tragödien ab. Obwohl der Sachverhalt seit 2016 bekannt ist, fehlen bis heute strukturelle Reformen. Jetzt wär’s dann Zeit. Da geht’s um die Kultur des Alterns. Wir sind auf Kreuzzug gegen das Schönreden.“
Die Kritik der Volksanwaltschaft sei entschieden zurückzuweisen, sagt dazu Gesundheits-LR Bernhard Tilg. „Seit 1. Jänner haben wir ein neues, verbessertes Aufsichts- und Kontrollsystem in 20 Pilot-Alten- und Pflegeheimen umgesetzt.“ Dies enthalte verkürzte Prüfintervalle, eine Kontrollstelle beim Land und im Schnitt um 5% mehr Personal. Der „Polypharmazie“ wolle man sich in Zukunft verstärkt widmen. In einem sind LR Tilg und Kräuter einig: „Das Heimpersonal ist sehr bemüht.“
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