+14.000 allein im Mai
Deutschland: Zahl der Asylanträge steigt stark
Noch am Mittwoch hatte Bundespräsident Alexander Van der Bellen erklärt, dass er keine neue Flüchtlingswelle auf Europa zukommen sehe. Aktuelle Zahlen aus Deutschland sprechen allerdings eine andere Sprache. So haben bei unseren Nachbarn bis Ende Mai rund 78.000 Menschen Asyl beantragt - um rund 14.000 mehr als noch im April. Interessant: Viele Tausend von ihnen hätten nach den geltenden Dublinregeln ihr Asylverfahren bereits in jenem EU-Staat durchlaufen müssen, in dem sie registriert worden waren. Deutschlands CSU-Innenminister drängt daher darauf, diese Migranten bereits an der deutschen Grenze wieder zurückzuweisen und löste damit einen koalitionsinternen Streit aus. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will von Seehofers Plänen nichts wissen und setzt weiter auf eine europäische Gesamtlösung.
Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen spielte - anders als die türkis-blaue Regierung - die Gefahr einer neuen Flüchtlingsroute über den Balkan herunter. „Von der Menge her“ könne davon „gar keine Rede sein“, sagte er in dieser Woche. Es sei derzeit nicht absehbar, dass sich eine neue Welle von Flüchtlingen in Bewegung setzt, fügte Van der Bellen hinzu.
Tausende Asylwerber reisten einfach nach Deutschland weiter
Die aktuellen Zahlen aus Deutschland lassen jedoch keinen Zweifel mehr aufkommen, dass sich eine neue Flüchtlingswelle bereits in Bewegung gesetzt hat. Insgesamt hätten bis Ende Mai rund 78.000 Menschen Asyl beantragt, schrieb die „Passauer Neue Presse“ am Samstag unter Berufung auf Zahlen des deutschen Innenministeriums. Da die Zahl Ende April nach offiziellen Angaben bei 63.972 lag, bedeutet dies für den Mai rund 14.000 neue Anträge. Im April waren es rund 13.000 gewesen, im Februar und März jeweils etwas mehr als 12.000.
Dem Bericht zufolge wurden in diesem Jahr bis Mitte Juni 18.349 Asylwerber in Deutschland aufgenommen, die bereits in der europäischen Fingerabdruckdatei EURODAC erfasst waren. Sie hätten nach den geltenden Dublinregeln ihr Asylverfahren in dem EU-Staat durchlaufen müssen, in dem sie registriert worden waren.
Koalitionsinterner Streit zwischen CDU und CSU
In Deutschland ist um die Asylpolitik ein heftiger Koalitionsstreit innerhalb der Schwesterparteien CDU und CSU entbrannt. Während CSU-Innenminister Horst Seehofer darauf drängt, auch Migranten zurückweisen, die in einem anderen Land ihren Asylantrag gestellt haben, fordert Bundeskanzlerin Angela Merkel eine europäische Gesamtlösung. Das Thema Migration sei „eine Herausforderung, die auch eine europäische Antwort braucht. Und ich halte dieses Thema für eines der entscheidenden für den Zusammenhalt Europas“, sagte Merkel am Samstag. Sie äußerte sich darin mit Blick auf das Treffen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am kommenden Dienstag.
Seehofer: „CDU hat Spaltung Europas herbeigeführt“
Die CSU lässt jedoch in der Diskussion nicht locker und setzte Merkel eine Frist bis Montag, um auf ihre Linie einzuschwenken. Andernfalls wolle Seehofer einen nationalen Alleingang vollziehen. Am Freitag legte er im koalitionsinternen Streit sogar noch einmal nach. Nicht seine CSU, sondern die CDU sei es gewesen, „die mit der Flüchtlingsentscheidung 2015 die Spaltung Europas herbeigeführt hat“, sagte Seehofer der „Süddeutschen Zeitung“.
Macron stärkt Merkel den Rücken und kritisiert Kurz‘ „Achse der Willigen“
Rückendeckung erhält Merkel vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Deutschlands Regierungschefin sei „verantwortlich für ihr Volk und ihr Parlament“, sagte Macron am Freitag vor Reportern in Paris. Länder seien „den Wegen verpflichtet, die ihre Staats- oder Regierungschefs vorgeben“. Macron nahm auch auf eine „Achse der Willigen“ zwischen Rom, Berlin und Wien bei der Sicherung der EU-Außengrenzen Bezug, die Seehofer mit Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz diskutiert hatte. Er sei „auf der Hut vor Formulierungen“, die in der Vergangenheit nichts gutes gebracht hätten, erklärte der französische Staatschef. Er verwies damit auf die sogenannten Achsenmächte Deutschland, Italien und Japan im Zweiten Weltkrieg.
Kurz wehrte sich prompt gegen die Vorwürfe, mit der „Achse der Willigen“ einen historisch belasteten Begriff verwendet zu haben. „Ich lehne jede Form von Antisemitismus oder nationalsozialistischer Terminologie entschieden ab, aber das Wort ,Achse‘ ist nicht aus unserem Sprachgebrauch gestrichen“, sagte er gegenüber dem „Standard“. Die Vorwürfe seien „absurd“.
Asylpolitik: Kurz für mehr Hilfe vor Ort
Bei der Frage der Migration setzt der Kanzler auf Aufstockung der europäischen Grenzschutzagentur Frontex und auf Hilfe vor Ort. Für diese Hilfe soll es aber nicht unbedingt mehr Geld geben, wie Kurz gegenüber der „Tiroler Tageszeitung“ am Samstag sagte: „Es geht vor allem darum, das Geld besser einzusetzen. Ich denke hier auch an Wirtschaftspartnerschaften, um eine nachhaltige Hilfe leisten zu können.“
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