Die „Krone“ erklärt, warum es bisher sehr aufwendig ist, ausländische Häftlinge für die Verbüßung ihrer Freiheitsstrafe in die Heimat zurückzuschicken. Ein neuer Plan der Regierung soll das Verfahren einfacher und billiger gestalten.
Taschendiebe, Einbrecher, Räuber, Sexualverbrecher, Drogenhändler - 54 Prozent der Insassen in heimischen Gefängnissen stammen nicht aus Österreich, sondern aus Dutzenden anderen Nationen. Der Wunsch, solche Straftäter für die Verbüßung der Haft in die Heimat zu überstellen, ist groß. Mit gutem Grund: Ein Häftling kostet Vater Staat etwa 120 Euro pro Tag oder 45.000 Euro im Jahr.
2017 konnten fast 200 Häftlinge überstellt werden. Das ist viel, aber bei Weitem nicht genug. Denn bisher war die Abwicklung mühsam und langwierig: Meist musste der Häftling selbst um eine Überstellung in heimatliche Haft ansuchen.
Beliebte Praxis bei Kriminaltouristen
In der Praxis machten das nur Kriminaltouristen, die bei uns überhaupt keine sozialen Bindungen hatten. Das Justizministerium prüfte jeden Einzelfall, leitete den Wunsch an die Behörden im Ausland weiter. Das alles dauerte lange.
Furchtbare Zustände in den Gefängnissen
Und viele fanden es in heimischen Gefängnissen wesentlich angenehmer als hinter heimatlichen Gittern. Wo die Zustände oft höchst bedenklich sind: Berichtet wird - vor allem in Osteuropa - von schrecklichen hygienischen Zuständen, von überfüllten 20-Mann-Zellen, von Prügeln für jene, die nicht zahlen können.
Das alles soll sich nun ändern. Justizminister Josef Moser (ÖVP) hat „Haft in der Heimat“ zu seinem wesentlichen Vorhaben für die EU-Präsidentschaft gemacht. Das Ziel: massive Kostenersparnis für den Staat, Entlastung der Justizwache, und letztlich soll auch die drohende Radikalisierung in den Gefängnissen eingedämmt werden.
Ausländische Häftlinge können in manchen Fällen nicht abgeschoben werden
In manchen Fällen können Häftlinge aber nicht abgeschoben werden: Doppelmörderin Estibaliz C. etwa, die zu Psychiatrie und lebenslanger Haft verurteilt wurde, bleibt hier. Sie will nach Spanien, doch dort gibt es keine Unterbringung mit Therapie nach heimischem Vorbild. Und jener Iraker, der einen Buben in einem Wiener Bad missbrauchte, verbüßt auch hier seine Haft. Mit wem sollte die heimische Justiz im Irak über eine Rückstellung verhandeln?
Justizminister will Abschiebungen forcieren
Für Justizminister Moser ist „Haft in der Heimat“ ein wesentliches Projekt für die EU-Präsidentschaft. Bisher musste jeder Einzelfall geprüft werden, und eine Überstellung eines ausländischen Häftlings scheiterte oft daran, dass Gefängnisse, vor allem in Osteuropa, mit den Menschenrechten nicht zu vereinbaren waren. Daher soll der Bau von Haftanstalten in Osteuropa mit EU-Geldern gefördert werden.
Für Moser liegt der Nutzen auf der Hand: „Bei den hohen Kosten für den heimischen Strafvollzug würden Überstellungen in die Heimatländer massive Einsparungen bedeuten. Und es kann nicht sein, dass ein ausländischer Täter hier zum Nachteil der Bevölkerung straffällig wird und wir noch die Kosten für seine Inhaftierung zahlen.“
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