„Fake News“ mit Folgen

Dieses WhatsApp-Video lässt Menschen morden

Digital
27.06.2018 17:08

Das Video einer angeblichen Kindesentführung, das sich über WhatsApp und lokale Medien rasant im ganzen Land verbreitet hat, hat eine Welle der Gewalt in Indien entfacht. Lynchmobs ziehen durch die Straßen von Städten wie Bangalore, es kam bereits zum brutalen Mord an einem Unschuldigen, der für einen Kindesentführer gehalten wurden. Dabei ist das Video gar nicht echt …

Es sind grausige Bilder, die von der BBC zusammengetragen wurden. Kaalu Ram (26) war nach Bangalore gekommen, weil er Arbeit suchte. Was er aber fand, war der Tod. Er wurde von einem Mob in den Straßen der Acht-Millionen-Stadt hingerichtet. Erst gefesselt, dann halbtot getreten, zuletzt schwer verletzt an einem Seil durch die schmutzigen Gassen geschleift. Nachdem sich endlich jemand dazu durchrang, einen Krankenwagen zu rufen, starb der junge Mann am Weg ins Spital.

Dieses Video zeigt, was passiert ist. Wir warnen ausdrücklich vor den Szenen:

Was war passiert? Kaalu Ram war - ebenso wie andere Tote und Verletzte, die wütenden Mobs zum Opfer fielen - für einen Kindesentführer gehalten worden. Über WhatsApp und lokale Medien hatten sich zuvor Gerüchte verbreitet, Tausende Kindesentführer seien vor allem in den südlichen Teil Indiens gekommen.

„200 Kidnapper sind in Bangalore angekommen“
 
Auf WhatsApp kursieren Nachrichten wie diese: „Etwa 200 Kinder-Kidnapper sind in Bangalore angekommen, nur zehn wurden gefangen. Die Kidnapper glauben, die Sommerferien seien die beste Zeit. Seid bitte achtsam und passt auf eure Kinder auf!“ Wie zum Beweis kursiert ein Video, das eine solche Kindesentführung zeigen soll. Auch TV-Sender sind auf den Zug aufgesprungen und warnen vor einer angeblichen Invasion der Kindesentführer.

Es handelt sich um eine Falschmeldung. Das Video, das den Wirbel ausgelöst hat, stammt aus Pakistan und ist ein Aufklärungsvideo. Es soll Eltern ermahnen, gut auf ihre Kinder anzupassen. Am Ende des Videos wird das Kind zurückgebracht, der „Entführer“ hält ein Schild hoch, auf dem steht: „Es dauert nur einen Augenblick, ein Kind von den Straßen Karatschis zu entführen.“ Karatschi ist die größte Stadt Pakistans.

Aus einem Aufklärungs- wurde ein Fake-Video
 
In der in Indien kursierenden Version des Videos wurde der Teil, in dem das Kind zurückgebracht wird, allerdings einfach weggeschnitten. Aus einem Aufklärungs- wurde so ganz schnell ein Fake-Video. Viele glauben, die Szenen seien echt. Viele geraten in Angst vor angeblich durchs Land reisenden Horden von Kindesentführern. Viele werden misstrauisch. Und Manche werden zu Mördern. Zum Opfer kann jeder werden, der in einem Grätzel unbekannt ist und von woanders kommt - wie Kaalu Ram.

Indiens Polizei ist die Gewaltorgie nicht verborgen geblieben. Sie versucht mit Social-Media-Trupps, die Ausbreitung solcher Falschmeldungen zu unterbinden, zeigt Präsenz auf der Straße und bemüht sich um Aufklärungsarbeit. Ein Fall aus Deutschland zeigt indes, dass solche Vorfälle nicht nur in Indien möglich sind. Unweit von Bremen ist erst kürzlich ein Mann fast totgeprügelt worden, weil er nach einem Bericht am TV-Sender RTL für einen Kinderschänder gehalten wurde.

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