28.06.2018 20:21

Reine Fahr-zückung

KTM 790 Duke: Ist sie „so geil, wie alle sagen“?

„Ist die wirklich so geil, wie alle sagen?“, fragt mich ein Typ, der in Wien neben mir an einer roten Ampel anhält. Er auf irgendeiner Supermoto, ich auf der KTM 790 Duke. „Nein“, grinse ich, „noch viel geiler!“ Dieses kleine Kraftpaket voll Fahrfreude, Leichtigkeit und elektronischer Topausstattung sucht derzeit seinesgleichen. Und irgendwie sieht man der Mattighofnerin gar nicht an, wie sehr sie einen in Verzückung versetzen kann.

Die Optik ist zwar KTM-typisch aggressiv, aber insofern unscheinbar, als man die 790er beim flüchtigen Hinschauen durchaus sogar für eine ihrer kleinen Schwestern halten könnte. Und Details wie die Rückspiegel sind auch sehr normal. Imposant ist der Auftritt nicht, eher filigran statt fett. Kunststück bei vollgetankt nur 187 kg (trocken 169 kg). Ich bin direkt überrascht, dass sie mir mit meinen knapp 1,90 Meter nicht zu klein ist. Aber ich sitze ganz hervorragend, habe gut Platz, mich zu bewegen, und die Hebel sind einstellbar. Wie übrigens auch der Lenker.

Who the f*** ist Akrapovic? 
 Die Ampel wird zur Startampel, der brandneue 799-ccm-Parallel-Twin bollert los und klingt dabei dank 75 Grad Hubzapfenversatz eher wie ein V2. Wie kann ein optisch so langweiliger Serienauspuff einen derartigen Sound schmeißen? Herrlich! Beim Runterschalten brabbelt das Triebwerk auch noch lasziv. Ich schalte ohne Kupplung, rauf und runter, Quickshifter und Blipper sind Serie und funktionieren so butterweich, wie es wohl nur geht, wenn sie gemeinsam mit dem Motor entwickelt wurden. 

(Bild: Stephan Schätzl)

Die Power steht dem Klang in nichts nach, 105 PS leistet das Triebwerk und schiebt von unten heraus sauber und mächtig an. Wer am Gas bleibt, erlebt das maximale Drehmoment von 87 Nm bei 8000/min. Und Gas geben ist hier angesagt, denn dahinzuckeln quittiert der quirlige Twin leicht unwirsch. Der Kleine will spielen!

Die Spielregeln werden elektronisch gemacht
 Die elektronische Ausstattung ist einzigartig in der Klasse. Neben der Schalterei gibt es schräglagenabhängige Traktionskontrolle und Wheeliekontrolle, mit dem ebensolchen ABS machen Anfänger beim panischen Bremsen in der Kurve keinen Zwangsabflug. Das ABS ist abschaltbar und hat einen Supermoto-Modus. Fürs Anbremsen hat der Motor auch noch eine einstellbare Schleppmomentregelung und gibt selbständig via Ride-by-Wire gerade so viel Gas, dass das Hinterrad nicht blockiert.

Alles wird dargereicht über die vier Fahrmodi Street, Sport, Track und Rain, wobei Rain als Einziger die Maximalleistung beschränkt. Im Track-Modus lassen sich alle Parameter einzeln einstellen, die Traktionskontrolle etwa in zehn Stufen, also neun plus Aus. Ansonsten funktioniert sie je nach Fahrmodus passend. Wer mag, kann sogar den Quickshifter+ abschalten.

Alle Einstellungen passieren kinderleicht über die vier Knöpfe links am Lenker und das hervorragend ablesbare TFT-Display.

(Bild: Stephan Schätzl)

Gespielt wird in Echt, nicht nur elektronisch
 Was nicht einstellbar ist, ist das Fahrwerk. Also fast nicht, die Federbasis hinten lässt sich verstellen. Da ist also noch Luft nach oben für eine R-Version. Aber schon die Standard-Duke ist ein echter Freudenspender. Wie sie durch die Kurven carvt, spielerisch jeden Radius absurft und jede Korrektur mitmacht, immer geschmeidig, präzise und leicht beherrschbar. In Wechselkurven spielt sie voll ihr geringes Gewicht aus.

Die Bremsen hat KTM aus Kostengründen selbst entwickelt, statt teure Brembos zu verbauen, aber sie sind standfest und gut dosierbar. Auch die Maxxis-Sporttouring-Reifen sind günstig, geben auf öffentlichen Straßen aber keinen Grund zur Klage. Beim Bergrennen Landshaag-St. Martin, zu dem KTM Ende April geladen hat, sind wir mit gewärmten Bridgestone R11 angetreten.

„Krone“-Motorredakteur Stephan Schätzl im Waldstück des Landshaager Bergrennens (Bild: Sportpixel.eu)
„Krone“-Motorredakteur Stephan Schätzl im Waldstück des Landshaager Bergrennens

Unterm Strich
 Die KTM 790 Duke ist als Gesamtpaket so bestechend gut, dass man sie selbst fahren muss, um es glauben zu können. Sie macht unglaublich viel Spaß, ist easy zu handlen, wiegt gefühlt nicht viel mehr als ein Moped und darüber hinaus hat sie mit knapp 11.000 Euro ein unglaubliches Preis/Leistungsverhältnis. Da kann man durchaus noch etwas in ein paar Powerparts wie z.B. ansehnlichere Spiegel investieren. Ein ideales Bike für so ziemlich jeden - außer Leute, die sich nicht gern an der Ampel ansprechen lassen.

Warum?
 Sound, Handling, Power!
 Hammer-Elektronikpaket serienmäßig
 Der Preis

Warum nicht?
 Die Optik kommt emotional nicht ganz mit

Oder vielleicht …
 … Kawasaki Z900, Triumph Street Triple, Yamaha MT-09

Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele
Vorteilswelt