Signal an Migranten

EU-Gipfel: Von Willkommenskultur zur Abschottung

Ausland
28.06.2018 16:06

Von der viel zitierten Willkommenskultur zur Abschottung: Die EU dürfte beim zweitägigen Gipfel der 28 Staats- und Regierungschefs zur Migrationspolitik am Donnerstag und Freitag ein klares Signal an potenzielle Flüchtlinge aussenden, nicht nach Europa zu kommen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) spricht davon, eine „Trendwende“ einzuleiten: Auffanglager außerhalb der EU würden „alles ändern“. Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel betonte am Vormittag, dass das Thema Migration zur „Schicksalsfrage für die EU“ werden könnte (siehe Video oben).

Seit Merkels Ausspruch „Wir schaffen das“ im Jahr 2015 hat sich die Stimmung in Europa grundlegend gedreht. Die Mehrheit der EU-Bürger will keine weitere Migrationskrise erleben und ist auch gegen die massenhafte Aufnahme neuer Flüchtlinge.

In der Überzeugung, dass das Thema Migration zur Schicksalsfrage der EU wird, sind sich Angela Merkel und Sebastian Kurz einig - in der Lösung aber nicht. (Bild: AP, AFP, krone.at-grafik)
In der Überzeugung, dass das Thema Migration zur Schicksalsfrage der EU wird, sind sich Angela Merkel und Sebastian Kurz einig - in der Lösung aber nicht.

Die Quote für eine Verteilung von Flüchtlingen auf einzelne EU-Staaten, die bisher nur zum Teil funktioniert hat, dürfte endgültig vom Tisch sein. Das machte zuletzt sogar EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nach einem Treffen mit Kurz klar, als er auf die Frage, ob die Quote tot sei, erklärte, wenn der Außengrenzschutz funktioniere, würden sich andere Migrationsfragen nicht mehr stellen.

Länder einig: Außengrenzen schützen, Auffanglager in Drittstaaten
Und bei diesem Thema besteht auch vor dem Gipfel Einigkeit: Die EU-Außengrenzen sollen stärker geschützt und Auffanglager für Flüchtlinge in Drittstaaten in Nordafrika errichtet werden. Trotz dieses Paradigmenwechsels von der Willkommenskultur hin zu einer „Festung Europa“ ist allerdings weiterhin unklar, wie mit bereits in der EU befindlichen abgelehnten Asylwerbern umgegangen werden soll.

EU-Kommissonspräsident Jean-Claude Juncker (re.) mit Spaniens Premier Pedro Sanchez (Bild: AFP)
EU-Kommissonspräsident Jean-Claude Juncker (re.) mit Spaniens Premier Pedro Sanchez

EU-Kommissar: Fortschritte, aber kein Durchbruch
Einen Durchbruch erwartet sich keines der Teilnehmerländer, der Gipfel soll aber eine Art Vorentscheidung über die künftige Richtung in der Migrationspolitik treffen und mehr Klarheit schaffen als in den vergangenen Jahren. EU-Kommissar Günther Oettinger erwartet sich Fortschritte, aber keinen großen Durchbruch. Er sprach sich gegen nationale Lösungen aus, wie zum Beispiel die von Deutschlands Innenminister Horst Seehofer (CSU) geplanten Zurückweisungen von Flüchtlingen an der Grenze: „Wenn wir an der deutschen Grenze nach Österreich zurückweisen und Österreich nach Italien, dann haben wir eine Dominoentwicklung.“

Kurz: Einigung auf „Anlandeplattformen“ außerhalb der EU „ändert alles“
Optimistischer zeigte sich Bundeskanzler Kurz: „Ich glaube, dass es heute möglich ist, eine Trendwende in der Flüchtlings- und Migrationspolitik einzuleiten“, sagte er vor einem Treffen der Europäischen Volkspartei (EVP) in Brüssel. Mit einer Gipfel-Einigung auf „Anlandeplattformen“ könne es wahrscheinlich erstmals gelingen, „dass Menschen, die ihren Weg mit Schleppern nach Europa starten, nicht mehr in Europa aussteigen, sondern außerhalb von Europa“. „Das ändert alles“, so Kurz.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (Bild: AP)
Bundeskanzler Sebastian Kurz

Für Menschen werde es dadurch weniger attraktiv, sich illegal auf den Weg zu machen. „Es entzieht den Schleppern die Geschäftsgrundlage. Es kann dazu führen, dass wir endlich das Ertrinken im Meer beenden, weil sich die Menschen gar nicht mehr auf den Weg machen, und es beendet die Überforderung in Mitteleuropa“, sagte Kurz.

Gipfel behandelt auch weitere Themen
Neben dem Hauptthema Migration stehen am Donnerstag und Freitag noch Reformen in der Eurozone, der Finanzrahmen 2021 bis 2027, der Brexit, Digital-Themen sowie das Verhältnis Europas zu den USA auf der Tagesordnung.

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