Die Österreicher essen von allem zu viel: Kohlenhydrate, Eiweiß, Fette. Die Folgen sind Krankheiten, die viel Leid und Geld kosten. Doch wie macht man es richtig?
Es ist eine Milchmädchenrechnung, auch wenn es hier um Bier geht: Wer sich jetzt beim Fußballschauen angewöhnt hat, jeden Tag einen halben Liter Bier zu trinken (etwa 200 kcal), verzeichnet in einem Jahr 8,8 kg mehr Fett auf den Rippen. „Der Mensch hat Jahrtausende lang in einem Mangelzustand gelebt, weil er nie wusste, wann er die nächste Mahlzeit bekommt oder wann die nächste Hungersnot ausbricht. Daher ist der Organismus darauf programmiert, nicht verbrauchte Energie als Fettreserve zu speichern“, so Ernährungswissenschafter und Biochemiker Clemens Röhrl bei einem Pressegespräch im Wiener Billroth-Haus (Gesellschaft der Ärzte). Der heutige Überschuss an Nahrungsenergie wird nicht abgebaut und kann auch nicht ausgeschieden werden, sodass Übergewicht und Fettsucht immer mehr zum Gesundheitsproblem werden. Zahlreiche typischen Zivilisationskrankheiten lassen sich auf falsche oder ungesunde Ernährung zurückführen: Übergewicht, Diabetes Typ 2, Karies, Herz-Kreislaufleiden, Bluthochdruck, Gicht, Gelenkverschleiß, Darmkrebs. Die volkswirtschaftlichen Kosten von Typ 2 Diabetes etwa machen jährlich 1,5 Milliarden Euro aus, berichtete Gesundheitsökonom Markus Pock.
Bereits jeder zweite Österreicher ist zu dick oder sogar adipös (BMI ab 25), am stärksten legten laut Statistik Austria im vergangenen Jahrzehnt junge Männer zwischen 15 und 39 Jahren an Gewicht zu, ihre Anzahl verdoppelte sich fast! Abnehmstrategien bis hin zu Essenreligionen gibt es zahllose, dabei eignen sich aber weder strenge Vorschriften noch Modediäten als allgemeingültige Empfehlungen. Schon allein deshalb, weil Stoffwechselvorgänge individuell ablaufen und nicht jeder Mensch auf die gleiche Weise Kalorien aufnimmt oder abbaut. Das einzige Prinzip, das für jeden gilt ist: Wenn die Kilos runter sollen, muss man mehr Energie verbrauchen als aufnehmen. Punktum. Kurt Widhalm, Präsident vom Österreichischen Akademischen Institut für Ernährungsmedizin
Die neuen, im Dezember 2017 veröffentlichten europäischen EFSA Ernährungsrichtlinien geben erstmals individuell je nach Alter, Geschlecht, dem sogenannten PAL (Physical Activity Level) und der individuellen Lebenssituation (z.B. Schwangerschaft, Stillzeit, Alter etc.) klar definierte Aufnahmeempfehlungen für Energie, Kohlenhydrate, Protein, Fett und Wasser. Widhalm hob hervor, dass „länderspezifische Ernährungsempfehlungen wissenschaftlich nicht gerechtfertigt“ seien, sondern dass „gesunde Ernährung“ gut definierbar sei für Menschen unter vergleichbaren Lebensbedingungen. Das vereinfacht die Sache, denn auch die alte, für viele Menschen zu komplizierte Ernährungspyramide hat zugunsten des „gesunden Tellers“ laut Harvard Universität ausgedient. Er enthält als Hauptanteil Gemüse, gefolgt von gesundem Protein aus Fisch, Geflügel, Hülsenfrüchten und Nüssen. Ein jeweils kleinerer Teil stellen Vollkornprodukte und Obst dar. Frauen sollten etwa 2, Männer 2,5 Liter Wasser pro Tag trinken.
Zu vermeiden sind verarbeitete Fleisch- und Wurstwaren, zuckerhaltige Getränke raffinierte Weißmehlprodukte, reduzieren sollte man Butter, rotes Fleisch, Käse Erdäpfel und Pommes und fette Milchgetränke. Das gesündeste Nahrungsmittel ist laut internationalem Ranking wenig überraschend weißes, ungezuckertes Yoghurt, das ungesündeste Hamburger.
Karin Podolak, Kronenzeitung
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