Sebastian Kurz hat am Dienstagvormittag in Straßburg das Programm des österreichischen EU-Vorsitzes präsentiert. In einer Grundsatzrede vor dem EU-Parlament erläuterte der Bundeskanzler die Prioritäten der bis Jahresende dauernden rot-weiß-roten Ratspräsidentschaft, in deren Mittelpunkt die Flüchtlingspolitik steht, die für die Europäische Union zunehmend zur Zerreißprobe wird. Kurz stellte daher erneut klar: „Die EU kann nur mit geschützten Außengrenzen funktionieren!“
Weitere zentrale Kapitel in der Rede von Kurz, der sich auch einer Debatte mit den Abgeordneten stellte, waren die zukünftige Finanzierung der EU, der bevorstehende Brexit und die Beziehungen der Europäischen Union zu den Balkanstaaten. Vor allem beim Thema Migration - der Flüchtlingsstrom über das Mittelmeer hält unvermindert an - herrscht große Uneinigkeit unter den EU-Mitgliedern. In Deutschland ist es deshalb sogar zu einem massiven Koalitionsstreit zwischen CDU und CSU gekommen, in dessen Folge sich nun Österreich auf den Schutz seiner Südgrenze vorbereitet. Auch Parlamentspräsident Antonio Tajani hatte zuvor bereits vor einem Auseinanderbrechen der Gemeinschaft gewarnt.
Österreich will „Brückenbauer in Europa“ sein
Kurz verwies eingangs auf die große Verantwortung, die der EU-Vorsitz mit sich bringt. „Die EU ist heute selbstverständlich, besonders für meine Generation“, sagte der 31-jährige ÖVP-Politiker. Die Grundfreiheiten müssten eine Selbstverständlichkeit bleiben, man müsse aber auch dafür kämpfen, dass dieses Europa funktioniert und seine Wettbewerbsfähigkeit erhält, forderte Kurz, der Österreichs Rolle als „Brückenbauer in Europa“ unterstrich. Kurz: „In dieser Union eint uns mehr, als das uns trennen könnte. Europa geht es besser als je zuvor. Der ,European Way of Life‘ muss verteidigt und für die Zukunft bewahrt werden. Wer zu Europa gehören will, muss die europäischen Werte einhalten. Ohne Wenn und Aber.“
Neue Probleme „in Zeiten des Umbruchs“
Gleichzeitig wies Kurz aber darauf hin, dass „wir in Zeiten des Umbruchs“ den Ratsvorsitz übernehmen. Die internationale Ordnung verändere sich. Es gebe eine „unvorhersehbare US-Administration, die internationale Abkommen infrage stellt“. Gleichzeitig erlebe China einen wirtschaftlich rasanten Erfolg. Das Wirtschafts- und Sozialsystem müsse grundlegend erneuert werden. „In vielen Bereichen sind wir zu bürokratisch, zu teuer und zu langsam geworden, um in unserer globalisierten Welt auf Dauer wirtschaftlich zu bestehen.“
Zusammenfassend nannte Kurz drei Themen, die im Fokus des österreichischen EU-Vorsitzes stehen.
Verspätungen und Mikrofon-Panne
Schon vor dem Auftritt von Kurz hatte der Sitzungstag in Straßburg mit Verspätungen und einer Mikrofon-Panne begonnen. Um 9 Uhr befanden sich zwar EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Digitalkommissarin Marya Gabriel sowie Erweiterungskommissar Johannes Hahn im Saal, aber kaum Europaabgeordnete. Auch der bulgarische Premier Bojko Borissow und Kurz erschienen erst später.
Als man anschließend zur Tagesordnung überging, streikte auf einmal das Telefon. Der erste Punkt der Sitzung war schließlich die Bilanz der abgelaufenen bulgarischen Ratspräsidentschaft. Diese fiel positiv aus, Nachfolger Österreich wünschte man für die kommenden sechs Monate viel Glück. Kurz bedankte sich seinerseits bei Bulgarien für die gute Arbeit.
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