Österreichs Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) hat am Mittwoch verhalten skeptisch auf die von den deutschen Unionsparteien präsentierte „Lösung“ (Video oben) ihres internen Asylstreits reagiert. Berlin will, wie berichtet, Transitzentren an der Grenze zu Österreich bauen und Flüchtlinge dort wohl großteils abweisen bzw. zurückschicken. Bei einem Treffen mit ihren deutschsprachigen Amtskollegen in Luxemburg war für Kneissl diesbezüglich eines klar: „Wir waren hier zu keiner Zeit eingebunden.“ Und Kneissl betonte: „Wer sich auf deutschem Staatsgebiet befindet, ist dort."
„Inwieweit das mit Gemeinschaftsrecht vereinbar ist und welche Folgen das für das Europarecht und den Schengen-Raum haben wird, wird sich weisen“, kommentierte Kneissl die getroffenen Vereinbarungen zwischen CDU und CSU hinsichtlich der Zurückweisung von in anderen EU-Staaten registrierten Asylwerbern - und die Rolle, die Österreich dabei zugemessen wird. „Es ist die Rede von einem Verwaltungsübereinkommen, aber Österreich war hier meines Wissens zu keinem Zeitpunkt eingebunden“, sagte die Ministerin. Man warte jetzt auf „weitere Details“.
Rechtliche Bedenken bezüglich Deutschlands Vorhaben
Allerdings machte Kneissl kein Hehl aus ihrer Skepsis gegenüber Einzelheiten der bisher bekannt gewordenen Vereinbarung der deutschen Unionsparteien, konkret die geplanten „Transitzentren“, die nicht als deutsches Staatsgebiet gelten sollen: Die Vorstellung, „dass jemand, der nicht registriert wurde, als in Deutschland gar nicht eingereist gilt - das ist eine Fiktion, mit der ich als Juristin nicht ganz zurechtkomme. Wer sich auf deutschem Staatsgebiet befindet, ist dort.“ Kneissl bekräftigte allerdings: „Wir wissen noch viel zu wenig. Wenn wir weitere Details von deutscher Seite bekommen, werden wir das beurteilen.“
Ministertreffen am Symbolort einer EU ohne Grenzkontrollen
„Skurril“, konnte sich Kneissl nicht verkneifen, sei jedenfalls die Tatsache, dass sie und ihre Amtskollegen aus der Schweiz, Liechtenstein und Luxemburg ausgerechnet in Schengen, dem Symbolort einer Europäischen Union ohne Grenzkontrollen, mit diesem Schritt der deutschen Regierungsparteien konfrontiert würden. Ihr deutscher Amtskollege Heiko Maas war gleich zu Hause geblieben, um mit seinen SPD-Parteikollegen über die Konsequenzen des CDU/CSU-Kompromisses für die gemeinsame Koalition in Berlin zu beraten.
Seehofer kommt zu Unterredung mit Kurz
Um die Auswirkungen auf Österreich zu besprechen wird der deutsche Innenminister Horst Seehofer (CSU) am Donnerstag nach Wien kommen. Zu Mittag findet ein Treffen mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Beisein von Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Innenminister Herbert Kickl (beide FPÖ) statt, wie das Bundeskanzleramt am Dienstag mitteilte. Kurz hatte zuvor bekräftigt, dass Österreich und andere Länder „natürlich entsprechend reagieren“, wenn Deutschland im Flüchtlingsbereich „nationale Maßnahmen setzt“. Aber: „Ich kenne die Linie der deutschen Regierung noch nicht.“
Doskozil: „Einseitige Belastung für Österreich“
Weniger neutral hatte sich zuvor der ehemalige Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) geäußert und dabei die Bundesregierung dazu aufgerufen, gegen die geplante deutsche Vorgangsweise mit Asyl-Transitzentren an der Grenze zu Österreich vorzugehen. „Dieser innerparteiliche Kompromiss der Union bedeutet eine einseitige Belastung für Österreich“, so Doskozil. Der burgenländische SPÖ-Landesrat und Ex-Minister bezeichnete die Einigung der CDU/CSU weiters als “schlecht für die EU und schlecht für Österreich".
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