Streit mit SPD

CSU zu Transitzentren: „Raus darf dort niemand!“

Ausland
04.07.2018 11:20

Im von den deutschen Unionsparteien ausgehandelten Asyl-Kompromiss hat die CSU Kritik an den geplanten Transitzentren zurückgewiesen. „Das sind keine Gefängnisse. In den Zentren kann sich jeder frei bewegen, raus darf dort aber niemand“, sagte der Staatssekretär von Innenminister Horst Seehofer, Stephan Mayer. Und es stehe „jedem Migranten frei, in das Land zurückzukehren, aus dem er versucht hat, nach Deutschland einzureisen“. Beim Koalitionspartner SPD stoßen die Unionspläne auf wenig Gegenliebe: „Es wird mit uns keine geschlossenen Lager geben“, sagte Parteichefin Andrea Nahles am Mittwoch. Die Umsetzung der Asyl-Vorhaben hängt neben der Zustimmung der SPD auch an der von anderen Ländern, darunter Österreich - und die Regierung in Wien zeigt sich ebenfalls äußerst skeptisch (siehe Video oben).

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verteidigte am Dienstagabend im ZDF-„heute journal“ die vorgesehene Residenzpflicht für Flüchtlinge in den Transitzentren: „Das heißt: Die Leute, die dort ankommen, bleiben dort auch.“ Dem widersprach in derselben Sendung SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. „Wir werden keine geschlossenen Lager mitmachen“, meinte er.

Nahles bekräftigte dies am Mittwochvormittag nach einer Sondersitzung der SPD-Bundestagsabgeordneten in Berlin und zog damit eine rote Linie für die Gespräche mit der Union: „Auf dieser Basis werden wir am Donnerstagabend weiterverhandeln. Es darf keine nationalen Alleingänge geben, es muss rechtsstaatliche Verfahren zu jedem Zeitpunkt geben.“

SPD-Chefin Andrea Nahles (Bild: AFP )
SPD-Chefin Andrea Nahles

SPD: „Wollen keine Flüchtlingsfamilien hinter bewachten Zäunen“
 Auch Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) sah beim umstrittenen Unionsvorhaben weiteren Klärungsbedarf: „Alles ist noch im Fluss und wir brauchen noch Zeit, um das präzise zu machen.“ 
Der frühere SPD-Chef Martin Schulz hält die angestrebte Schaffung von Transitzentren für übertrieben. Es gehe um „Peanuts-Zahlen von Flüchtlingen“, sagte er. Er sprach von einer „aufgeblasenen Debatte“ der Union. „Ich glaube nicht, dass es Transitzentren geben wird“, so Schulz. Auch SPD-Vizevorsitzender Ralf Stegner sprach sich dezidiert gegen geschlossene Transitzentren aus: „Wir wollen keine Flüchtlingsfamilien hinter bewachten Zäunen!“, twitterte er.

Der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka sagte Mittwochfrüh dem Deutschlandfunk, es gehe jetzt darum, aus diesem „sehr, sehr schmalen Kompromisspapier“ von CDU und CSU ein „vernünftiges, tragfähiges und rechtmäßiges Konzept“ zu machen. Bei den Transitzentren könne es nicht um geschlossene Einrichtungen gehen, denn bei diesen bestehe die Gefahr, dass sie rechtswidrig sein könnten. „Ich finde, es geht ohne geschlossene Zentren“, so Lischka.

Bisher keine Rückübernahmeabkommen vereinbart
 CDU und CSU wollen an der deutsch-österreichischen Grenze Transitzentren für Flüchtlinge einrichten. Von dort sollen Asylwerber, für deren Verfahren ein anderer EU-Staat zuständig ist, in diesen Staat zurückgebracht werden - sofern es entsprechende Abkommen gibt, was bis jetzt nicht der Fall ist. In den Einrichtungen sollen Menschen nur wenige Tage bis zu einer Rückführung bleiben. Die SPD hatte bereits während der großen Flüchtlingswelle im Jahr 2015 solche Einrichtungen als „Haftzentren“ abgelehnt.

Der deutsche Innenminister Horst Seehofer (Bild: AP)
Der deutsche Innenminister Horst Seehofer

Österreichs Regierung skeptisch - und entschlossen
Die österreichische Regierung reagierte mit großer Skepsis auf den Asyl-Kompromiss der Union und kündigte an, bei Inkrafttreten des Plans besonders Österreichs Grenzen im Süden zu schützen. Einem Vertrag mit Deutschland über die Rückübernahme von Flüchtlingen stehe man äußerst kritisch gegenüber, erklärten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Innenminister Herbert Kickl (beide FPÖ) am Dienstagabend bei einer gemeinsamen Pressekonferenz. „Wir werden sicher keine Verträge abschließen, die zum Nachteil Österreichs führen“, hieß es.

Innenminister Herbert Kickl (FPÖ), Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) (Bild: APA/Georg Hochmuth)
Innenminister Herbert Kickl (FPÖ), Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ)

„Werden Schaden für die Bevölkerung abwenden“
Die Regierungsspitze wies auf mehrere Unklarheiten bei den Plänen der Union hin. Eine Frage sei etwa, was mit Flüchtlingen geschehen soll, die in Staaten wie zum Beispiel Italien registriert und über Österreich nach Deutschland eingereist sind. Da Deutschland mit der Mehrheit der EU-Staaten - darunter Italien - bisher keine Vereinbarungen für beschleunigte Rückführungen hat, würden diese Menschen einfach nach Österreich geschickt werden. Man sei jedenfalls „auf alle Szenarien vorbereitet“ und werde alles tun, um „Schaden für die österreichische Bevölkerung abzuwenden“. Die Regierung warte nun auf Details aus Deutschland, am Donnerstag reist Innenminister Seehofer zu Gesprächen nach Wien.

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