Jener 16-jährige Gymnasiast, der vor zwei Monaten in Wien ein Nachbarsmädchen getötet hat, revidierte nun vor der Kripo seine bisherigen Angaben zu der Gräueltat. „Stimmen in meinem Kopf“, behauptet er jetzt, „haben mir den Mord befohlen.“
Es war vor wenigen Tagen, als Robert K. darum bat, „noch einmal mit Polizisten sprechen“ zu dürfen. Vor zwei Monaten hat der 16-Jährige in der Wohnung seiner Eltern in Wien-Döbling ein Nachbarsmädchen - die kleine Hadishat - umgebracht. Er habe „große Wut“ in sich verspürt, so der Bursch nach seiner Verhaftung in Verhören: „Und ich musste mich einfach irgendwie abreagieren.“ Deshalb sei die Siebenjährige sein Opfer geworden: „Zufällig. Sie ist halt zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen.“
„Stimmen gaben mir den Mordauftrag“
Wochen hindurch blieb Robert bei dieser Aussage - jetzt gab er der Kripo zu Protokoll: „Ich will endlich über die wahren Gründe für mein Handeln reden.“ Psychiater im Gefängnis - „ihnen habe ich mich bereits anvertraut“ - hätten ihm „zu diesem Schritt geraten“. „Stimmen in meinem Kopf“, behauptet der Gymnasiast nun, „gaben mir den Mordauftrag.“
Stimmen, die er seit seinem achten Lebensjahr höre, „aber etwas wirklich Böses verlangten sie erstmals von mir, als ich mit Hadishat am Nachmittag des 11. Mai auf meiner Couch saß und wir uns am iPad Zeichentrickvideos ansahen. Plötzlich befahlen sie mir, die Kleine zu erwürgen. Also legte ich meine Hände um ihren Hals und drückte zu.“
Freund Leiche von Hadishat gezeigt
In der Folge sei er „von den Stimmen dazu angewiesen“ worden, das „keuchende, schwer geschockte Kind“ ins Badezimmer zu tragen, aus der Küche ein Messer zu holen „und Hadishat damit zu erstechen“. Kurz danach schrieb der 16-Jährige einem Freund eine SMS: „Komm zu mir.“ Bald traf der Bub bei ihm ein, er sah die Leiche, brach weinend zusammen. Robert erklärte ihm: „Hadishat hat Dinge gesehen, die sie nicht hätte sehen dürfen. Darum musste sie sterben.“
Hatte er schon seit Langem Mordfantasien? Der Täter dazu: „Ich erinnere mich bloß an meine Panik. Davor, dass die Stimmen mich dazu drängen könnten, auch meinen Freund zu killen.“ Hatte der Gymnasiast schon vor seinem Verbrechen an der Siebenjährigen Tötungsfantasien? Schulkollegen des Burschen berichteten nun der Polizei: „Er philosophierte manchmal davon, einen Mord begehen zu wollen. Aber wir nahmen seine Ankündigungen nicht ernst.“
Eisenstange oder Messer immer im Rucksack dabei
Genauso wenig wie Roberts Erzählungen über zwei Spaziergänge am Kahlenberg, im vergangenen April, mit einer Gleichaltrigen: „Er behauptete, dass er dabei überlegt habe, das Mädchen umzubringen.“ Mit diesen Aussagen konfrontiert, gab der 16-Jährige mittlerweile zu: „Ich trug bei diesen Ausflügen Handschuhe und ich hatte ein Klappmesser dabei. Aber ohne tieferen Sinn. Denn zuletzt befanden sich ja fast immer eine Eisenstange oder Messer in meinem Rucksack.“ Warum? „Einfach so.“
Wie erklärt er die Änderung seiner Tat-Verantwortung? „Ich hatte zunächst Angst davor, dass ich mit starken Medikamenten niedergespritzt werde, wenn ich über die Stimmen in meinem Kopf rede.“ Sollten Gerichtspsychiater bei Robert die Diagnose Schizophrenie stellen, würde er als unzurechnungsfähig gelten - und könnte damit nicht für sein Verbrechen bestraft werden.
Ein Video von Hadishats Begräbnis in Tschetschenien sorgte indes für Aufregung. Der Trauerredner rief zur Blutrache auf, an Robert, seinen Eltern und dem jüngeren Bruder. Die Täter-Familie lebt mittlerweile unter einer neuen Identität im Ausland.
Klage wegen Verleumdung
Auch wegen Drohungen, die Tamerlan T., ein in Wien lebender Landsmann, gegen sie ausgestoßen haben soll. Diese Aussagen sind auf einer Audio-Datei gesichert, Roberts Vater hatte sie bereits vor Wochen den Behörden übergeben. T. kam in der Folge ins Visier der Polizei. „Ich habe jetzt“, so Nikolaus Rast, der Anwalt der Opferfamilie, „das Gesagte übersetzen lassen. Fazit: Der Inhalt ist harmlos. Weswegen Herr T. nun die K.s wegen Verleumdung angezeigt hat.“
„Niemals“, beteuert ein Onkel des toten Mädchens, „wurde von unserer Familie eine Gewaltaktion in Auftrag gegeben.“ Der Grabredner sei kein Verwandter, „und nach unseren Gesetzen dürfte nur Hadishats Vater Vergeltung üben. Er lehnt das aber ab.“ Vor elf Tagen kam der 37-Jährige nach einem Freigang nicht in das Gefängnis von Bozen zurück, wo er wegen Schlepperei einsaß. Laut seinem Schwager befindet er sich jetzt in Tschetschenien, „um seiner Tochter nahe zu sein.“ Der Mann soll an Herzproblemen leiden: „Wenn es ihm besser geht, wird er nach Italien reisen und sich dort den Behörden stellen.“
Martina Prewein, Kronen Zeitung
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.