Nur wenige Dinge sind so zermürbend wie der stundenlange Weg durch Sicherheitskontrollen und Check-in-Schalter, den Reisende zu Ferienbeginn auf den Flughäfen dieser Welt hinter sich bringen. Doch die mühsame Prozedur hat ein Ablaufdatum, glauben IT-Experten. Schon in wenigen Jahren könnten Künstliche Intelligenz und Gesichtserkennung die leidigen Sicherheitschecks erledigen, ohne dass der Reisende überhaupt Notiz davon nimmt.
„Der eigene Körper wird zunehmend zum Ausweis. Digitalisierung, verbunden mit künstlicher Intelligenz, wird das Reisen verändern. Insbesondere was das Thema Sicherheit auf Flughäfen betrifft. Es wird dort vieles einfacher und schneller gehen, auch wenn einige Technologien und Datenverwendungen kritisch gesehen werden müssen“, sagt Andreas Hladky von der Digitalisierungsberatung Point of Origin.
Erste Bestrebungen gibt es längst - auch am Flughafen Wien. Am andere Ende der Welt testet am Flughafen Sydney die australische Airline Qantas seit wenigen Tagen ein Gesichtserkennungssystem, das der Vision vom Reisen ohne Sicherheitsprüfung und Reisepass schon recht nahekommt. „Ihr Gesicht ist Ihr Reise- und Boardingpass in dem ganzen Prozess“, sagt Flughafen-Geschäftsführer Geoff Culbert. Musste man früher Pass und Ticket bei der Gepäckabgabe, beim Betreten des Wartebereichs und beim Besteigen des Flugzeugs herzeigen, reicht es jetzt, mit dem richtigen Gesicht in die Kamera zu schauen. Die zugehörigen Personendaten hat die Airline dank Online-Check-in sowieso.
Wie zuverlässig erkennt KI gefährliche Passagiere?
Apropos „richtiges“ Gesicht: Systeme zur Gesichtserkennung können längst weit mehr als Personen nur zu identifizieren. Vieles lässt sich mit Künstlicher Intelligenz schon sehr gut aus den Gesichtern Reisender herauslesen. Prinzipiell ließen sich damit wohl sogar Terroristen erkennen, glauben IT-Experten. Kameras können heute kleinste Veränderungen im Gesicht, wie sie etwa der Pulsschlag auslöst, erfassen. Infrarotsensoren messen die Körpertemperatur. Aus solchen Sequenzen lassen sich Rückschlüsse auf das zu erwartende Verhalten eines Passagiers ziehen, potenzielle Gewalttäter werden frühzeitig erkannt und aus dem Verkehr gezogen.
Das wirft allerdings Fragen auf: Was, wenn die KI sich irrt? Was, wenn bei der Programmierung womöglich Vorurteile ihres menschlichen Schöpfers auf die Maschine übertragen werden und sie am Ende etwa einen Passagier schlicht wegen Flugangst und einer bestimmten ethnischen Herkunft aus dem Verkehr zieht, während die eiskalte Attentäterin mit niedrigem Puls durch alle Kontrollen schlüpft? Was, wenn es zu Verwechslungen kommt? Die Digitalisierungsberater räumen hier durchaus ein Risiko ein, glauben aber, es sei bewältigbar. Schlüssel zum Erfolg sei es, mehrere Technologien im Verbund zu benutzen, die jede für sich zwar eine gewisse Fehlerquote haben, in Summe aber zuverlässige Einschätzungen treffen.
Künstliche Intelligenz lernt schnell dazu
Außerdem lerne die Technologie schnell dazu. Gesichter, die von vorne aufgenommen wurden, erkennen KI-Algorithmen heute schon recht zuverlässig, problematisch kann es dagegen von der Seite werden. Unternehmen wie Facebook und Google - Stichwort „DeepFace“ - haben aber bereits Technologien entwickelt, die aus zweidimensionalen Fragmenten ein dreidimensionales Modell des Gesichtes erstellen und so trotzdem eine gute Erkennungsleistung haben sollen. Trainiert werden solche Systeme, die auch erschreckend effektiv zur Bildmanipulation eingesetzt werden können, mit Datenbanken voller Gesichter.
Wie lang wir unsere Reisepässe am Flughafen noch dem Sicherheitspersonal präsentieren und uns durch Detektoren quälen müssen, ist aus heutiger Sicht zwar noch offen. Die Zeichen stehen aber gut, dass der Flughafen ohne lästige Kontrollen und lange Wartezeiten nicht mehr allzu weit weg ist …
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