Seehofers „Masterplan“
„Eine Asylwende ist dringend erforderlich“
Mit reichlich Verspätung hat Deutschlands Innenminister Horst Seehofer am Dienstag in Berlin seinen lange angekündigten „Masterplan Migration“ präsentiert. Kernanliegen des CSU-Chefs ist eine Verschärfung der Flüchtlingspolitik. So werde unter anderem an der deutsch-österreichischen Grenze ein „neues Grenzregime“ ausgestaltet, um Asylwerber, für deren Verfahren andere EU-Länder zuständig sind, an der Einreise zu hindern.
In dem 63-Punkte-Plan schlägt Seehofer vor, Migranten, die schon anderswo in der EU einen Asylantrag gestellt haben, direkt von der deutsch-österreichischen Grenze zurückzuschicken. Voraussetzung dafür sind bilaterale Rücknahmeabkommen. Ursprünglich hatte Seehofer sein Papier bereits vor vier Wochen präsentieren wollen. Das verzögerte sich aber, nachdem Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Bedenken gegen Zurückweisungen an der Grenze angemeldet hatte.
„Wir richten Transitzentren ein“
Nach langem Streit einigten sich die Unionsparteien schließlich auf den nunmehrigen Kompromiss. „Wir richten Transitzentren ein, aus denen die Asylwerber direkt in die zuständigen Länder zurückgewiesen werden“, steht in dem Dokument. Seehofer hatte aus Rücksicht auf den Koalitionspartner SPD zuletzt von „Transferzentren“ an der Grenze gesprochen.
Der 63-Punkte-„Masterplan“ habe den Stand 4. Juli, so Seehofer. Daher habe auch der Koalitionsbeschluss von CDU/CSU und SPD vom 5. Juli „hier jetzt nicht Eingang gefunden“. Seehofer begründete dies mit den Worten: „Das ist ja kein Masterplan der Koalition, sondern ein Masterplan dieses Hauses unter meiner Verantwortung.“ Es sei ja auch nicht klar, welche Maßnahmen die SPD mittragen werde.
Österreichs Regierung bleibt hart
Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) hatte am Wochenende bekräftigt, bezüglich der von Seehofer wiederholt ins Spiel gebrachten Zurückweisung von Flüchtlingen an der österreichischen Grenze hart bleiben zu wollen. Man wolle niemanden zurücknehmen, für den man nicht zuständig sei. Sein deutscher Amtskollege erklärte im Rahmen der Pressekonferenz am Dienstag, dass es mit Österreich abgesprochen sei, dass zumindest jene Flüchtlinge, die in Österreich Asyl beantragt haben, zurückgewiesen werden.
Seehofer nimmt in seinem „Masterplan“ auch Bezug auf die jüngsten EU-Beschlüsse. Demnach sollen Migranten, die die EU erreichen, in „kontrollierten Zentren“ untergebracht und auf freiwilliger Basis unter den EU-Staaten verteilt werden.
Widerstand auch aus anderen Staaten
Einige von Seehofers Maßnahmen können nur funktionieren, wenn andere Staaten mitziehen. Italien sperrt sich bisher jedoch gegen eine Rücknahme der Asylwerber von der deutsch-österreichischen Grenze. Und in Nordafrika ist kein Land bereit, die von Seehofer vorgeschlagenen Aufnahmezentren für im Mittelmeer gerettete Migranten auf seinem Staatsgebiet zu tolerieren.
Seehofer sagte, er wolle noch im Juli Klarheit darüber bekommen, welche Abkommen zur Rücknahme von Migranten es mit anderen EU-Staaten geben werde. Er erwarte „schwierige Gespräche“, die aber gelingen könnten. „Je weniger Europa leisten kann, desto mehr gewinnen nationale Maßnahmen an Bedeutung.“ Er betonte: „Dieser Masterplan ist ein Bestandteil der Asylwende für Deutschland, die dringend erforderlich ist.“
Verstärkte Schleierfahndung geplant
Laut seinem „Masterplan“ will Seehofer zudem Asylverfahren beschleunigen, Asylwerber sanktionieren, die nicht an der Klärung ihrer Identität mitwirken, und Integrationsanstrengungen stärker überwachen lassen. Außerdem soll es künftig hinter der Grenze eine verstärkte Schleierfahndung geben. Dort aufgegriffene Flüchtlinge sollen ein beschleunigtes Prüfverfahren durchlaufen, wenn sie bereits woanders in der EU registriert sind.
Mit Blick auf eine verstärkte Schleierfahndung in Grenznähe warnt die deutsche Bundespolizeigewerkschaft vor zu hohen Erwartungen. Niemand solle „die Illusion hegen, dass eine intensivere Schleierfahndung die illegale Migration merklich eindämmt“, sagte der Bundesvorsitzende Ernst G. Walter der deutschen „Welt“. „Dazu müssten wir die Aufgegriffenen auch in Gewahrsam nehmen dürfen. Das ist aber rechtlich ausgeschlossen.“ Solange die Aufgegriffenen nicht gesichert untergebracht würden, nütze die „schönste Schleierfahndung nichts“.
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