Nach der Aufregung um ein Interview der Grünen-Politikerin Gabriela Moser, in dem die 63-Jährige eine Zwischenbilanz zum derzeit laufenden Buwog-Strafprozess gezogen hat, herrscht nun wegen neuer Beweismittel der Staatsanwaltschaft Ärger. Die Verteidiger von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser beklagten am Dienstag gleich zu Beginn des 44. Verhandlungstages, dass ein Bericht von 1092 Seiten hinzugefügt worden sei, ohne dass die Angeklagten rechtzeitig darüber informiert worden seien.
Beim Material handelt es sich um im Zuge von Hausdurchsuchungen bei Gerald Toifl, seines Zeichens Angeklagter Nummer 13, sichergestellte Daten. Grassers Anwalt Norbert Wess sprach von einem „rechtsstaatlich bedenklichen Vorgehen“ der Staatsanwaltschaft. Es sei nicht klar, ob sich weitere entlastende Beweismittel darunter befinden. Ein Antrag auf Vertagung des Prozesses sei angebracht, aber sein Mandant habe gemeint, er wolle die drei Termine im Juli auf jeden Fall absolvieren.
Streit um Strafprozessordnung
Unabhängig davon stellte Wess den Antrag auf „sofortige Beratung durch den Schöffensenat“, ob das Verteidigungsrecht der Angeklagten und die angemessene Vorbereitungszeit verletzt wurden. Die Staatsanwaltschaft dürfte aus Sicht des Verteidigers keine Ermittlungen mehr führen, dafür sei nur noch das Gericht im Zuge der Beweismittelaufnahme zuständig.
Dem Antrag stimmte auch die Verteidigung von Walter Meischberger und Toifl zu. Dessen Anwalt Oliver Scherbaum ergänzte den Streit um die Strafprozessordnung mit einem eigenen Antrag: Die Aufnahme der von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nun hinzugefügten Beweise solle durch das Schöffengericht abgelehnt werden. Zudem bat Scherbaum darum, dass die Staatsanwaltschaft belehrt werde, solche Ermittlungshandlungen nicht mehr durchzuführen.
Staatsanwälte berufen sich auf OLG-Entscheidung
Die beiden Staatsanwälte Alexander Marchart und Gerald Denk sahen kein Vergehen ihrerseits und begründeten dies mit Entscheidungen des Oberlandesgerichts vor Prozessbeginn. Die OLG-Entscheidung besage, dass die Anklage im Zuge eines offenen Ermittlungsverfahrens Beweismittel auswerten und bei Bedarf diese dem Prozessakt auch hinzufügen dürfe, erklärte Marchart.
Richterin Marion Hohenecker stellte klar, dass der Senat erst zu einem späteren Zeitpunkt einen Beschluss fassen werde, da das Material noch durchgesehen werden müsse. Damit konnte die Befragung Grassers fortgesetzt werden. Dabei begab sich Hohenecker auf die Spuren des sogenannten Schwiegermuttergeldes. Von der Geschenkannahme durch den Hauptangeklagten über die Bargeldtransfers aus der Schweiz nach Österreich und das Investment in Portfolios der Meinl Bank bis hin zur Rückführung des Geldes an die Schwiegerfamilie des damaligen Finanzministers kamen alle Etappen zur Sprache.
Vermischung von Geldern
Über diverse Investments konnte die Ursprungssumme von 500.000 Euro auf mehr als 700.000 Euro vermehrt werden. Dieses Geld kam dann auf ein Konto der Briefkastengesellschaft Mandarin. Brisant ist hier aus Sicht der Staatsanwaltschaft die Vermischung mehrerer Vermögen: Geld des Schweizer Vermögensberaters Norbert Wicki, Geld von Walter Meischberger aus der Buwog-Privatisierung und eben das „erfolgreiche“ Investment Grassers. Die Anklage glaubt nämlich nicht an eine Provision Meischbergers, sondern vielmehr dass es sich um Grassers Anteil an den Buwog-Geldern handelte. Der Hauptangeklagte verteidigte sich am Dienstag damit, nicht gewusst zu haben, was sonst auf dem Mandarin-Konto passiert sei.
Noch nicht befragt wurden Toifl, der früher Anwalt des zweitangeklagten Walter Meischberger gewesen war, Vermögensberater Wicki und der Immobilienmakler und ehemalige Buwog-Aufsichtsratspräsident Ernst Karl Plech. Plech war zwar zu Beginn des Prozesses anwesend, ist aber nun seit Monaten nicht mehr zu den Verhandlungen gekommen. Er ist aus gesundheitlichen Gründen für verhandlungsunfähig erklärt worden.
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