Das Berndorfer-Modell der Kinderbetreuung sorgt immer wieder für Schlagzeilen. Unlängst hat es auch die Flachgauer Gemeinde Neumarkt am Wallersee ähnlich umgesetzt. Der Erfinder, Bgm. Josef Guggenberger, bringt eine weitere Variante auf den Tisch, in dem eine Splittung der Arbeitszeit der Eltern vorgesehen wäre.
Die Ausgangslage: Bis zum Jahr 2013 hatte die Gemeinde Berndorf keine eigene Einrichtung zur Betreuung der 0 bis 3-Jährigen. „Es war kein Bedarf da, die wenigen Kinder wurden deshalb nach Seeham und Mattsee aufgeteilt“, sagt Bürgermeister Josef Guggenberger. Erst ab einer Anzahl von acht Kindern kann eine Krabbelgruppe eingerichtet werden. Damals musste die Gemeinde für jedes Kind, welches 31 bis 40 Stunden betreut wurde, 315 Euro im Monat dazu zahlen. Weitere 512 Euro kamen vom Land auf Basis des Kinderbetreuungsgesetztes. Gesamt kamen also 827 Euro monatlich aus öffentlicher Hand. Mit den Nebenkosten des Raumes stiegen diese schnell auf 1200 Euro, wobei 200 von den Eltern zu entrichten waren. „Es wurden so an die 1000 Euro ausgegeben, dass Eltern sich die externe Betreuung leisten konnten. Und jene, die ihre Unter-Dreijährigen zu Hause behielten, bekamen nichts aus der öffentlichen Hand“, erklärt Guggenberger. Modell ist seit dem
Somit entstand die Idee, Eltern, die ihre Kleinsten nicht in die Krabbelgruppe geben wollten, zu entlohnen. Am 1. Jänner 2013 startete die Gemeinde schließlich mit ihrem eigenen Modell. Neben dem bundesweiten Kinderbetreuungsgeld sollten Familien, bei denen die Kleinsten zu Hause blieben, eine Unterstützung bis zur Höhe der damaligen Mindestsicherung erhalten. Also 773 Euro. Zwei Varianten gibt es. Die erste: Bleiben die Kinder zwei Jahre zu Hause, erhielten die Eltern damals 624 Euro vom Bund. Die zweite Version: Bei drei Jahren bekamen sie 436 Euro. Als Ausgleich für die in Einrichtung betreuten Kindern erhielten jene Familien, deren Sprösslinge daheim blieben, Geld von der Gemeinde. Zumindest 50 Euro flossen so pro Monat ins Geldbörserl. Der Betrag variierte je nach Variante.
„Ich stelle in keinster Weise in Frage, dass es Krabbelgruppen braucht. Die Nachfrage dafür ist jedoch da“, erklärt der Bürgermeister und fügt hinzu: „Manche Eltern brauchen es und manche wollen es. Das geht mich nichts an, aber fix ist, dass nicht jedes Kind mit einem Lotto-Sechser auf die Welt gekommen ist und daher unser Modell gut ist.“ Nicht jeder kann sich, trotz Arbeit, eine externe Betreuung leisten.
Knapp fünf Jahre nach der Einführung - weitere Gemeinden wie Neumarkt, Bergheim oder Großarl haben ähnliche Konzepte übernommen - lässt Guggenberger mit einer weiterentwickelten Variante aufhorchen: Ähnlich dem deutschen „Elterngeld Plus“ soll eine Splittung der Wochenarbeitszeit der Eltern möglich sein. „Dort funktioniert das sehr gut“, sagt der Ortschef. So würde die Frau beispielsweise 15 Stunden zurück in die Arbeitswelt gehen und der Mann 25 Stunden arbeiten. Damit wären die Frauen nicht so lange vom Beruf weg und die Väter wären besser in die Betreuung der Kleinsten eingebunden. Neben dem gesetzlichen Geld sollen die Erziehungsberechtigten die bestehende Zahlung bis zur Höhe der Mindestsicherung bekommen und zusätzlich 140 Euro für das Aufteilen der Arbeitszeit.
In Erwägung wird auch die verpflichtende Absolvierung eines Sprachkurses sowie Elternbildungsmaßnahmen gezogen. Guggenberger: „Das wäre wichtig für die Integration.“ Seinen Vorschlag hat er auch schon an das Bundesministerium und an das Land geschickt. Die Rückmeldungen waren jedoch, dass für die kommenden Jahre der Ausbau der Betreuungsstätten Vorrang hat. Und genau da liegt für den Bürgermeister das grundsätzliche Problem.
Im Jahr 2000 wurde von der EU in Barcelona das Ziel ausgegeben, dass es bis 2020 für 33 Prozent der 0 bis 3-Jährigen Betreuungsplätze geben soll. Derzeit liegt man in Salzburg bei 19 Prozent. „Hier wurde ein noch nicht erschlossener Sektor für das Wirtschaftswachstum gefunden. Es wird gebaut, Arbeitsplätze entstehen, beide Elternteile gehen arbeiten und können mehr Geld ausgeben, was wiederum gut für die Wirtschaft ist“, sagt der Bürgermeister. Die Errichtung der Krabbelgruppe im Ort kostete alleine über 400.000 Euro. „Wir opfern damit die Familie am Altar des Wirtschaftswachstum!“
Auch die Ungerechtigkeit in der Verteilung der Gelder ist dem Chef der 1700-Einwohner-Gemeinde ein Dorn im Auge: „Besserverdiener nehmen in der Regel die kürzere, einkommensabhängige Betreuungsvariante und erhalten dafür mehr Geld als die anderen für den gesamten Zeitraum.“ Immer wieder gibt es bei dem Berndorfer Modell kritisch das Wort „Pensionsfalle“ zu hören. Nicht haltbar für Guggenberger: „Seit 2005 wird die Kinderziehungszeit zur Pension angerechnet und wirkt sich erhöhend aus.“
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