In Niederösterreich wird derzeit intensiv über eine Einschränkung des Schächtens diskutiert. Die rituelle Schlachtung, die aus dem Judentum stammt und später auch vom Islam übernommen wurde, stellt für beide Religionen einen wichtigen Teil der Religionsausübung dar, steht jedoch vielerorts im Widerspruch zu geltenden Tierschutzrechten. Nicht wenige Länder Europas haben daher das rituelle Schlachten, bei der das Tier ohne vorhergehende Betäubung durch Durchschneiden der Halsschlagader ausblutet, verboten.
Als eines der ersten Länder Europas verbot 1893 die Schweiz in einem vom Tierschützern lancierten Volksentscheid das Schächten. Das Schlachten von Tieren ohne vorherige Betäubung vor dem Blutentzug ist dort seitdem untersagt - mit einer Ausnahme: Das rituelle Schlachten von Geflügel ist weiterhin erlaubt.
Auch in Deutschland ist das Schlachten von Wirbeltieren ohne vorherige Betäubung untersagt, Schächten damit also grundsätzlich verboten. Aus religiösen Gründen darf es allerdings in begrenztem Umfang gestattet werden. Die Schächtung muss allerdings in einem registrierten Schlachtbetrieb unter Aufsicht eines Veterinärs von einer sachkundigen Person durchgeführt werden.
Das gilt auch für Bayern, das bereits 1930 ein „Gesetz über das Schlachten von Tieren“ verabschiedet hatte, welches das Schächten ohne vorherige Betäubung untersagte. So entschied der dortige Verwaltungsgerichtshof 2011, dass das Schächten für das muslimische Opferfest erlaubt ist. Die Richter beriefen sich in ihrem Urteil auf das Grundrecht der Religionsfreiheit und gaben damit einem muslimischen Metzger recht, der Klage eingereicht hatte.
Niederlande verlangen wissenschaftlichen Nachweis
In den Niederlanden ist das Schächten seit August 2016 verboten bzw. darf nur noch mit Ausnahmegenehmigung durchgeführt werden. Diese verlangt von Antragsstellern einen Nachweis darüber, dass den Tieren durch den Halsschnitt im Vergleich zur herkömmlichen Schlachtung mit Betäubung kein zusätzliches Leid zugefügt wird. Inwiefern sich dieser Nachweis erbringen lässt, ist allerdings strittig.
Tierrecht in Dänemark „vor der Religion“
Schächtverbote gibt es darüber hinaus in Polen, Liechtenstein, Island, Norwegen, Schweden und Dänemark. Dessen Landwirtschaftsminister Dan Jorgensen hatte anlässlich des Inkrafttretens der Vorschrift im Jahr 2014 betont, dass „Tierrechte vor der Religion kommen“ und sowohl die halal-gemäße als auch die koschere Form des Schächtens als unethisch bezeichnet.
Situation in Österreich
In Österreich ist Schächten derzeit laut dem Tierschutzgesetz des Bundes, das von den Ländern vollzogen wird, erlaubt - allerdings unter bestimmten Auflagen. So muss etwa - ähnlich Deutschland - ein Tierarzt anwesend sein und das Tier sofort nach dem Schnitt betäubt werden. Zudem dürfen die Schlachtungen nur in von der Behörde dafür zugelassenen Schlachtanlagen erfolgen. Prinzipiell ist das Schlachten von Tieren ohne Betäubung aber verboten, nur bei „zwingenden religiösen Geboten oder Verboten einer gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaft“ ist es zulässig.
Ein strafrechtliches Verbot der rituellen Schlachtung wäre nach Auffassung von Richard Potz, Professor am Institut für Rechtsphilosophie, Religions- und Kulturrecht der Universität Wien, verfassungswidrig. Auch der Oberste Gerichtshof und der Verfassungsgerichtshof haben in der Vergangenheit bereits die Meinung vertreten, dass „dem Tierschutz gegenüber dem Recht auf Freiheit der Religionsausübung kein durchschlagendes Gewicht zukomme“.
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