Ausgesprochen milde hat das Wiener Landesgericht für Strafsachen am Mittwoch einen Unfalllenker behandelt, der am 10. Februar 2018 in Hernals frontal gegen den Pkw einer 51-Jährigen gekracht war. Die Frau erlitt ein komplexes Polytrauma und erlag im Spital ihren schweren Verletzungen. Der Mann war ohne Lenkerberechtigung und mit weit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs gewesen.
Darüber hinaus stand der 44-jährige Pensionist zum Unfallzeitpunkt nachweislich unter dem Einfluss von Drogenersatzpräparaten. Der Mann befindet sich seit 2001 in Substitutionstherapie. Seinen Angaben zufolge wollte er mit seinem Jaguar X-Type, auf dem trotz winterlicher Fahrverhältnisse noch Sommerreifen aufgezogen waren, einen Bekannten besuchen, als er auf der Neuwaldegger Straße in einer Kurve die Herrschaft über seinen Wagen verlor. „Ich war der Annahme, dass Winterreifen drauf sind. Aber ich bin kein Automechaniker“, erklärte der Mann dem Gericht. Ins Schleudern sei er vermutlich deshalb geraten, weil er mit der Freisprecheinrichtung beschäftigt war: „Es hat dauernd wer angerufen.“
Kausal für den Unfall war dem Gutachten eines verkehrstechnischen Sachverständigen zufolge vor allem die vom Angeklagten gewählte Geschwindigkeit. 50 Stundenkilometer wären erlaubt gewesen, der Tachometer des Jaguars zeigte zwischen 93 und 118 km/h an, wie der Experte in Nachhinein errechnete.
Nur Tage vor tödlichem Unfall weiteren Crash verursacht
Den Jaguar hatte der 44-Jährige am 28. Dezember 2017 gebraucht gekauft, nachdem er am selben Tag mit seinem vorigen Fahrzeug an einer Kreuzung trotz Rotlichts abgebogen war und dabei einen anderen Pkw gerammt hatte. Seine Beifahrer hätten ihn abgelenkt, „dass ich die Ampeln verwechselt habe - und dann war das Ganze schon zu spät“, erklärte der Angeklagte zu diesem Unfall, bei dem zum Glück niemand schwer verletzt wurde. Die beteiligten Fahrzeuge wurden jedoch stark beschädigt. Dessen ungeachtet beging der 44-Jährige noch Fahrerflucht. „Aus Angst vor der Polizei, weil ich keinen Führerschein habe“, wie er dem Gericht freimütig offenbarte. Weil er die Nummerntafel verlor, konnte er ausgeforscht werden.
Im jüngeren Fall wurde der Angeklagte bei einem Strafrahmen von bis zu drei Jahren nun wegen grob fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung zu 15 Monaten teilbedingt verurteilt. Vier Monate wurden unbedingt ausgesprochen, elf bekam der junge Pensionist auf Bewährung nachgesehen. Er nahm die Strafe nach längerer Rücksprache mit seinem Rechtsbeistand an, der Staatsanwalt gab vorerst keine Erklärung ab. Das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.
Schwere Eigenverletzung als Milderungsgrund
Bei der Strafbemessung wurde berücksichtigt, dass sich der Mann bei dem Unfall mit der Toten selbst schwer verletzt hatte. Er brach sich sechs Rippen und biss sich die Zunge ab, außerdem stellten die Ärzte ein Blutgerinnsel im Kopf fest, das auf den Crash zurückzuführen war. Erschwerend war eine Vorstrafe. Der Besitz eines gefälschten polnischen Führerscheins hatte dem 44-Jährigen eine mehrmonatige Bewährungsstrafe eingebracht. Dem staatsanwaltschaftlichen Antrag, diese bedingt ausgesetzte Strafe zu widerrufen, gab das Gericht nicht Folge.
Der 44-Jährige besitzt seit 1994 keinen Führerschein mehr. Die Umstände, weshalb er seinerzeit seiner Lenkerberechtigung verlustig ging, wurden in der Verhandlung nicht erörtert. Seit dem von ihm verschuldeten Unfall, der ein Menschenleben gekostet hat, war er offenbar mit einem Motorrad unterwegs. Am 19. Juni wurde er von einer Polizeikontrolle angehalten. Die Beamten stellten fest, dass der 44-Jährige nicht fahrtüchtig war. „Das sagen die immer“, meinte der Angeklagte, als ihn die Richterin darauf ansprach. Fakt ist, dass die Beamten bei ihm zehn Deka Cannabiskraut sichergestellt hatten.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.