Sojabohnen, Flüssiggas
Ist die EU vor Trump eingeknickt?
Die Erwartungen an das Treffen waren eher gering. Doch dann traten am Mittwoch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus vor die Presse und verkündeten einen Durchbruch im transatlantischen Handelsstreit. Beide Seiten wollen zunächst auf neue Zölle verzichten, solange es Verhandlungen gibt. Die von Trump angedrohten höheren Zölle auf Autoimporte konnte die EU daher abwehren. Das wird in Europa als großer Erfolg Junckers gefeiert. Der US-Präsident wiederum sieht sich als Sieger, schließlich ging seine Strategie auf, Handelspartner mit wachsendem Druck zu Zugeständnissen zu zwingen. Und die haben es in sich: Die EU kauft mehr Sojabohnen und Flüssiggas aus den USA. Wirklich substanzielle Gegenleistungen der USA sucht man in dem „Deal“ vergeblich.
„Die Europäische Union wird fast sofort damit anfangen, viele Sojabohnen zu kaufen“, frohlockte Trump bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem Verhandlungspartner im Rosengarten des Weißen Hauses - und zwar vor allem von Landwirten im Mittleren Westen der USA, die wichtige Unterstützer Trumps sind.
Wie die EU das genau machen möchte, ist unklar. Klar ist aber, dass Trump wegen der vor allem als Futtermittel genutzten Sojabohnen unter wachsendem Druck steht: Nicht nur mit der EU hat Trump einen Handelsstreit vom Zaun gebrochen, sondern auch mit wichtigen Ländern wie China, dem weltweit größten Importeur von Sojabohnen. „Sojabohnen sind eine große Sache“, sagte Trump am Mittwoch. „Ich danke Dir dafür, Jean-Claude.“ Wofür? Dafür, dass die EU nun China als Abnehmer ersetzen wird.
„Strategische Kooperation“ in Energiefragen
Ein weiteres Entgegenkommen der EU: Es soll mehr Flüssiggas aus den USA importiert werden. Damit will Trump in Konkurrenz zu der von ihm heftig kritisierten Gaspipeline Nord Stream 2 treten, die Deutschland gemeinsam mit Russland vorantreibt. Die vereinbarte „strategische Kooperation“ in der Energieversorgung ist also ebenfalls eine relativ einseitige Sache. Es könnte zudem zu einem geopolitischen Erfolg der USA im Kampf um Einflusssphären werden.
Die USA haben die Produktion von Schiefergas in den vergangenen Jahren massiv hochgefahren, finden dafür aber in Europa bisher nur schwachen Absatz. Das liegt unter anderem daran, dass es in Europa wenige Terminals zur Abnahme von Flüssiggas gibt - nur in dieser Form aber lässt sich das Schiefergas über den Atlantik transportieren. Juncker kündigte daher an, dass mehr Flüssiggasterminals in der EU errichtet werden sollen. Nun werde die Union „ein wichtiger Käufer von Flüssiggas aus Amerika“, freute sich Trump.
An welches Niveau werden Standards angepasst?
Als weitere mögliche Maßnahme zur Verbesserung der Handelsbeziehungen wird eine Anpassung der „Standards“ angestrebt. Was darunter genau zu verstehen ist, führt der Trump-Juncker-Plan zwar nicht aus. Doch schon in den TTIP-Verhandlungen spielte die Anpassung etwa von Schutzvorschriften, Grenzwerten oder technischen Normen eine zentrale Rolle - es handelt sich um ein äußerst komplexes Unterfangen. Europäische Konsumentenschützer haben während der TTIP-Verhandlungen gerade diese Angleichung heftig kritisiert, gibt es doch in der EU zum Teil höhere Standards als in den USA.
Welthandelsorganisation soll reformiert werden
Hat es Trump auch geschafft, die EU als Verbündete im US-Streit mit China für sich zu gewinnen? Die EU und die USA wollen künftig verstärkt gemeinsam „unfaire globale Handelspraktiken“ bekämpfen - dieses Vorhaben richtet sich offensichtlich vor allem gegen China. Als Beispiele für solche Praktiken genannt werden Diebstahl geistigen Eigentums, erzwungener Technologietransfer bei Investitionen, Wettbewerbsverzerrungen durch staatseigene Unternehmen und die Überproduktion bestimmter Güter. Gemeinsam wollen sich die EU und die USA auch für die Reform der Welthandelsorganisation (WTO) einsetzen. Trump beschuldigt die WTO, China gegenüber seinem Land eklatant zu bevorzugen.
Das Statement von Trump und Juncker in voller Länge sehen Sie hier im Video:
Der deutsche Wirtschaftsverband DIHK äußerte sich am Mittwochabend zurückhaltend. „Die in Aussicht gestellten Lösungen gehen in die richtige Richtung, aber eine gehörige Portion Skepsis bleibt“, erklärte Verbandschef Eric Schweitzer. Die Autozölle seien nicht endgültig vom Tisch. Ähnlich äußerte sich der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff. Es müsse sich noch zeigen, ob die Vereinbarungen hielten. Trump „hat sich in der Vergangenheit zu häufig als unberechenbar erwiesen“, sagte er. Dieter Kempf, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) meinte: „Die Zollspirale im transatlantischen Handel scheint vorerst gestoppt zu sein. Jetzt müssen den Worten aber auch Taten folgen.“
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