Mit dem Führungswechsel bei der Gewerkschaft und mit der Kampagne gegen den 12-Stunden-Tag ist es auch zu einer deutlichen Verschiebung der Kräfteverhältnisse in der SPÖ gekommen. Nach der Drohung des Baugewerkschafters Josef Muchitsch, der Regierung einen „heißen Herbst“ zu bereiten, wurde klar, dass der ÖGB jetzt in der ehemaligen Kanzlerpartei den Ton angibt. Ein Signal der Gewerkschafter für einen neuen Führungsanspruch.
Nach der Angelobung der türkis-blauen Regierung unter Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Dezember war die SPÖ monatelang auf der Suche nach einer geeigneten Kampfzone für die Opposition. Ihr Thema bekamen die Sozialdemokraten im Juni von der Koalition geliefert. Zu ihrem Vorteil verwertet hatten es dann mit entsprechend viel beachteten Auftritten im Parlament, einer gut organisierten Kampagne und einer Großdemonstration der neue ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian und der steirische Baugewerkschafter Josef Muchitsch.
Aufmerksamen Beobachtern war auch nicht entgangen, dass Muchitsch am Mittwoch erneut die Möglichkeit eines Volksbegehrens gegen den 12-Stunden-Tag aufgebracht hat. Allerdings sollte dieses Referendum nach Muchitsch‘ Meinung nicht von der SPÖ, sondern überparteilich getragen werden. Das wurde in der Sozialdemokratie und in Regierungskreisen als Hinweis auf die schwächelnde Kampagnenfähigkeit der aktuellen SPÖ-Führung bewertet.
Machtkampf in der steirischen SPÖ
Ein Hintergrund der Vorgänge: In der steirischen SPÖ läuft ein harter Machtkampf. Josef Muchitsch steht dabei als Nachfolger des derzeitigen SPÖ-Chefs in der Steiermark, Michael Schickhofer, hoch im Kurs. Schickhofer gilt als Vertrauter von Ex-Bundeskanzler Christian Kern. Allerdings gilt Kern seit der Wahlniederlage als angeschlagen. In vertrauten Runden wird bereits darüber diskutiert, wer als Alternative für die Führung der SPÖ infrage kommen könnte. Bis zu seinem Scheitern als Kandidat für den Posten des Wiener Bürgermeisters wurde für die Kern-Nachfolge öfter der Name von Andreas Schieder genannt.
Bures, Kaiser oder Hans Peter Doskozil?
Ebenfalls im Gespräch sind die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures und Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser. Bures und Kaiser gelten jedoch auch als SPÖ-Bundespräsidentschaftskandidaten für die Wahlen im Jahr 2022. Favorisiert wird für den SPÖ-Chefposten Hans Peter Doskozil. Vorerst tritt der Ex-Verteidigungsminister aber im nächsten Jahr die Nachfolge von Hans Niessl als burgenländischer Landeshauptmann an.
Claus Pándi, Kronen Zeitung
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