Die imposante letzte Ruhestätte befindet sich am Wiener Zentralfriedhof. Sie wurde vom Künstler selbst gestaltet. Auf dem Grab thront unter anderem ein massiver bronzener Frauentorso, der sich mit dem Tod vereinigt. Falls dies im Nachlass nicht anders geregelt bzw. ausgeschlossen wurde, würde die Stadt Pflege und Betreuung des Grabes übernehmen, hieß es. Einen Termin für das Begräbnis gibt es noch nicht.
Wichtiger zeitgenössischer Bildhauer
Alfred Hrdlicka war einer der wichtigsten zeitgenössischen Bildhauer Österreichs. Immer wieder hat er sich in seinen Skulpturen, Zeichnungen und Grafiken mit Themen wie Krieg, Gewalt und Faschismus auseinandergesetzt und sich als streitbarer Realist und Kommunist in politischen Debatten zu Wort gemeldet.
Er galt als sensibler Berserker, bezeichnete sich selbst als "Fossil", "Steinzeitmensch" und "Untergrundmensch" und unterzeichnete Briefe gerne mit "Ultrastalinist". Auch wenn sein Name aus dem Tschechischen übersetzt "Turteltaube" heißen soll, hat sich der Bildhauer, Zeichner, Grafiker und Maler nie als zahm und sanft erwiesen, weder in seinen Themen und in der Wahl seiner Materialien noch in seinen Polemiken.
"Zu Tode geschunden"
Hrdlicka selbst hatte schon einige Zeit unter seinem gesundheitlich "bedenklichen Zustand", wie er es selbst nannte, gelitten. Bereits seit einigen Jahren konnte er nicht mehr eigenhändig an Skulpturen arbeiten, er habe sich "zu Tode geschunden", wie er anlässlich seines 80. Geburtstags im Vorjahr erklärt hatte. Dennoch plante der kontroversielle Bildhauer neue Projekte, etwa ein neues Werk auf dem Albertinaplatz.
Dieser Platz in der Wiener Innenstadt ist wohl untrennbar mit dem Namen Hrdlicka verbunden, seit dieser dort sein umstrittenes Denkmal gegen Krieg und Faschismus verwirklicht hat (1988/91). Die Aufstellung seiner Skulpturen im öffentlichen Raum war allerdings meist von heißen Diskussionen begleitetet: 1963 erregten sich die Gemüter in Salzburg, nachdem sein "Orpheus" für das Kleine Festspielhaus angekauft worden war. 1967 versammelte sich eine "Liga gegen entartete Kunst" zum Protest gegen das in Wien enthüllte "Renner-Denkmal" Hrdlickas. 1970 entstand für ein Evangelisches Gemeindezentrum in Westberlin der "Plötzenseer Totentanz". In Hamburg sorgte sein monumentales "Gegendenkmal" zum Krieger-Ehrenmal für heiße Diskussionen.
Umstrittene Ausstellung im Jahr 2008
Wie sehr der Künstler polarisierte, zeigte erst im Vorjahr wieder die Hrdlicka-Ausstellung "Religion, Fleisch und Macht - das Religiöse im Werk von Alfred Hrdlicka" im Wiener Dommuseum, das sich für die Schau Anfeindungen aus aller Welt gefallen lassen musste. Und Kardinal Christoph Schönborn bezeichnete Hrdlicka zwar als einen der bedeutendsten lebenden Künstler Österreichs, ließ aber dessen Version des "Letzten Abendmahls" prompt abhängen.
1928 in Wien geboren
Alfred Hrdlicka wurde am 27. Februar 1928 in Wien geboren. Nach Absolvierung einer Zahntechnikerlehre begann er an der Akademie der bildenden Künste zunächst Malerei bei Albert Paris Gütersloh und Josef Dobrowsky zu studieren, ehe er mit Diplom als akademischer Maler in die Bildhauerklasse von Fritz Wotruba eintrat, um 1957 auch als Bildhauer akademische Ehren zu erwerben. Seiner ersten Skulpturenschau 1960 (gemeinsam mit Fritz Martinz) in der mittlerweile abgerissenen Zedlitzhalle in Wien folgten Ausstellungen im Wiener Künstlerhaus und in der Galerie Welz in Salzburg. 1964 war er Vertreter Österreichs bei der Biennale in Venedig. Professuren führten ihn an die Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, die Hochschule für bildende Künste Hamburg, die Hochschule der Künste Berlin und schließlich 1989 an die Universität für angewandte Kunst Wien.
Als Bühnenbildner arbeitete er u.a. in Bonn ("Faust I und II", 1982) und Stuttgart ("Intolleranza", 1992). Im Jahr 2001 stattete er Christine Mielitz' Inszenierung des "Ring des Nibelungen" in Meiningen aus. Weiters zeichnete er für die Ausstattung der Salzburger Festspielproduktion von Zemlinskys "Der König Kandaules" derselben Regisseurin verantwortlich. 2006 wurde in Bonn eine von Hrdlicka gestaltete Plastik des Komponisten Robert Schumann enthüllt, im Mai dieses Jahres wurde eine von Hrdlicka geschaffene Skulptur der 1998 seliggesprochenen Ordensfrau Schwester Restituta Kafka in der Barbarakapelle im Wiener Stephansdom aufgestellt. Ehrungen nahm Hrdlicka prinzipiell nicht an.
Bundespräsident Fischer: "Große Künstlerpersönlichkeit"
In einer ersten Reaktion würdigte Bundespräsident Heinz Fischer das Werk des Bildhauers. Durch dessen Tod verliere Österreich "eine große Künstlerpersönlichkeit und einen herausragenden Bildhauer. Sein Werk, das auch international höchste Beachtung erlangte, war immer künstlerisch und politisch geprägt und von gesellschaftlichen Idealen erfüllt", heißt es in einer übermittelten Stellungnahme von der Präsidentschaftskanzlei. Bereits als Kind habe Hrdlicka die Schrecken des Faschismus erlebt, "was zur Folge hatte, dass er sich Zeit seines Lebens gegen Faschismus und Antisemitismus engagierte". Als Lehrer an der Hochschule für angewandte Kunst habe er zahlreichen jungen Künstlerinnen und Künstlern die Faszination der Bildhauerei vermittelt und auch damit einen wichtigen Beitrag zum zeitgenössischen Kunstschaffen geleistet, betonte der Bundespräsident. In Wien sei mit Hrdlickas Mahnmal auf dem Albertinaplatz ein bleibender Gedenkort gegen Krieg und Gewalt geschaffen worden.
SPÖ-Granden würdigen Werk Hrdlickas
Bundeskanzler Wener Faymann würdigte Hrdlicka als "heftigen Mahner gegen Unrecht und die Unterdrückung der Menschen", der "sehr oft auch in drastischer Art und Weise" dagegen vehement in seinen Werken gekämpft habe. "Sein Eintreten gegen Leid, Angst und Bedrohung und für die sozialen und politischen Rechte der Menschen ist ebenso mit seinem Schaffen verbunden wie sein Kampf gegen Krieg, Gewalt und Faschismus mit künstlerischen Mitteln". Österreich verliere mit Alfred Hrdlicka nicht nur eine herausragende Persönlichkeit der Kunst sondern auch "einen Streiter, eine laute Stimme für eine bessere Welt". Bildungs- und Kulturministerin Claudia Schmied sprach von einem "Titan der internationalen Kunst". Wiens Bürgermeister Häupl zeigte sich "tief betroffen". Hrdlicka sei "einer der herausragendsten Künstler Österreichs" gewesen und "zählte über die Landesgrenzen hinaus zu den bedeutendsten Realisten der Bildhauer-Kunst der Gegenwart".
Für den Grünen Kultursprecher Wolfgang Zinggl ist mit dem Künstler "der wahrscheinlich wichtigste Repräsentant einer Kultur gestorben, für die Malerei und Bildhauerei Mittel sind, um politische Inhalte zu formulieren". Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) bezeichnete Hrdlicka als einen der wichtigsten zeitgenössischen Künstler Österreichs: "Wir verlieren mit Hrdlicka einen bedeutenden Künstler, der mit seinen Werken durch eine starke Bildsprache zu einem Warner vor Gewalt wurde." Sogar die FPÖ, die Hrdlicka immer kritisch und ablehnend gegenüber stand, würdigte den Verstorbenen. "Sein Werk, das sowohl massive Kritik als auch Bewunderung auslöste, wird weiterhin von der Vitalität seines Schaffens zeugen", erklärte die freiheitliche Kultursprecherin Heidemarie Unterreiner.
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